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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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gebracht. Natasja wollte bei Notovich bleiben, aber er wollte lieber, daß sie sich ihren Platz im Saal suchte. Er mußte sich konzentrieren.
 
    Es war wie ein Traum. Die Stimme eines Moderators, die auf die große Einleitung hinarbeitete. Die enormen schwarzen Vorhänge, die sich zur Seite schoben. Und dann der gigantische Saal. Blaues Licht wogte über die hohe Decke. Die Geräusche verzerrten sich im Raum zu einer Kakophonie von Echos. Die schwarze Menschenmenge, anonym zusammengepfercht auf endlosen Reihen enger Schalensitze.
    Und das Wasser, überall Wasser.
    Worauf hatte er sich nur eingelassen? Vor ihm erstreckte sich das riesige blaue Bassin, von großen Lampen auf dem Boden des Beckens beleuchtet. Die zwei dunklen Flecke inmitten dieser hellblauen See konnte er zunächst nicht identifizieren. Als er genauer hinschaute, sah er, daß zwei Plattformen auf dem Wasser schwammen, auf denen die Flügel standen. Sie waren mit Ketten und einer Laufplanke am Rand befestigt. Er erinnerte sich vage, daß er mit Bröll über ein großes Schwimmbad gesprochen hatte, aber nicht darüber, daß es auch gefüllt sein würde.
    An der Decke hingen zahllose Stoffbahnen, und die Wände waren mit Kunststoffpaneelen verkleidet für die Akustik. Aber das hin- und herwogende Licht, die Wellen und die Echos verformten sich zu einem prasselnden Applaus. Es klang so schrill, daß Notovich Angst hatte, ihm würden die Trommelfelle platzen. Er stand oberhalb einer schmalen roten Treppe in einem Meer von Dunkelheit. Aus der Ferne kam ein dünner Lichtstrahl, der ihn blendete. Er bekam einen Stoß in den Rücken und sollte offenbar diese Treppe hinuntergehen. Warum hatte er sich hierauf nur eingelassen? Das hatte er doch nicht nötig?
    Er holte tief Luft.
    Doch, er hatte es nötig. Er tat es, um reinen Tisch zu machen, um die Vergangenheit mit einem Schlag auszulöschen. Heute abend würden sie sehen, was er konnte, daß er nicht verrückt war. Valdin bluffte mit seiner Phantasiegeschichte. Womöglich gab es überhaupt keine Teufelssonate .
    In der Ferne sah er einen zartgelben Lichtkreis und darin Valdin oben an der anderen Treppe. Der lief selbstsicher hinunter und winkte dem Publikum zu. Notovich brauchte ihm nicht nachzustehen. Mitten auf der Treppe spürte er, daß er das hier genießen könnte. Daß es ihm gleichgültig war, was passieren würde. Daß niemand ihn aufhalten konnte.
    Er reckte die Faust und lachte auch.
    Das Publikum jubelte.
    Irgendwo aus der Dunkelheit ertönte die Stimme des Moderators.
    An immer anderen Stellen leuchteten kleine rote Lämpchen auf. Kameras , dachte er noch. Sollen sie nur filmen, sollen sie das nur festhalten . Er war bereit.
    Der Flügel schaukelte sacht hin und her. Als Notovich die Plattform betrat, sank sie ein Stück ins Wasser ein. Er machte einen Sprung, um die Stabilität zu testen. Dann lief er scheinbar seekrank zum Flügel, wie Charlie Chaplin in Der Einwanderer .
    Das Publikum fand es großartig.
    Zwei riesige Kameras schwebten auf Kränen durch die Luft, eine andere surrte auf einer Schiene um das Schwimmbecken herum. Noch mehr Einleitung. Notovich schnappte etwas über Liszt und Thalberg auf. Beethoven und Mozart wurden auch herangezogen. Er konnte es nicht erwarten, bis er an der Reihe war. An der Seite des Beckens befand sich noch eine Plattform mit Sitzplätzen für bedeutende Gäste. Er glaubte, jemanden vom Königshaus zu erkennen und eine bekannte Schwimmerin (die hatte hier bestimmt Wettkämpfe bestritten). In der Mitte saß Natasja und ein Stück weiter … Vivien.
    Sie hatte seit dem widerlichen Kuß mit Valdin nicht mehr gewagt, ihn anzublicken. Es war dasselbe Gefühl wie damals, als er Senna auf offener Straße an Valdins Arm gesehen hatte. Zuerst hatte die Wut von seinem Leib Besitz ergriffen – tagelang, nächtelang. Daß sie ihn unbedingt betrügen mußte, mochte ja noch angehen. Aber mit Valdin? Dachte sie wirklich, daß dieser Mann so ein großer Künstler war? Es war eine Beleidigung, die denkbar schlimmste Demütigung. Warum hatte sie ihm das angetan?
    Dann wurde ihm alles klar.
    Natürlich hatte Senna Valdin nicht geliebt. Auf einmal hatte er verstanden, was sie mit ihrem Blick hatte sagen wollen: Kapier es doch, Mischa! Valdin interessiert mich nicht. Ich tue das für uns. Denn unsere Liebe muß unglücklich sein. Du mußt unseren Schmerz in Musik umsetzen. Und so werde ich in deiner Kunst ewig weiterleben.
    Er durfte nicht an sie denken. Nicht jetzt.
 
    Im

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