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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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heute. Du weißt schon. Drei deprimierende Patienten nacheinander. Da kriegt man fast selbst schon Suizidgedanken. Und wenn sie Recht haben? Wenn das Leben wirklich sinnlos ist? Wenn sie tatsächlich den Code geknackt haben, die Wahrheit sehen – im Gegensatz zu allen anderen?«
    Aina grinst und holt einen Labello aus der Schreibtischschublade, bearbeitet ihre vollen Lippen mit dem Stift. Ich selbst schaue auf meinen zerknitterten Leinenrock, zögere.
    »Du …«
    »Mhm. Was?«
    Aina streicht sich immer noch Pomade auf die Lippen.
    »Sven.«
    »Was ist mit Sven?«
    »Was hältst du von Sven?«

    Es wird still im Raum, Aina nickt langsam und schaut mit verträumtem Blick aus dem Fenster.
    »Was ich von Sven halte«, wiederholt sie langsam.
    Sie betont jedes Wort und sieht mich dann mit ihren klaren blauen Augen an.
    »Ich glaube nicht, dass er dahintersteckt. Ich glaube, Birgitta ist einfach nur stinksauer auf ihn. Weil er hinter dir her war. Und hinter anderen. Das ist ihre Rache, ganz einfach. Sie gibt ihm eben kein Alibi.«
    »Dann glaubst du nicht, dass er… ähh… gekränkt ist, weil ich ihn abgewiesen habe?«
    Ich versuche locker zu klingen, kann aber selbst hören, wie spröde, wie metallisch meine Stimme klingt. Und ich weiß, dass sie bei der geringsten Belastung brechen würde.
    »Ach was. Gekränkt, nein. Ich glaube eher, dass er Blut geleckt hat, als du ihn weggestoßen hast. Sven ist nun mal …«
    Aina verstummt und scheint über etwas nachzudenken. Sie hält immer noch den Labello in der rechten Hand, trommelt leicht mit ihm auf die Schreibtischplatte.
    »Weißt du, Sven ist doch gerade scharf, weil du nicht interessiert bist. Kapierst du? Wenn man einmal darauf eingegangen ist, hat er kein Interesse mehr.«
    Es braucht einen Moment, bis ich verstehe, was hinter Ainas Worten steckt. Ich sehe sie an, wie sie da hinter ihrem weißen Schreibtisch sitzt.
    Und ich sehe, dass sie weiß, dass ich verstanden habe.
    Die Röte steigt wie Gezeitenwasser ihren Hals hinauf. Sie schaut zu Boden.
    »Shit, Siri. Es war nur einmal. Es ist einfach so passiert, weißt du.«
    Ainas Stimme versiegt.
    In mir wächst die Verzweiflung. Aina und Sven. Sven und
Aina. Meine beste Freundin und mein Kollege. Meine beste Freundin und Saras Mörder?
    »Verdammt noch mal, Aina.«
    Ich will nicht schreien, aber die Worte platzen einfach aus mir heraus, lassen sich nicht aufhalten.
    »Ach, spiel doch nicht die Unschuld, Siri. Es hatte doch gar nichts zu bedeuten. Und es ändert doch auch nichts, oder?«
    Aina sieht mir direkt in die Augen. Ihre Stimme ist hart. In ihrem Blick ist kein Schuldbekenntnis zu finden, keine Scham, und sie weicht nicht für eine Sekunde meinem Blick aus, als sie aufsteht. Wirft die Lippenpomade auf den Schreibtisch. Dann schlendert sie nonchalant – und ohne jede Eile – aus dem Zimmer.

     
    Datum: 20. Dezember
Uhrzeit: 16.00
Ort: grünes Zimmer, Praxis
Patient: Charlotte Mimer – Abschlussgespräch
     
    Es ist Zeit für Charlottes Abschlussgespräch, etwas, das ich versuche, immer durchzuführen, ganz gleich, wie die Therapie gelaufen ist. Es ist wichtig, für mich und für sie.
    »Beibehalten?«, fragt sie und sieht zu mir auf.
    »Wir nennen es so, wir Psychologen. Es bezieht sich auf die Methoden, die man nutzen kann, um das gesunde Verhalten, das man während der Therapie gelernt hat, beizubehalten und zu verhindern, dass man in krankhaftes Verhalten oder krankhafte Gedankenbahnen zurückfällt. In Ihrem Fall ist es wichtig, dass Sie weiterhin Ihr Essenstagebuch führen und alle Gefühle registrieren, die im Zusammenhang mit dem Essen auftreten. Achten Sie besonders auf alle Tendenzen zu gefühlsbedingtem Essen: Trostessen, Angstlinderung durch die Verweigerung von Essen oder Erbrechen und so weiter. Sie kennen das ja alles.«
    Charlotte nickt langsam und legt den Kopf ein wenig schräg. Das tut sie immer, wenn sie über etwas nachdenkt. In ihrem Mundwinkel kann ich den Ansatz zu einem Lächeln erkennen. Ich weiß nicht, ob sie findet, ich klinge lustig, oder ob sie sich nur über ihre Fortschritte freut und über die Tatsache, dass die Therapie jetzt abgeschlossen werden kann.

    »Dann … dann bin ich jetzt gesund?«
    »Gesund oder krank… es ist schwer, solche Etiketten zu verteilen. Aber wir sind uns wohl darüber einig, dass Ihr Verhalten und Ihre Gefühle dem Essen gegenüber nicht gesund waren, als wir das erste Mal hier zusammensaßen. Vor allem nicht, wenn man bedenkt, wie sehr Sie

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