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Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid

Titel: Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Camilla;Träff Grebe
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beschäftigt ist, wirkt er ungeduldig und ruhelos, weil er ständig irgendwie in Bewegung ist.
    Wir trinken unser Bier und reden eine Weile nur über belanglose Dinge. Kichern. Benehmen uns wie Teenager. Ich habe ihm schon lange verziehen, dass er Sonja von uns erzählt hat. Er hat mir verziehen, dass ich hoffnungslos pedantisch und anstrengend bin.
    Markus küsst mir die Hände, lässt seine Zunge über meine Knöchel gleiten, während er mich grinsend ansieht. Das erscheint mir so intim, dass es mir peinlich ist, unbewusst ziehe ich die Hand zurück, streiche über meine Bluse, um unsichtbare Krümel zu entfernen.
    »Ich muss mit dir reden.«
    »Dann rede doch«, Markus grinst wieder und schnappt sich erneut meine Hand, zieht sie zu sich heran.
    »Es geht um … es geht um einen Patienten.«
    Ich schaue mich im Lokal um, um zu sehen, ob uns eventuell
jemand betrachtet oder Interesse zeigt für das, worüber wir sprechen. Ich werde meine Schweigepflicht brechen. Es genügt, wenn ich es Markus gegenüber tue, das ganze Pelikan muss nicht zuhören. Am Tisch neben uns sitzt ein Paar in den Fünfzigern. Beide haben eingeschweißte Namensschilder an der Kleidung, und sie diskutieren engagiert in einer Sprache, die wie Niederländisch klingt. Sie scheinen vollkommen desinteressiert an uns zu sein. Auf der anderen Seite von uns sitzt eine grölende Jungenbande, die sich anscheinend über ein Konzert unterhält, in das sie gehen wollen. Auch sie scheinen keinerlei Notiz von uns zu nehmen, diesem Paar, das Händchen hält und sein Bier trinkt.
    »Okay, ich höre zu.«
    Ich habe Markus’ uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Langsam beginne ich von Peter Carlsson zu berichten, von seinen drei Sitzungen bei mir. Von seinen Ängsten und Phantasien über Gewalt, Sex und Tod. Ich sehe Markus’ Miene an, wie sie zwischen Neugier, Verwunderung und etwas, das aussieht wie Misstrauen, hin und her schwankt.
    »Der klingt ja total durchgedreht.«
    »Er muss überhaupt nicht durchgedreht sein.«
    Ohne mir dessen bewusst zu sein, fange ich an, Peter Carlsson zu verteidigen, beschreibe die Mechanismen, die hinter einem Zwangssyndrom stecken. Dass Dinge, die verrückt erscheinen, es oft gar nicht sind. Dass Personen mit Zwangssyndrom im Gegenteil meistens die letzten sind, die jemandem tatsächlich Schaden zufügen.
    »Und warum erzählst du mir das dann?«
    »Wegen des Autos«, antworte ich still. »Er fährt einen Volvo-Crosscountry. Und weil seine Schwester in der Grundschule in meine Klasse gegangen ist.«
    »Seine Schwester?«

    »Petra.« Ich senke den Blick. »Sie war krank. Hatte eine Behinderung am Bein, nach einer Krebsoperation, glaube ich. Wir… wir haben sie geärgert.«
    »Wer – wir?«
    »Die Mädchen in der Klasse. Meine beste Freundin Carolina war die schlimmste, aber ich war auch nicht viel besser.« Ich lege den Kopf in die Hände und versuche die Bilder zu verdrängen, die mich quälen, seit ich die Verbindung zwischen mir, Peter und seiner Schwester herausgefunden habe.
    Markus sitzt schweigend da. Ich weiß, er versucht das, was ich gerade erzählt habe, zu bearbeiten und zu analysieren. Den potentiellen Wert meiner Geschichte abzuschätzen.
    »Macht er dir Angst?«
    Markus’ Frage ist klar und deutlich.
    »Er macht mir eine Wahnsinnsangst.«
    Mein Geständnis verwundert sogar mich selbst. Zum ersten Mal habe ich zugegeben, wie groß meine Angst vor diesem Mann ist.
    »Okay, gib mir seine Personendaten. Ich werde dafür sorgen, dass Sonja ihn überprüft.«
    Ich überreiche Markus einen Zettel mit Namen, Adresse und Personenkennziffer. Wir sitzen schweigend da, sehen einander an. Es ist schwer, die Stimmung wiederzufinden, in der wir uns befanden, bevor wir über Peter Carlsson gesprochen haben. Markus streicht mir zögernd über die Wange. Dann winkt er die Kellnerin zu sich und bestellt noch zwei Bier.
    »Hast du schon mal an Weihnachten gedacht?«, fragt er und wechselt damit abrupt das Thema.
    »Weihnachten?«
    »Ja, Weihnachten. Findet in fünf Tagen statt. Was willst du machen?«
    Ich sehe vor mir, wie ich mit Eltern, Schwestern, Schwägern,
Nichten und Neffen in dem Klinkerhaus von Mama und Papa in Huddinge sitze. Unvorstellbar. Ich will nicht. Ich kann nicht.
    »Ich bleibe zu Hause.«
    Die Antwort kommt schnell, und bevor ich überhaupt darüber nachgedacht habe, dass ich ja momentan gar kein Zuhause habe.
    »Du kannst nicht zu Hause bleiben, Siri.«
    Markus klingt müde und gleichzeitig genervt, trommelt

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