Die Therapeutin - Grebe, C: Therapeutin - Någon sorts frid
wiederholt, um es überhaupt mit sich selbst ertragen zu können. Dass das, was sich eigentlich hinter Peters gepflegter Fassade verbirgt, geheim ist.
»Übrigens«, sagt er plötzlich, mitten in einer lebhaften Beschreibung seiner gewalttätigen Phantasien, »ich habe Charlotte Mimer hier im Flur getroffen. Ich wusste gar nicht, dass sie auch herkommt. Wir haben bei Procter & Gamble zusammengearbeitet.«
Ich halte mitten in einer Bewegung inne und bin plötzlich auf der Hut. Sehe ihn an. Sein Gesichtsausdruck ist eifrig und offen.
»Aber Sie dürfen sicher nichts zu Ihren Patienten sagen?«
»Nein.«
»Dann können Sie mir nicht sagen, ob Charlotte Ihre Patientin ist?«
Er sieht enttäuscht aus.
»Nein.«
Jetzt bin ich wütend auf Peter, aber ich zeige es nicht. Es ist allgemein bekannt, dass Therapeuten der Schweigepflicht unterliegen.
»Peter, ich möchte gern, dass wir zu dem zurückkommen, was wir gerade diskutiert haben. Sie haben erwähnt, dass Sie manchmal Gedanken haben, die mit Würgen zusammenhängen?«
»Aber ich umfasse ja nicht immer den Hals, ich meine, in diesen Bildern «, betont Peter.
Er sagt »den Hals umfassen«, wenn er erwürgen meint. Ich nehme an, so ist es leichter für ihn.
»Es kann auch sein, dass ich sie mit Zigaretten verbrenne. In Gedanken natürlich nur «, wiederholt er, als wollte er betonen, dass es sich hier natürlich nicht um seine wahren Absichten handelt.
»Oder Sie ihre Handgelenke aufschneiden und sie ertränken«, sage ich plötzlich scharf.
»Äh … ja, genau.« Peter ist überrascht, sieht aber erleichtert aus, als hätte er es selbst nicht besser sagen können.
»Es kann im Grunde genommen alles Mögliche sein, was verletzend ist …«
Plötzlich mag ich nichts mehr hören. Ich stehe abrupt von meinem Stuhl auf.
»Bitte entschuldigen Sie mich, Peter, aber für heute reicht es.«
Peter schaut mich überrascht an, aber es gibt da noch etwas in seinem Blick, etwas Ekliges. Er sieht zufrieden aus. Als bedeutete die Tatsache, dass seine Therapeutin die Sitzung abbricht, dass es ihm gelungen ist, sich selbst und ihr zu beweisen, dass er ein Monster ist.
Ich eile zur Tür, aus dem Zimmer hinaus, stoße mit Marianne zusammen, die offenbar direkt davor gestanden hat. Wüsste ich es nicht besser, ich würde glauben, sie hat gelauscht. Ich versuche ihr die Situation zu erklären: Ich bin erschöpft, Peter verhält sich merkwürdig, ob sie mir helfen kann?
»Sie müssen irgendeine Ausrede finden«, sage ich.
»Welche denn?«, fragt sie dumm und legt die Hände auf die runden Hüften.
»Sagen Sie, ich sei schwanger und müsste mich übergeben oder so was. Frauen werden ja immer so empfindlich, wenn sie schwanger sind, nicht wahr?«
Marianne starrt mich erschrocken an, als ich zur Tür eile.
»Und sagen Sie alle Termine für heute Nachmittag ab«, füge ich hinzu, während ich schon die Tür zum Treppenhaus öffne und aus der Praxis verschwinde.
Ich laufe ziemlich planlos die Straßen bei der Katarina-Kirche entlang. Es ist eine Wohltat, an die kühle Luft zu kommen. Die Wolken hängen tief über der Kirchturmspitze, und es scheint fast, als wollte das Wetter meine Gefühle unterstreichen. Ich lasse mich auf einer Bank auf dem Friedhof nieder und schaue über die Grabsteine. Ausnahmsweise habe ich kein schlechtes Gewissen wegen meines Verhaltens. Peter Carlssons schrecklichen Gedanken zuzuhören, erscheint mir nicht richtig. Weder für mich noch für ihn.
Das Bild von Saras totem Gesicht erscheint mir wieder. Sara. Wer hat ihr Leid zufügen wollen? Hat jemand Sara getötet, um mir zu schaden? Der Gedanke erscheint unverhältnismäßig. Ich denke über Markus’ Worte nach, »eine Theorie, der wir nachgehen, eine Theorie unter vielen…«. Welche anderen Theorien hat die Polizei noch?
Ich durchforsche mein Gedächtnis, versuche mich zu erinnern, was Sara mir so erzählt hat. Sara hat eine Drogenvergangenheit. Ich weiß, dass sie während der Zeit, als sie keine Bleibe hatte, Drogen genommen hat. Keine größeren Mengen, keine harten Drogen, zumindest nicht nach dem, was sie mir erzählt hat. Aber trotzdem ist es Tatsache, dass Sara Drogen genommen hat, und das bedeutet, dass sie mit allen möglichen kaputten Gestalten zusammengekommen ist. Vielleicht gibt es jemanden aus ihrer Vergangenheit, der sich wegen einer alten Sache rächen wollte. Vielleicht wegen Schulden? Einer ungeklärten Beziehung? Drogengeld? Die ganze Gedankenkette
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