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Die Tibeterin

Die Tibeterin

Titel: Die Tibeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Schneebrille; er brauchte keine. Beim Reiten war er sehr wortkarg; seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Gelände; nichts entging ihm, seine wachen Sinne nahmen alles auf. Seit vielen Tagen nun lebte ich mit ihm; er hatte mit mir seine Vergangenheit geteilt; es war merkwürdig, wie vertraut er mir geworden war. Und doch blieb er für mich ein Geheimnis. Meine Haut prickelte, wenn ich ihn ansah und über diese Dinge nachdachte. Er trug in sich die Ausstrahlung von Waldluft, von hohen Bergen und kreisrunden Jurten, von funkelnden Seen und warmen, beseelten Steinen. Sein ganzes Wesen stand im Zeichen einer Leidenschaft, die aus dem lebendigen Blut kommt. Und doch begleiteten ihn, wie unsichtbare schwarze Schwingen, die Schatten des Schreckens und des Todes.
    Die Nordflanke des Himalaya senkte sich der tibetischen Hochebene zu. Manchmal erblickten wir in der Weite einige Hirtenzelte, die sich wie Schildkröten unter der blauen Bergdecke duckten. Berittene Schäfer trieben ihre Herden heimwärts. In der klaren Luft sahen wir sie sehr deutlich, obwohl sich die Entfernung zwischen uns in Stunden messen ließ. Einmal, in der Morgenfrühe, als wir weitab einer Straße ritten, zeigte mir Atan in einer Schlucht die verrosteten Blechteile abgestürzter Fahrzeuge.
    »Das war im Frühjahr. Eine Steinlawine. Ein ganzer Straßenabschnitt wurde in die Tiefe gerissen. Über fünfzig Chinesen fanden den Tod.«
    Baumstämme und Felsbrocken lagen quer über den Abhang verteilt. Balken, die den Schotterweg hätten stützen sollen, ragten ins Nichts.
    »Sie holzen die Wälder ab und denken nicht an die Folgen«, sagte Atan. »Fünfzig Milliarden Dollar brachte der Holzschlag den Machthabern in Peking. Wir haben ein Sprichwort: »Mit den Schätzen, die sie aus unseren Klöstern raubten, haben die Chinesen eine goldene Brücke nach Peking gebaut. Mit dem Raub unserer Wälder fügten sie noch eine hölzerne hinzu.««
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    »Aber die Wälder rächen sich«, sagte ich leise.
    Er nickte.
    »Ja, und ihre Rache reicht weit. Der Yangtse, der Mekong, der Brahmaputra und der Indus entspringen in unserem Hochland. Erd-und Geröllmassen verstopfen die Flüsse. Alle Flutkatastrophen im indischen Subkontinent wie auch in China selbst sind auf den Kahlschlag der tibetischen Wälder zurückzuführen.«
    Im Gebirge hängt die Tageslänge von der Höhe der umgebenden Gipfel ab. In der Mittagshitze löschte die Sonne jeden Schatten.
    Doch sobald sie hinter die Berge tauchte, wehte eisiger Wind. Ein Rauschen schien vom Himmel zu wehen, das Herannahen der Nacht zu verkündigen. Sprunghaft zog sich das purpurne Licht von den Bergwänden zurück. Eines Nachts lagerten wir auf einem flachen Geländestreifen dicht unterhalb der Schneefelder. In viertausend Meter Höhe war der Himmel wie schwarzes Kristall, der Mond aus blauem Eis, und jeder Stern hauchte seinen gefrorenen Atem auf die Erde. Und wie jede Nacht lebte ich nur für den Augenblick, da Atan, nachdem er die Pferde versorgt hatte, sich zu mir in den engen Schlafsack zwängte. Sobald meine Arme sich um seinen schlanken Hals legten, spürte ich die Feuchte des Verlangens in meinem Mund, das Feuer der Sehnsucht im Mark meiner Knochen. Ich stöhnte leise unter dem Gewicht seines Körpers, spürte, wie die gleichen Erregungsschauer ihn durchliefen. Seine Hand fuhr langsam über meine Brust, strich an der Taille vorbei, berührte meine Hüften. Er tastete, öffnete meinen Reißverschluß mit einer einzigen, kurzen Bewegung, schob meine Jeans, die Strumpfhose und den Slip halb über die Schenkel. Seine Hand auf meinem nackten Bauch fühlte sich erstaunlich warm an. Ich drückte die Schenkel zusammen, schloß seine Finger ein. Dann zog ich mit beiden Händen seinen Kopf zu mir und suchte seine Lippen. Nach einer Weile befreite er seine Hand aus meinen zusammengepreßten Schenkeln; seine Finger legten sich auf meinen Unterleib, tauchten tief und wissend in mich ein, weckten Besessenheit, schauderndes Verlangen. Ich schob meinen Pullover und das Unterhemd hoch; streckte ihm meine Brüste entgegen, dürstend nach dem Gewicht seines Körpers, nach dem Geschmack seiner Haut. Sein lockiges Haar – ein wenig glatt wegen der Feuchte der Nacht – hing kalt über meinem Gesicht, aber die Kopfhaut fühlte sich warm an. Seine Zunge berührte meine Zähne. Sein Mund war geübt, wunderbar, jeder Kuß löste lustvolle Schmerzen aus. Das Erschauern zog weiter in meinen Bauch, meine 404
    Brüste spannten sich und schmerzten. Ich

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