Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tibeterin

Die Tibeterin

Titel: Die Tibeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
zum Leben erwacht. Sie blickte mich gespannt an. Ich wandte das Gesicht ab; sie sollte nicht sehen, wie sehr ich mit meinen Gefühlen kämpfte. Kunsang zupfte mich unruhig am Ärmel. Ob mir die Zeichnung nicht gefalle?
    396
    »Kann ich sie behalten?« fragte ich heiser.
    Sie lächelte überglücklich.
    »Ich habe sie ja für dich gemacht! «
    Ich steckte die Zeichnung in meine Brusttasche. Und seitdem trage ich sie immer bei mir wie einen Talisman.
    Das letzte Mal, als ich Chodonla sah, war sie vor Unruhe ganz wirr, rauchte eine Zigarette nach der anderen.
    »Etwas liegt in der Luft. Vor dem Jokhang sind Manöver geplant.
    Die Behörden rechtfertigen ihre Vorbereitungen als Präventionsmaßnahmen. Es gibt Gerüchte, Atan. Sie haben Namenslisten. Sie sagen, Drepung macht Probleme. Die Mönche hetzen die Bevölkerung auf. Das sagen sie immer. Ich habe Angst…
    «
    Ich antwortete: »Man kann die Menschen nicht davon abhalten zu demonstrieren.«
    Chodonla fror in ihrem kurzärmeligen chinesischen Kleid. Ihr Gesicht war weiß wie Porzellan.
    »Im Gefängnis, da haben sie besondere Methoden.«
    »Ich kenne bereits einige.«
    Ihre Finger hoben die Zigarette zum rotgeschminkten Mund; sie waren unendlich dünn, ohne Mut, ohne Kraft.
    »Sie haben neue. Ich weiß nicht wohin mit mir, Atan, ich werde verrückt! Du mußt die Mönche zur Vernunft bringen. Sie sollen nicht demonstrieren. Um keinen Preis!«
    Mönche kann man nicht zur Vernunft bringen. Die haben ihren Glauben, der bekanntlich Berge versetzt. Trotzdem sagte ich: »Ich will sehen, was ich tun kann.«
    Ich nahm ihr behutsam die Zigarette aus dem Mund. Sie hustete, blies mir den Rauch ins Gesicht. Chodonla wankte auf ihren Absätzen. Ich hielt sie an den Ellbogen fest. Die Röte auf ihren Wangen war unnatürlich. Sie lehnte die Stirn an meine Schulter. In ihren Schläfen klopfte das Fieber.
    »Ich träume immer wieder von meiner Schwester, nie von dir. Ist das nicht merkwürdig?«
    »Ich träume oft von dir«, sagte ich kehlig.
    Sie schwankte, legte beide Arme um mich.
    »Wirklich?«
    »Träume hin und wieder von mir«, sagte ich. »Ich bitte dich sehr.«
    Sie hob den Kopf und lächelte. Ihr Lächeln brach mir das Herz. Ich riß sie an mich wie ein Wahnsinniger. Ihre Pupillen schienen sich 397
    noch weiter zu öffnen. Ich folgte dem Licht in ihren Augen. Unter dem Stoff ihres Kleides spannte eine heftige Woge ihre Hüften; es war, als ob ihr Unterleib mir entgegenschlug. Ich zerrte mit einem Ruck ihr Kleid nach oben, preßte sie an mich, schob ihren Slip über die Schenkel. Stehend drang ich in sie ein; sie fiel gegen die Mauer, bewegte sich mit mir, im Rhythmus meiner Bewegungen. Sie schenkte mir ein zerbrechliches Lächeln, ihre Beine gaben unter ihr nach. Ich fing sie auf, hob sie hoch. Ich legte sie auf das Bett, streifte ihr die Schuhe von den Füßen. Ihr Körper vibrierte wie eine Bogensehne. Ich legte beide Arme unter ihren Rücken, drückte mein Gesicht auf ihre klamme Haut. Ihr Tod war in mir und pochte in meinen Schläfen, in der Kehle, im Unterleib. Der Schmerz war so groß, daß ich fast erstickte. Ich schluchzte stumm und tränenlos, sie stützte sich auf ihr kleines Gesäß, wölbte die pulsierenden Hüften; ihre Spalte, angeschwollen und noch feucht von meinem Samen, öffnete sich wie eine Wunde. Ich umschloß sie ganz mit den Lippen.
    Mein Geist war in ihrem Fleisch gefangen. Und für eine Weile stand das Leben noch still.
    Ich wohnte in einem Gasthof, der einem Nepalesen gehörte. Hier verkehrten vorwiegend Händler, manche mit Frauen und Kindern.
    Ich teilte einen Raum mit einem Stoffhändler, der wenig begeistert war, mich als Zimmergenossen zu haben, und ängstlich seine Waren um seine Matratze stapelte. Ich mahnte die Mönche zur Vorsicht, aber sie waren viel zu aufgebracht, um mir Gehör zu schenken. Und am nächsten Tag erschien ein Leitartikel in dem parteitreuen »Tibet Daily«, der das Pulverfaß zündete. Es dauerte nicht lange, und die Hölle brach los. Mönche und Nonnen forderten in Sprechchören Freiheit für Tibet, die Bevölkerung schloß sich an. Zwei Tage lang staute sich der Geruch nach Staub, Blut und Tränengas über Lhasa; ein Geruch, der mir allzu vertraut war. Als es vorbei war, sah ich die Lastwagen die »Feinde des Volkes« in das Gurtza-Gefängnis bringen, wo man die »neuen Methoden« jetzt ausprobieren konnte.
    Kindliche Mönche und Nonnen, kahlrasiert und blutüberströmt, mit Gesichtern, grau vor Angst. Und am Abend des

Weitere Kostenlose Bücher