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Die Tiefe einer Seele

Die Tiefe einer Seele

Titel: Die Tiefe einer Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Dakota
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Prescott hatten die Entscheidung ihres jüngsten Kindes und der einzigen Tochter mit gemischten Gefühlen aufgenommen, zollten ihr mittlerweile aber den allerhöchsten Respekt. Und es machte ihre Kleine, die von jeher das Juwel der Familie gewesen war, noch ein bisschen wundervoller und liebenswerter für sie.
    Erin ließ ihre Handtasche fallen und schüttelte sich die Sneakers von den schmerzenden Füßen. Du meine Güte, was war das wieder eine Schicht gewesen. Völlig k.o. sank sie auf das große Bett in der Mitte des Raumes, dessen weiche Matratze unter ihrem Gewicht behäbig nachgab.
    Ihre Gedanken schweiften zurück zu ihrem Geburtstag vor ein paar Tagen. Sie war so lange nicht mehr auf Cape Cod gewesen, deswegen hatte sie sich gewünscht, mit ihren Lieben in Hyannis Port zu feiern. Eine wundervolle Zeit, wenn man mal von den immer wieder hochkochenden Differenzen zwischen ihrem Vater und James absah.
    Ach ja, ihr Daddy. Er war manchmal ein gewaltiger Brummbär, aber Erin liebte ihn abgöttisch. Gut, sie musste zugeben, dass es wohlmöglich ein kleines bisschen daran lag, dass der Vater ihr einfach keinen Wunsch abschlagen konnte und das, seitdem sie die ersten Worte gesprochen hatte. Ihrer Mutter ging das ab und an auf den Zwirn, doch letztendlich war auch sie immer wieder gerührt, wenn sie sah, wie ihr Mann die gemeinsame Tochter geradezu anbetete. Obwohl ich alles andere als eine Schönheit bin! , dachte Erin mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Sie schalt sich wegen ihrer düsteren Gedanken. Als ob das Aussehen eines Kindes ausschlaggebend für die Tiefe der elterlichen Gefühle wäre. Sie liebte ihren Daddy und er sie, so einfach war das. Trotzdem hatte sie reichlich daran zu knabbern, dass sie im Gegensatz zu ihren bildhübschen und knackigen Brüdern eher Hausmannskost war, wenn überhaupt. Ach ja, ihre Brüder!
    Zu Bill, Ruben und James hatte Erin überwiegend ein gutes, manchmal aber auch ein durchwachsenes Verhältnis. Sie nannte die drei an besseren Tagen »meine drei Musketiere«, an weniger guten »Amerikas Antwort auf die Pest im mittelalterlichen Europa«. Letzteres vornehmlich, wenn die Herren der Schöpfung mal wieder meinten, den »großen Bruder« raushängen lassen zu müssen. Dabei hatten die drei im Laufe der Jahre mehr als einmal lernen können, dass ein solches Verhalten ihr gegenüber überflüssig war wie eine Sonnenschutzcreme mit maximalem Lichtschutzfaktor im verregneten und herbstlichen London. Aber sie konnten einfach nicht aus ihrer Haut und gluckten, seitdem ihr kleines Schwesterchen das Licht der Welt erblickt und ihre zehn, neun und sieben Jahre alten Herzen im Handumdrehen erobert hatte. Am liebsten würden sie sie auch heute noch, mit jetzt 27 Lenzen, in Watte packen. Eine Vorstellung, die Erin schmunzeln ließ, denn eine 90 Kilo schwere Wuchtbrumme in Watte gepackt, wäre sicherlich einer Kumuluswolke nicht ganz unähnlich. Ein weiteres unsagbares Vergnügen bereitete ihr die Gewissheit, dass ihre Brüder zwar ständig so taten, als wäre sie das schwächste Glied in der Kette, dabei war es schon seit langem eher umgekehrt. Denn die Herren kamen bei jedem kleinen Wehwehchen bei ihr angedackelt. Hier waren nicht etwaige körperliche Beschwerden gemeint, welche Dr. Erin Prescott zumeist ganz nebenbei und im Vorübergehen in die Schranken verwies, sondern all das andere Zeugs, das Kopf und Herz bleischwer belastete. Ein bisschen wunderte sie sich deswegen, dass James sie noch nicht kontaktiert hatte. Wegen der Streitereien in Massachusetts, wegen des Mädchens, das er kennengelernt hatte und natürlich wegen Anabel und Ruben. Ja, klar doch! Sie war über all diese Vorgänge informiert. Auf Bill war Verlass, schließlich war er die größte Tratschtante der westlichen Hemisphäre. Der Gute hatte sie aufgrund der aktuellen Entwicklungen sogar in der Nachtschicht angerufen, gerade als sie einem volltrunkenen Penner den Magen ausgepumpt hatte.
    Sie musste Bill zubilligen, dass es ihm nicht nur um das reine Kolportieren erstaunlicher Neuigkeiten ging, sondern dass er sich in der Tat Sorgen machte um die Brüder. Wobei Erin eine andere Meinung hatte als er. Zumindest was James betraf. Für sie war es eine Wohltat gewesen, zu hören, dass er jemanden kennengelernt hatte. Auch wenn dieses Mädchen offensichtlich ernste Probleme hatte. James hatte so viele Jahre allem entsagt, was nur annähernd einer menschlichen Regung, einem Gefühl entsprach. Es grenzte fast an ein

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