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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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siebzehn, niemand konnte mich an irgendetwas hindern, und schon gar nicht meine Tante, die mich nur bei sich haben wollte, weil vor zig Jahren irgendetwas zwischen ihr und meiner Mutter schiefgelaufen war. Keine Ahnung, was, aber inzwischen war es mir völlig egal. Ich wusste nur eins, wenn ich nicht der Reise nach Usedom zugestimmt hätte, dann wäre mir Marc niemals begegnet und mir wäre eine Menge Kummer erspart geblieben.
    Ich lief noch ein paar Meter am Meer, bevor ich den Strand Richtung Dünen überquerte.
    Als ich schließlich den schmalen Weg zu den ersten Ausläufern des Küstenwalds entlangging, packte mich jemand von hinten am Arm. Erschrocken fuhr ich herum.
    Marc stand vor mir. Keine Ahnung, wie er mich hatte finden können. Vielleicht war es Zufall? Bestimmt war es so. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass er mir nachgelaufen war, nach dem hasserfüllten Blick, den er mir vorhin zugeworfen hatte.
    »Was soll das, Leni?« Die Wut in seiner Stimme war unüberhörbar. »Warum bist du im Boxcamp aufgetaucht? Was willst du damit bezwecken?«
    Ich schluckte schwer. Sein Zorn machte mir Angst und ärgerte mich zugleich.
    Jetzt fang bloß nicht wieder an zu heulen!, ermahnte ich mich. Lass dir nicht anmerken, wie weh es tut.
    »Ich wollte mich nur von Jamie verabschieden«, log ich – obwohl, inzwischen entsprach das ja beinahe der Wahrheit.
    »Verabschieden? Warum?«
    »Vielleicht, weil ich heute noch abreisen werde«, stieß ich schnippisch hervor.
    Blitzschnell schoss Marcs Arm hervor und er umfasste grob mein Handgelenk.
    »Lass mich los!«, blaffte ich ihn an.
    Er kniff die Augen zusammen, doch dann schien er sich plötzlich zu besinnen und löste seinen Griff.
    »Das musst du nicht.« Seine Stimme klang versöhnlicher, hatte aber etwas Endgültiges. »Ich fahre heute Abend zurück nach England.«
    Seine Worte versetzten meinem Herzen einen schmerzhaften Stich, aber ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.
    »Glaubst du etwa, ich will deinetwegen weg?« Ich brachte es sogar fertig aufzulachen. »Überschätz dich mal nicht, Marc. So toll bist du nun auch nicht.«
    Scheiße, tat das weh!
    Er fuhr sich mit der linken Hand durch sein wohl vom Duschen noch feuchtes Haar. »Okay, dann ist ja alles in Ordnung. «
    Ich nickte. »Das ist es.«
    »Mach’s gut.« Er wandte sich zum Gehen und die Stiche in meinem Herzen nahmen an schmerzlicher Intensität zu.
    Er geht. Er geht wirklich, durchfuhr es mich. Das war’s, Leni. Du wirst ihn nie wiedersehen …
    Ich wollte etwas sagen. Irgendetwas tun, um ihn aufzuhalten. Aber ich hatte meine Stimme verloren. Da war nur so ein leiser verzweifelter Ton, den ich tief aus meiner Kehle hervorbrachte.
    Marc blieb stehen, mit dem Rücken zu mir fluchte er: »Damned!« Dann drehte er sich um, ganz langsam, und kam zu mir zurück. Er schloss die Augen, atmete tief durch, und als er sie wieder aufschlug, da lag so ein gequälter Ausdruck darin, als ob es in seinem Herzen gerade ganz genauso wehtat wie in meinem.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen, hob zögerlich die Hand und streichelte ihm sacht mit den Fingern über die Wange bis zu den Stoppeln an seinem Kinn, die sich weich und zugleich kratzig anfühlten.
    »Marc, ich …«
    Er schüttelte wortlos den Kopf. Nahm meine Hand und zog mich in seine Arme.
    Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte mich, als er mir ins Haar flüsterte: »Was machst du bloß mit mir?«
    »Ich kann nichts dagegen tun«, erwiderte ich mit tränenerstickter Stimme. »Ich verstehe es ja selbst nicht. Und eigentlich will ich das auch alles gar nicht, aber ich habe mich in dich verliebt.«
    Marc stöhnte kaum hörbar auf, seine Hand glitt behutsam über meinen Rücken. »Das ist es ja gerade.«
    Ich löste mich ein wenig aus der Umarmung, sodass ich ihm ins Gesicht blicken konnte. In seinen dunklen Augen lag jetzt ein weicher Schimmer.
    »Was, Marc?«
    Noch einmal atmete er tief durch. »Verdammt, mir geht es doch ganz genauso wie dir. Ich habe so etwas noch nie erlebt, aber …« Er brach ab.
    »Was?«, sagte ich noch einmal.
    »Mann, Leni … ist dir das nicht längst klar?« Er schaute mich geradezu flehend an. Doch als ich schwieg, fuhr er fort: »Ich hab mich auch in dich verliebt. Und nicht nur das, ich will mit dir zusammen sein. Und weil das nun mal unmöglich ist, bringt es mich fast um …«
    Ich war sprachlos. Nichts mehr war in mir, nichts zählte mehr als das wilde Pochen meines Herzens und das unbändige Glücksgefühl, das

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