Die Tiere in meiner Arche
überraschend, daß mir im ersten Schock überhaupt nichts einfiel, was ich mit zehntausend Pfund hätte anfangen können. Doch am folgenden Morgen hatte ich mich natürlich von meiner Überraschung erholt. Ich wußte, daß der Bau eines Gorillahauses unser vordringlichstes Problem war, auch wenn wir das Geld für hundert andere
Dinge hätten gebrauchen können. Zu meiner Erleichterung war Brian damit einverstanden. Nun also hatten wir die Mittel für das neue Gehege; aber einen männlichen Gorilla hatten wir immer noch nicht.
Doch da lachte uns das Glück ein zweitesmal. Ernst Lang, der Direktor des Basler Zoos, dem es als erstem in Europa gelungen war, Gorillas in Gefangenschaft zu züchten, hatte sich für unsere Angelegenheiten und besonders für unsere beiden unverheirateten Gorilladamen immer sehr interessiert. Jetzt schrieb er mir, wenn ich wolle, würde er uns Jambo schicken, einen ausgewachsenen männlichen Gorilla aus seiner eigenen Zucht. Jambo war ein Zuchttier mit Erfahrung, bereits Vater eines weiblichen Kindes. Einen ausgewachsenen, in der Gefangenschaft geborenen und herangewachsenen Gorilla zu finden, war schon unglaublich genug; aber dann auch noch einen zu bekommen, von dem man wußte, daß er nicht nur fruchtbar war, sondern auch in der Liebe bewandert, grenzte ans Wunderbare.
Damit also war unser Gorillaproblem praktisch mit einem Schlag gelöst. Eifrig machten wir uns daran, das neue Haus zu planen, das den Namen >Brian Park Gorilla Complex< tragen sollte.
Auf eines allerdings mußten wir bei unseren hochfliegenden Plänen Rücksicht nehmen, nämlich auf den Standort des zukünftigen Gorillahauses. Das war ein Stück Land, das zu einer großen Rieselwiese hin abfiel. Der Ort war vernünftig gewählt, denn das neue Gorillaheim würde sich hier auf eine natürliche Weise an das bereits bestehende Menschenaffenhaus anschließen. Die Hanglage stellte uns zwar vor mehrere Probleme, aber schließlich konnten wir sie alle lösen. Bisher haben sich auch unsere Planungen immer bewährt.
Das Haus besteht aus drei miteinander verbundenen Käfigen mit Fußbodenheizung. Schiebetüren führen von jedem Käfig aus in einen 15 X 10 m großen Raum mit Kletteranlagen und einem Badebecken. Das Neue an diesem Raum ist, daß er kein Dach hat. Er hat 3.60 m hohe Mauern, die in Abständen versetzt sind, und in jede dieser Nischen, die etwa aussehen wie Rockfalten, ist eine 1.80 X 1.20m große Glasscheibe eingelassen. Innen sind die Mauern völlig glatt, so daß die Gorillas an ihnen nicht hochklettern können, und die Fenster sind aus fast vier Zentimeter dickem, mit Plastik verstärktem Glas, das allenfalls von einem Bulldozer durchbrochen werden kann. Der ganze Bau blickt direkt nach Süden, so daß die Gorillas, da ein Dach ja fehlt, der Witterung voll ausgesetzt sind. Ein Überdach jedoch, eine Fortsetzung des Dachs über den Käfigen, bietet ihnen an sonnigen Tagen Schatten und bei Regen Schutz vor der Nässe. Vor kurzem haben wir im Dach über den Käfigen eine Fernsehkamera eingebaut, so daß die Gorillas wenn nötig rund um die Uhr überwacht werden können.
Bei einem solchen Bau war die Detailplanung von Wichtigkeit. Die Laufbretter an den Wänden mußten gerade eine solche Neigung haben, daß man sie mühelos abspritzen konnte, ohne daß aber die Gorillas das Gefühl hatten, an den Hängen des Mount Everest zu leben. Die Wände zwischen den Käfigen mußten aus Gitterwerk und entfernbar sein, so daß der ganze Raum notfalls in ein großes Schlafzimmer verwandelt werden konnte. Die Gittertrennwände waren aus zwei Gründen wichtig. Erstens konnten die Tiere einander sehen, auch wenn sie voneinander getrennt waren, und zweitens war es für uns praktischer. Wenn wir sie mit dem Narkosegewehr betäuben oder ihnen ein Medikament verabreichen wollten, ohne zu riskieren, zu ihnen hineinzugehen, konnten wir das durch das Gitter tun.
In Abständen gab es Mauervorsprünge, die Nischen bildeten. Dorthin konnten die Tiere sich zurückziehen, wenn sie voneinander genug hatten; sie können sich nämlich genauso auf die Nerven fallen wie wir Menschen, auch wenn sie noch so gut zueinander passen. Die Farbwahl für den ganzen Bau wollte gründlich durchdacht sein, denn er war groß und fiel sofort ins Auge. Die falsche Farbe hätte ihn vielleicht ebenso attraktiv wirken lassen wie etwa einen Gaskessel. Nach vielen Auseinandersetzungen und Experimenten wählten wir für die Außenmauern ein tiefes Olivgrün. Dadurch
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