Die Tiere in meiner Arche
gezüchtet und viel dabei gelernt. Wir haben gegenwärtig in Europa die beste und umfassendste Sammlung dieser faszinierenden und gefährdeten kleinen Primaten, und wir hoffen, unsere Kolonien noch zu vergrößern und zu erweitern.
Wenn man neue Tierbehausungen baut und versucht, seine Sache besser zu machen als frühere Planer, experimentiert man unaufhörlich. Da ist es beinahe unvermeidlich, daß man auch Fehler macht. Man bemüht sich, die meisten schon auf dem Reißbrett zu erkennen, aber ein paar schleichen sich doch immer ein. Bei der Planung von Tierbehausungen lernt man aus seinen Fehlern und man kann nur hoffen, daß die Fehler, die man macht, nicht gravierend sind. Denken wir beispielsweise an die Verwendung von Glas. Dieses Material gehört, so teuer es auch ist, meiner Meinung nach zu den besten, die beim Bau von Tierbehausungen verwendet werden können. Es verleiht dem Käfig den Schein von Weiträumigkeit, der gewiß vom Tier und auch vom Besucher geschätzt wird. Man kann das Tier sehen, ohne daß das Blickfeld von Stangen oder Drähten eingeengt wird. Doch auch Glas hat, abgesehen vom Preis, seine Nachteile; der schwerste ist der, daß Tiere in Momenten des Streß leicht vergessen, daß es da ist.
Als wir für unsere südamerikanischen Tapire neue Unterkünfte bauten, ließen wir in die Wand zwei Dickglasscheiben ein, durch die das Publikum in die Käfige hineinsehen konnte. Zwischen diesen beiden Scheiben war die Tür für das Personal, deren obere Hälfte aus einer dicken Drahtglasscheibe bestand. Mehrere Jahre lang lebten die Tapire ganz glücklich in diesem Käfig und wußten genau, daß die Glasscheiben, auch wenn sie unsichtbar waren, eine undurchdringliche Wand bildeten. Doch eines Tages bekam Juno, eines unserer Tapirweibchen, entweder einen heftigen Schreck (wodurch, wissen wir nicht) oder sie hatte einen sehr lebhaften Traum, in dem sie von einem Jaguar gehetzt wurde. Jedenfalls sprang Juno offenbar ohne jedes Zögern nicht etwa durch das große Schauglas, sondern direkt durch die Drahtglasscheibe oben in der Personaltür. Daß sie sich nicht das Genick brach, war ein Wunder. Daß sie nicht an ihren Verletzungen starb, ehe sie schließlich fast einen Kilometer entfernt eingefangen und mit einer Spritze beruhigt wurde, war noch wunderbarer. Doch das unglaublichste an der Geschichte: sie war im sechsten Monat trächtig und brachte, beinahe ehe ihre Verletzungen ausgeheilt waren, ein Junges zur Welt, das dicker und gesünder war als alle anderen, die bisher in unserem Zoo geboren wurden.
Glas hat aber noch einen anderen Nachteil. Erliegt in der Reaktion des Homo sapiens auf dieses Material. Gewisse Leute sehen heutzutage in einer Glaswand, hinter der ein Tier zu besichtigen ist, eine Aufforderung, mit Ziegelsteinen zu werfen. Zum Glück hatten wir in Jersey noch keinen solchen Fall. Bei uns tauchen nur ab und zu unbekümmerte junge Burschen auf, die ihren Freundinnen unbedingt beweisen wollen, daß der Brillant in ihrem Ring echt ist und damit ihre Initialen in das Glas ritzen. Wenn das bei extra importiertem Dickglas passiert, wo eine Scheibe von 1.80 X 1.20 m Größe über 600 Pfund kostet, dann kann es schon Vorkommen, daß man mit den Leuten die Geduld verliert und sich fragt, wieso man sich eigentlich die Mühe und die Kosten macht, Glas einzubauen, nur damit eben diese Leute das Tier besser sehen können.
Zu den kompliziertesten und teuersten Bauten, die wir bis heute errichtet haben, gehört unser Gorillahaus. Es hat sich bisher als in jeder Hinsicht gelungen erwiesen. Einen kleinen Fehler hat es jedoch; es ist zu klein. Jedesmal, wenn man daran geht, ein Tierhaus zu bauen, meint man, es würde groß genug werden. Und wenn man dann endlich fertig ist, hat entweder die Tierfamilie inzwischen Zuwachs bekommen oder man entdeckt, daß der Bau, wenn er steht, nicht halb so groß ist, wie man glaubte, daß er werden würde. Aber wir konnten ja nicht wissen, daß unsere Gorillas sich in ihrer Begeisterung über ihr neues Heim mit einer Geschwindigkeit und Regelmäßigkeit fortpflanzen würden, die man nur mit Fließbandproduktion vergleichen kann.
Die Geschichte des Gorillahauses ist insofern interessant, als sie zeigt, wie weit das Glück uns bei unserer Entwicklung geholfen hat. Zuerst erwarben wir unser älteres Weibchen N’Pongo. Sie war damals zweieinhalb Jahre alt und erwies sich gleich in den ersten Tagen, die sie in unserem Gästezimmer verbrachte, weil ihr Käfig noch nicht
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