Die Tiere in meiner Arche
verschmolz das Gebäude im Frühling und im Sommer praktisch mit dem Grün der Bäume. Bei den Innenwänden entschieden wir uns für ein helles Buttergelb. Das wirkte zwar gut und die Gorillas machten sich ausgezeichnet vor dem hellen Hintergrund, aber bald zeigte sich, daß diese Farbwahl nicht ganz glücklich gewesen war. Da das Haus nach Süden blickte, wirkte das Gelb der Wände bei Sonnenlicht wie Reflektoren oder Spiegel. Dadurch entstand große Hitze. Wir haben die Wände jetzt in einem blassen Blau gestrichen und den Boden sandfarben. Das ist besser, aber ideal sind die Farben immer noch nicht.
Unser größtes Projekt ist gegenwärtig die Erstellung eines Reptilienhauses. Es wird bei weitem das komplizierteste Gebäude werden, an das wir uns bisher herangewagt haben. Da Reptilien im allgemeinen nicht so beliebt sind wie Säugetiere und Vögel, habe ich geglaubt, niemals jemanden zu finden, der uns bei der Finanzierung unseres Reptilienzuchtprogramms unter die Arme greifen würde. Doch wie bei unserem Gorillaproblem kam uns auch hier wieder das Glück zu Hilfe.
Wir hielten in Jersey die erste Weltkonferenz über die Zucht gefährdeter Tierarten ab, und unter den vielen hundert Konferenzteilnehmern befanden sich auch Dr. Gaherty und seine Frau aus Kanada. Sie waren seit vielen Jahren Mitglieder des Trusts. Im Laufe der Konferenz kamen sie zu mir und beglückwünschten mich zur allgemeinen Anlage unseres Zoos und zum Zustand unserer Tiere.
»Aber ein schwacher Punkt verdirbt den guten Eindruck«, fuhr Geoffrey Gaherty fort. »Sehen Sie, meine Frau und ich sind begeisterte Herpetologen. Wir halten und züchten selbst alle möglichen Reptilien. Ihre Reptilien hier sind zwar in ausgezeichnetem Zustand, aber Ihr Reptilienhaus ist unserer Meinung nach nicht das Ideale.«
Ich gestand, daß ich mir der Mängel unseres Reptilienhauses (einer großen, ehemaligen Garage) voll bewußt war, und fügte prahlerisch, wenn auch eigentlich mehr im Scherz hinzu, ich würde mit Freuden das beste Reptilienhaus der Welt aufbauen, wenn Dr. Gaherty mir sagen könnte, wo ich das nötige Geld auftreiben sollte. Als wir so weit gekommen waren, mußte ich mich verabschieden, da ich bei einer Sitzung im Rahmen der Konferenz den Vorsitz hatte. Ich sah die Gahertys erst kurz vor ihrer Abreise wieder.
»Sagen Sie mir eines«, meinte Geoffrey Gaherty. »War es Ihnen ernst mit dem, was Sie mir neulich erklärten? Wenn ich das Geld auftreibe, werden Sie dann das beste Reptilienhaus der Welt bauen?«
»Selbstverständlich«, erwiderte ich. »Das einzige, was mich daran hindert, sind die fehlenden Mittel. Warum?«
»Nun«, meinte Dr. Gaherty, »ich bin nicht nur ein Reptilienfreund, sondern auch Millionär.«
»Kommen Sie doch mit in mein Büro«, forderte ich ihn auf und bemühte mich, nichts davon merken zu lassen, daß mir die Knie zitterten. »Ich habe da ein paar Skizzen liegen, die ich für den Taggemacht habe, an dem ich jemandem wie Ihnen begegnen würde.«
Damit war der erste Schritt zum Bau unseres Reptilienhauses getan. Wenn es nach mir geht, wird es ein in seiner Art einzigartiges Zentrum zum Studium und zur Zucht dieser faszinierenden und viel verleumdeten Wesen werden. Zunächst einmal liegt uns überhaupt nichts daran, eines dieser gräßlichen Reptilienhäuser zu haben, wie sie in Zoos üblich sind und wo ein ganzes Heer unterschiedlicher Arten das ganze Jahr hindurch bei konstanter Tag- und Nachttemperatur gehalten wird. Wir konzentrieren uns auf eine begrenzte Anzahl von Schlangen, Eidechsen sowie Land- und Wasserschildkröten, und es wird sich nur um solche Arten handeln, die gefährdet sind. Drei Jahre lang haben wir an den Plänen gearbeitet und jetzt sind wir dabei, letzte Hand an den Bau zu legen. Wie immer fragen wir uns, was für schlimme Fehler wir wohl auf dem Reißbrett verbrochen haben.
Ungewöhnlich ist unser Bau insofern, als den Zuchträumen, die nicht besichtigt werden können, weit mehr Platz eingeräumt wurde als den Schaukästen. Bei uns ist es also gerade umgekehrt wie in den existierenden Reptilienhäusern. Der Grund ist einfach: unsere erste Aufgabe ist es, Reptilien zu züchten. Die Zurschaustellung folgt in zweiter Linie. In vielen Fällen ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, Reptilien in konventionellen Reptiliengehegen zu züchten, da man nicht die notwendige Kontrolle über die äußeren Einflüsse besitzt. In unseren Zuchträumen haben wir Spezialkäfige, in denen winzige
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