Die Tiere in meiner Arche
verlangen, daß selbst ein mittelalterlicher Heiliger finden würde, diese Kasteiung des Fleisches' ginge zu weit. Schuppentiefe zum Beispiel, die in Afrika und Asien zu Hause sind, leben ganz glücklich ausschließlich von Ameisen, in manchen Fällen von den schwarzen, absolut unverdaulich aussehenden Baumameisen, die so stark nach Ameisensäure stinken, daß einem die Augen tränen, wenn man ein Nest auseinandernimmt.
In den klaren Waldbächen von West- und Zentralafrika lebt ein bemerkenswertes Geschöpf, das Potomagale velox oder Große Otterspitzmaus genannt wird. Dieser schwarze Insektenesser- es gibt in Afrika mehrere Arten; sie sind entfernt mit den in Madagaskar lebenden Tanreks verwandt — ist etwa sechzig Zentimeter lang, hat einen dunklen, maulwurfähnlichen Pelz, winzige Augen, keine Schlüsselbeine und eine aufgeschwollene Schnauze, so daß sein Kopf aussieht wie ein mit Schnurrbarthaaren bewaldeter Hammerkopf. Dazu hat er einen Schwanz, der seitlich abgeplattet ist wie der einer Kaulquappe. Die Große Otterspitzmaus ist ein Nacht- und Wassertier und lebt — zumindest in Kamerun, wo ich sie einfing — ausschließlich von schokoladefarbenen Süßwasserkrebsen. Als ich meine erste Große Otterspitzmaus fing und eingehend begutachtete, meinte ich, daß ein so kräftiges und otterähnliches Tier, das anscheinend dafür ausgerüstet war, auf alle möglichen Beutetiere Jagd zu machen, unmöglich von derart eintöniger Kost leben könne. Selbst der fanatischste Krebsliebhaber mußte, so glaubte ich, ab und zu Appetit auf frischen Fisch oder einen Frosch oder auch ein Wasserschlangensteak haben. Ich begann also zu experimentieren und versuchte, meine Otterspitzmaus mit großen Käfern, köstlichen Fischen mannigfaltiger Form, Größen und Farben, mit fetten Fröschen, Wasserschlangen unterschiedlicher Länge, jungen Vögeln zu reizen. Es war alles umsonst. Die Otterspitzmaus betrachtete voller Verachtung diese Leckerbissen, die ihr Menü ergänzen sollten und blieb beim knackigen Süßwasserkrebs. Dieser hatte, soweit ich feststellen konnte, praktisch keinen Nährwert, da er beinahe ausschließlich aus Schale bestand.
Ich sah mich nun natürlich einem doppelten Problem gegenüber: erstens konnte ich unmöglich einen Vorrat an Süßwasserkrebsen mit aufs Schiff nehmen, der für die Dauer der Reise ausgereicht hätte — meine Otterspitzmaus verschlang nämlich an die fünfunddreißig dieser Tierchen pro Nacht; und zweitens konnte kein europäischer Zoo diese ausgefallene Kost bieten. Folglich mußte diesem Geschöpf eigenwilligen Geschmacks beigebracht werden, anderes zu fressen. Das war leichter gesagt als getan und konnte nur mit List zuwege gebracht werden.
Im einheimischen Lebensmittelgeschäft kaufte ich eine große Menge getrockneter Süßwasserkrabben, die vielen afrikanischen Speisen als Würze beigegeben wurden. Diese Krabben wurden zu Pulver gemahlen, dann vermischte ich sie mit gehacktem Fleisch und rohem Ei. Immer, wenn die Zeit der Fütterung kam, war die Otterspitzmaus von einem wahren Heißhunger besessen, und darin sah ich meine Chance. Ich tötete eine Anzahl Krebse und füllte sie mit meiner Fleisch- und Krabben-Farce. Dann gab ich der Otterspitzmaus einen gewöhnlichen, ungefüllten Krebs, den sie mit ein paar schnellen Bissen verschlang. Nachdem ich sie so eingelullt hatte, warf ich ihr einen gefüllten Krebs hin. Sie hatte ihn schon halb hinuntergeschluckt, ehe sie merkte, daß an dem Ding etwas nicht stimmte. Sie spie ihn aus, um ihn bebenden Schnurrbarts zu untersuchen, dann fraß sie ihn zu meiner großen Freude ratzekahl auf. Es dauerte Wochen, aber ich brachte sie schließlich so weit, daß sie meine Spezialmischung aus einem Napf fraß. Obenauf streute ich für das Auge immer etwas gehackten Krebs.
Der Große Ameisenbär, der größte Vertreter seiner Gruppe, ist auch so ein schwer erziehbares Geschöpf. Mit seinem langen, eiszapfenförmigen Kopf, seinem fahnenähnlichen Schwanz und seinen riesigen Bärenklauen, die dazu geschaffen sind, die steinharten Termitennester aufzubrechen, aus denen er sich seine Nahrung holt, ist er ein spektakuläres Tier. Meinen ersten Ameisenbär fing ich im Hochland von Guyana. Ich verfolgte ihn zu Pferd und fing ihn mit dem Lasso ein. Ich hatte alle Mühe, seinen wütend zuschlagenden Klauen zu entgehen, als wir ihn in einen Sack bündelten und zum Lager zurückverfrachteten. Dort band ich ihn an einem Baum fest und konzentrierte mich voll auf die
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