Die Tiere in meiner Arche
Aufgabe, ihn an eine neue Nahrung zu gewöhnen.
Ich wußte, daß man bei Ameisenbären in der Vergangenheit mit rohem Ei, Hackfleisch und Milch Erfolg gehabt hatte. Das entscheidende Problem bestand darin, den Ameisenbär dazu zu bewegen, diesen armseligen Ersatz für die geliebten Termiten erst einmal zu probieren. In den wenigen einschlägigen Fachbüchern, die es gab, hatte man dieses Problem schamhaft übergangen.
Manchmal halten Tiere an ihren Vorurteilen mit solcher Sturheit fest, daß sie ein ungewohntes Nahrungsmittel gar nicht erst kosten; in manchen Fällen gehen sie nicht einmal nahe genug heran, um es zu beschnüffeln. Daß das reine Voreingenommenheit ist, habe ich mit der Tatsache bewiesen, daß das Tier später mit Vergnügen jene Speise frißt, die es anfangs mit Horror abgelehnt hat. In manchen Fällen wird das anfänglich zurückgewiesene Nahrungsmittel sogar zur Lieblingsspeise.
Mein Ameisenbär war zwar nicht ganz so engstirnig, aber er beäugte die erste Schüssel mit Milch, rohem Ei und gehacktem Fleisch so mißtrauisch, als handelte es sich um einen von der Familie Borgia angebotenen, vergifteten Imbiß.
Dann hatte ich einen Einfall. Ich brach ein Termitennest auf und holte mir eine Handvoll der großen, ausgesprochen ekelhaft aussehenden Bewohner. Diese streute ich auf ein grünes Blatt, das ich in den Milchnapf legte. Kaum erspähte der Ameisenbär seine Lieblingsspeise, da entrollte er seine lange, klebrige Zunge und machte sich über die Ameisen her. Natürlich glitt seine suchende Zunge auch unter das schwimmende Blatt, und Minuten später schlabberte er das Gemisch auf, als hätte er nie in seinem Leben etwas anderes gefressen oder fressen wollen. Bei der nächsten Fütterung mußte ich ihn nicht einmal mehr mit Termiten locken. Er leckte den Napf aus bis auf den letzten Tropfen und jonglierte auf höchst elegante Weise die letzten Fleischreste mit seiner Zunge in seinen Röhrenmund.
So störrisch neu gefangene Tiere sein können, im allgemeinen kommt ein Punkt, wo sie uns damit überraschen, daß sie plötzlich genau das Gegenteil von dem tun, was sie bisher getan haben. Als ich nach Sierra Leone reiste, wollte ich dort unter anderem eine Gruppe Schwarzweiße Stummelaffen (Guerezas) erwerben. Diese schönen Tiere essen in erster Linie Blätter, und für mich ging es also darum, sie zu bewegen, andere Blätter zu fressen als die, die sie gewöhnt waren. Das ging in drei Phasen vor sich; zuerst mußte ich ihnen beibringen, das Grünzeug zu fressen, das wir im einheimischen Lebensmittelgeschäft bekommen konnten; dann mußten sie lernen, das Futter anzunehmen, das wir ihnen auf der Heimreise bieten konnten; und schließlich mußten sie sich daran gewöhnen, das zu essen, was in Jersey zu haben war. Eingedenk dieser Tatsache ließ ich auf dem Schiff, auf dem wir zurückreisen wollten, kistenweise Salat, Kohl, Karotten, Spinat und ähnliche Köstlichkeiten auf Eis legen, von denen ich glaubte, daß sie die Guerezasaffen reizen könnten. All das wurde natürlich lange vor meiner Ankunft in Sierra Leone arrangiert, noch ehe wir wußten, ob wir überhaupt einen Stummelaffen fangen, geschweige denn bis zur Küste hinunterbringen würden. Wir fingen jedoch schließlich sieben dieser Tiere und brachten sie so weit, daß sie die verschiedenen Gemüse, die das einheimische Lebensmittelgeschäft anzubieten hatte, als Futter akzeptierten.
Dann endlich erreichten wir die Küste und gingen an Bord unseres Schiffes. Augenblicklich wurden die Stummelaffen rebellisch. All die Herrlichkeiten, die wir unter enormem Kostenaufwand beschafft und auf das Schiff transportiert hatten, unsere schönen, frischen Kohlköpfe, unser Spinat, unsere Karotten und Tomaten, all das wurde so entschieden abgelehnt, als wäre es reines Gift. Es wurde zu einem Problem, die Affen überhaupt am Leben zu erhalten. Wir konnten nur eines tun. Meine Sekretärin, Ann Peters, wurde dazu bestimmt, den ganzen Tag nichts anderes zu tun als zu versuchen, die Stummelaffen zum Essen zu bringen, während wir anderen uns um die übrigen Tiere kümmerten. Es wurde ein Machtkampf zwischen den Stummelaffen und Ann, aus dem zum Glück Ann als Siegerin hervorging. Mit gutem Zureden und mit Drohungen bewegte sie die Affen dazu, wenigstens soviel zu essen, daß sie nicht verhungerten. Wenn wir erst nach Jersey zurückgekehrt waren, sagte ich mir, hatten wir ja Eichen- und Ulmenblätter, mit denen wir die Affen locken konnten, und alles würde
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