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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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geworden? Wir saßen beieinander wie die Aufsichtsratsmitglieder einer Keksfabrik und testeten unseren Kuchen. Er schmeckte, das fanden wir alle, durchaus akzeptabel und hatte einen angenehmen Beigeschmack nach Nuß. Doch die Tatsache, daß uns der Kuchen schmeckte, half gar nichts. Die Tiere fanden ihn ungenießbar, und daran war nicht zu rütteln. Wir konnten nur eines tun — wir mußten den Geschmack verändern, so daß er für die Tiere reizvoller wurde.
    Die meisten Zutaten, die uns zunächst einfielen, hätten durch die Backhitze ihr Aroma verloren. Erst als wir alle am Ende unserer Weisheit angelangt waren, fiel mir plötzlich ein, daß sich Anis jahrhundertelang als Lockmittel beim Fallenstellen und beim Hundediebstahl bewährt hatte. Wir probierten es aus und zu unserer Erleichterung war der Anisgeschmack klar und deutlich auszumachen. Während wir uns die Krumen von den Lippen wischten, stellten wir einhellig fest, daß der Kuchen jetzt köstlich schmeckte. Zu unserer großen Erleichterung waren die Tiere der gleichen Meinung. Es ist heute ein Vergnügen, einem Gorilla zuzusehen, wie er mit dickem, schwarzen Zeigefinger bedächtig in seinem mit allen möglichen Leckerbissen gefüllten Napf wühlt und behutsam die Biskuits herauszieht, um sie mit geräuschvollem Knurren und Brummen, das höchstes Vergnügen verrät, zu verspeisen.
    Es gab auch eine Variante dieser Zusatzsubstanz, die speziell für Fleischesser entwickelt wurde. Wir streuten sie über das Fleisch und die anderen Nahrungsmittel, die wir Tieren wie Löwen und Servalen fütterten. In Jersey wird ein großer Teil der männlichen Kälber unmittelbar nach der Geburt oder innerhalb weniger Tage nach der Geburt geschlachtet. Ehe wir uns auf der Insel niedergelassen hatten, vergrub man die toten Tiere einfach. Für den menschlichen Genuß war das Fleisch nicht zu verwenden, da die Kälber zu jung waren. Außerdem hatte das Fleisch gelbes Fett, und Fleisch mit gelbem Fett läßt sich aus irgendeinem Grunde nicht verkaufen. Für uns war das natürlich ein Segen. Es bedeutete, daß wir kostenlos praktisch soviel Fleisch haben konnten wie wir wollten. Es hat selbstverständlich große Vorteile, frisches Schlachtfleisch dieser Art einschließlich Knochen, Haut und Magen füttern zu können. Wir stellten jedoch fest, daß das Fleisch dieser jungen Kälber an Vitaminen und Mineralien nicht die Mengen enthielt, die man im Fleisch ausgewachsener Pferde und Rinder findet. Die fehlenden Substanzen für Fleischesser lieferte nun jene Zusatznahrung.
    Ernährungsweise und Krankheit stehen natürlich in direktem Zusammenhang. Füttert man die falsche Kost oder eine Kost, der gewisse Vitamine oder Mineralien fehlen, so öffnet man allen möglichen Krankheiten Tor und Tür. Der schlagende Beweis dafür ist die Geschichte jener tödlichen Krankheit, der Käfiglähmung, die, wie sich herausstellte, mit dem Käfigdasein nicht das geringste zu tun hatte.
    Bei den Primaten, besonders jenen der Neuen Welt, gelegentlich aber auch bei denen der Alten Welt, kam eine merkwürdige Art schleichender Lähmung vor, für die es keine Heilung gab. Sie wurde Käfiglähmung genannt, weil man glaubte, sie würde dadurch verursacht, daß die Tiere in zu kleinen Käfigen eingesperrt waren, wo sie nicht genug Bewegung hatten. Man vermutete, daß dies zu einer Muskelatrophie führe. Mir war jedoch aufgefallen, daß die Krankheit auch bei Affen auftrat, die in weiträumigen Käfigen gehalten wurden. Das schien mir darauf hinzuweisen, daß die Krankheit möglicherweise ihren Ursprung in der Ernährungsweise hatte.
    Als ich noch Tiersammler war, war diese Krankheit bei den gefangenen Primaten wahrscheinlich die am weitesten verbreitete und die ernsteste — da sie ja allem Anschein nach unheilbar war. Sie befiel zuerst ganz langsam und beinahe unmerklich die Hüften und die hinteren Extremitäten des Tieres. Das Tier fing dann an zu schlurfen anstatt zu laufen und pflegte eine Abneigung dagegen zu zeigen, sich viel zu bewegen. Allmählich versagten die Hinterbeine ganz den Dienst, und die Lähmung griff weiter um sich, bis schließlich der ganze Körper von ihr befallen war. Meist jedoch wurden die Tiere lange vor diesem Stadium eingeschläfert, da die Krankheit, wie ich schon sagte, als unheilbar galt. Während meines Aufenthalts in Südamerika hatte ich mehrere Ausbrüche dieser schlimmen Krankheit unter meinen Affen miterlebt, und als ich nach Hause zurückkam, besprach ich die

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