Die Tiere in meiner Arche
20.27 Nandi trinkt Mischung aus warmer Milch und 10%iger Glukoselösung — keine Körperkoordination — trinkt zuerst mit Oberlippe. 20.31 Nandi steht, ruft und trommelt sich auf die Brust. 20.33 steht wieder, ruft und trommelt sich auf die
Brust. Setzt sich dann — ruft länger. 20.35 Trinkt wieder. 21.50 Nandi klettert auf das Bord — Koordination wesentlich besser, ruhiger. 22.15 Sitzt auf dem Bord, läuft auf dem Bord herum. 22.45 Scheint zu schlafen. 23.30 Auf dem Bord — Ruhestellung — recht wach. 24.00 Auf dem Bord, ruht, wirkt ruhig. Lichter ausgeschaltet.
Dank dieser einfachen Umzugsaktion hatten wir jetzt die genauen Gewichte und Maße der beiden Menschenaffen, konnten ihr Blut analysieren, die Nasen-, Hals- und Scheidenabstriche bakteriologisch untersuchen. Zudem wußten wir eine Menge mehr über den Einsatz von Beruhigungs- und Betäubungsmitteln. Wir hatten sie gründlich untersuchen können, was uns sonst, selbst bei diesen relativ zahmen Tieren, niemals gelungen wäre. All diese Informationen wurden der Kartei einverleibt.
Soviel zur wissenschaftlichen Arbeit. Als alles vorbei war, machte ich ein paar Flaschen Champagner auf. Ich fand, wir brauchten das.
Konsequent fortgeführte und detaillierte Aufzeichnungen sind natürlich bei der tiermedizinischen und parasitologischen Forschung von größter Bedeutung. Ein gutes Beispiel dafür, wie unentwirrbar manchmal die Parasitologie mit der Tiermedizin verbunden ist, gibt die traurige Serie von Karten über das Vulkankaninchen in unserer Kartei. Traurig, weil die Karten in der toten Kartei stecken und darauf warten, wieder herausgenommen zu werden, wenn wir in unserem Zoo wieder einige dieser faszinierenden kleinen Tiere haben werden. Das winzige und äußerst seltene Vulkankaninchen findet sich nur auf den erloschenen Vulkanen, die Mexico City umgeben, dem Popocatepetl und dem Ixtacci-huatl. Die Tiere stehen unter strengstem Schutz, doch ist das ein reiner Papierschutz; sie werden gejagt und getötet, ohne Rücksicht auf die Gesetze, die sie schützen sollen. Selbst im Popocatepetl-National-Park, wo man meinen sollte, daß sie wenigstens einen gewissen Schutz finden, sind sie nicht sicher. Die Parkaufseher dort erklärten mir, daß sie die Kaninchen essen. Angesichts dieser Tatsache und eben weil das Verbreitungsgebiet dieses interessanten Tieres so begrenzt ist, schien mir das Vulkankaninchen dringend der Hilfe zu bedürfen. 1968 finanzierte und leitete ich also eine Expedition nach Mexiko, bei der es mein Hauptziel war, eine Zuchtkolonie von Vulkankaninchen zu erwerben.
Die mexikanischen Behörden kamen mir mit großer Höflichkeit und Hilfsbereitschaft entgegen, und nach drei Monaten kehrte ich, erfreut über meinen Erfolg, nach Jersey zurück. Wir hatten sechs Kaninchen erworben und stellten fest, daß die Reise sie kaum zu erschüttern schien. In Jersey gewöhnten sie sich sehr gut ein, und es gelang uns sogar, sie zu züchten. Das war nie zuvor gelungen und daher wirklich ein Triumph. Doch dann kam die Katastrophe: Wir verloren unser einziges männliches Tier, und die Autopsie ergab, daß es an einer Form von Kokzidiose gelitten hatte. Nach einigen Wochen der Sorge gelang es uns, ein weiteres männliches Tier aus Mexiko zu bekommen, doch noch ehe es mit den Weibchen bekanntgemacht werden konnte, starb es ebenfalls. Der Autopsiebefund war der gleiche wie bei dem anderen Tier. Das war für uns von großem Interesse; offenbar brachte das Tier nicht nur eine neue Krankheit mit, sondern eine neue Krankheitsart.
Die Tatsache, daß wir jetzt den Feind des Vulkankaninchens kannten und wußten, wie man ihn bekämpfte, half nichts, denn ich hatte keine zuverlässigen Verbindungen in Mexiko, über die ich Kaninchen hätte bekommen können, um eine neue Kolonie zu gründen. Ich habe aber die Hoffnung nicht aufgegeben, daß ich eines T ages nach Mexiko zurückkehren und weitere Kaninchen erwerben werde, damit wir dieses einzigartige und faszinierende kleine Tier unter kontrollierten Bedingungen züchten und seine Art erhalten können.
Es ist merkwürdig, daß viele Menschen, wenn es um den Tierschutz geht, eine grundlegende Tatsache übersehen: Wenn man ein Tier in der freien Natur schützen und erhalten will, dann muß man nicht nur über das Tier selbst und seine Lebensweise Bescheid wissen, sondern man muß auch seine Wechselbeziehungen zu einer Vielfalt anderer Arten kennen. Simpel ausgedrückt, es ist völlig sinnlos, 5000 Quadratmeilen Savanne
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