Die Tiere in meiner Arche
zum Schutz der Löwen bereitzustellen, wenn es in dem Gebiet keine Antilopen gibt. Wenn man nicht durch Beobachtung — entweder auf freier Wildbahn oder in Gefangenschaft — festgestellt hat, daß der Löwe ein Fleischfresser ist, dann ist alle Arbeit, die man sich macht, um den Löwen zu schützen und zu erhalten, umsonst. Es ist zwar klar, daß zu diesem Zweck die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung studiert werden müssen, unbestreitbar jedoch lassen sich gewisse Vorgänge leichter und manche überhaupt nur beobachten, wenn das Tier unter kontrollierten Bedingungen lebt.
Nehmen wir zwei Beispiele aus unseren Unterlagen: Erstens über die Aufzucht von Igeltanreks. Diese merkwürdigen, igelähnlichen, kleinen Wesen kommen aus Madagaskar. Zu ihren vielen liebenswerten Wesenszügen gehört es, daß sie, wenn man sie hochnimmt, die schlaffe Haut über der Stirn bis zur Nase hinunterziehen, so daß man den Eindruck hat, sie blickten einen mit einem wütenden Stirnrunzeln der Mißbilligung an. Es ist uns gelungen, diese kleinen Insektenesser bis in die fünfte Generation zu züchten. Der Nachwuchs ist in alle Teile der Welt verschickt worden. Unsere Zuchtunterlagen haben eine Vielfalt von Feststellungen über das Verhalten der Tiere, die Zahl der Jungen, den Geburtenvorgang und so weiter ergeben. Die meisten dieser Beobachtungen wären in freier Natur nur unter größtem Kosten- und Zeitaufwand möglich gewesen; manche Erkenntnisse wären uns überhaupt verschlossen geblieben. Vieles von dem, was wir aufgezeichnet haben, kann dem Schutz und der Erhaltung anderer Arten der Tanreks helfen. Es gibt fünfundzwanzig benannte Arten, einige darunter kommen äußerst selten vor. Aufgrund unserer Erfahrungen mit den beiden relativ häufig vorkommenden Arten — den Kleinen und den Großen Igeltanreks — hoffen wir, in der Zukunft stärker gefährdete Arten züchten zu können.
Bei unserer Arbeit mit den Großen Igeltanreks entdeckten wir, daß sie durch Temperaturregelung manipulierbar sind. Wir hielten die Tiere bei einer Temperatur zwischen 27 und 30°C; wenn sie ihren Winterschlaf hielten, senkten wir die Temperatur auf 21 bis 24°C. Dabei stellten wir fest, daß wir durch Regelung der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit die Tanreks das ganze Jahr über aktiv halten konnten und somit in Zeugungsbereitschaft. Unter Anwendung dieser Methode ist es uns gelungen, das Weibchen schon mit zwei Monaten empfängnisfähig zu machen — während bisher der erste Wurf in der Regel nach der zweiten Brunstperiode geboren wurde. Auf diese Weise aber konnte das Weibchen, ohne daß es irgendwie darunter gelitten hätte, zwei- bis dreimal im Jahr werfen. Wenn sich dieses Verfahren auch bei den gefährdeten Arten anwenden ließe, wäre das von ungeheurem Wert für den Aufbau großer, sich selbst erhaltender Zuchtkolonien, die wiederum gewährleisten würden, daß die Art erhalten bleibt. Dies ist ein Beispiel dafür, welche Art von Material ein gut geführter Zoo Zusammentragen kann, und wie hilfreich die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind.
Ein zweites Beispiel für die Nützlichkeit gesammelten Materials stammt aus den Unterlagen über unsere Kolonie Afrikanischer Zibetkatzen. Aus dem ursprünglichen Bestand von zwei Tieren haben wir heute neunundvierzig Tiere gezüchtet und zwölf an vier zoologische Gärten in anderen Teilen der Welt geliefert. Aus unseren Zuchtunterlagen haben wir die Trächtigkeitszeit erarbeitet, die wahrscheinliche Lebensdauer, die normale Anzahl von Jungen und ihre Entwicklung. Die Aufzeichnungen enthalten Angaben über Gewichtszunahme und Wachstumsfortschritte, über das Verhalten während der Paarungszeit, den Geburtsvorgang und so weiter. Tatsächlich haben wir jetzt ein vollständiges Bild vom normalen Zuchtverhalten der Afrikanischen Zibetkatzen. Es setzt sich aus Informationen zusammen, die in freier Natur nur unter großen Schwierigkeiten oder gar nicht hätten gesammelt werden können.
Erst vor kurzem hat sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten eine Welle der Zoogegnerschaft und zoofeindlicher Propaganda um sich gegriffen. Die wissenschaftlich geneigten Kritiker verurteilten den Zoologischen Garten wegen seines Mangels an ernsthafter wissenschaftlicher Arbeit. Die Kritik ist bei allzu vielen zoologischen Sammlungen nur allzu berechtigt. Und in jenen Zoos, wo man tatsächlich versucht, Daten zu sammeln, sind die Ergebnisse manchmal so jämmerlich, daß man den Zorn eines
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