Die Tigerin
können?«
»Falls sie gelogen hat !« fauchte er. »Aber was für einen Grund könnte sie gehabt
haben, mich zu hintergehen — wie Sie das soeben charmanterweise formuliert haben ?«
»Woher soll ich das wissen ?« sagte ich. »Wie ich Ihnen gegenüber schon vorher bemerkte
— die Sache ist nicht auf meinem Mist gewachsen .«
»Wir haben uns gegenseitig sehr
geliebt«, sagte er ruhig, »und wir beabsichtigten zu heiraten .«
»Natürlich.« Ich nickte
höflich. »Ich erwähne dies ja auch nur, weil ich nach wie vor nach dem Mörder
suche, Doktor. Das ist mein ganzer Beweggrund .«
»Ich weiß das«, bellte er.
»Aber ich finde es zunehmend schwieriger, mir dessen immer bewußt zu sein.
Haben Sie noch weitere Fragen, Lieutenant ?«
»Ich glaube nicht«, sagte ich.
»Wer soll denn der Mann sein —
mit dem nach Frank Corben Bernice angeblich dieses
Doppelleben geführt hat ?« fragte er sarkastisch.
»Hal Baker«, sagte ich.
»Baker?« Er lachte heiser. »Ich
könnte mir nichts Unwahrscheinlicheres als diesen Baker vorstellen! Bernice würde
an einem Mann wie ihm niemals etwas Anziehendes gefunden haben .«
»Sie müssen es wissen, Doktor«,
sagte ich und zuckte die Schultern. »Es war also eine falsche Spur .«
Seine Finger begannen mit
plötzlicher und wachsender Heftigkeit, auf die Schreibtischplatte zu trommeln,
während die Venen auf seiner Stirn hervortraten.
»Vielleicht doch nicht«,
flüsterte er. »Ich habe mich so verdammt bemüht, an diese Migränen zu glauben,
aber ich konnte mich nie ganz zu der Überzeugung durchringen, daß sie echt
waren .« Einige Sekunden lang starrte er ausdruckslos
auf ein Stück Wand hinter meinem Kopf, während sich sein Mund zu einer
häßlichen Grimasse verzog.
»Sie benahm sich in diesen
letzten zwei Monaten ein bißchen seltsam. Manchmal war sie wild erregt, und
andere Male wieder tief niedergeschlagen .« Er
versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht. »Das ist der Nachteil, wenn man
alles mit den Augen eines Psychiaters sieht, Lieutenant. Man ist einfach von
Natur aus mißtrauisch. Man entgeht auch der Zwangsvorstellung nicht, andauernd
an einen Fall von beginnender Geistesgestörtheit zu denken. Die
Unregelmäßigkeit ihrer himmelhochjauchzenden und ihrer depressiven Phasen
begannen, mich zu beunruhigen — ich sah darin möglicherweise Symptome einer
Frühschizophrenie. Verstehen Sie ?«
»Ganz vage«, sagte ich.
»Aber der Gefühlskonflikt und
die Nervenbelastung, die bei einem derartigen Doppelleben entstehen müssen,
würden unzweifelhaft dieselben Symptome gezeigt haben — und sie hätten in der
Tat leicht eine echte Migräne hervorrufen und ihr damit gleichzeitig eine
vollkommen wahrheitsgemäße Entschuldigung liefern können .«
»Aber Sie wissen es nicht genau ?« fragte ich. »Sie bekamen niemals einen endgültigen Beweis ?«
Er schüttelte kläglich den
Kopf. »Nicht den geringsten, Lieutenant.«
»Dieser Baker ist ein höchst
gewalttätiger Mensch«, sagte ich. »Das mag der Grund sein, weshalb Corben sich ursprünglich mit ihm zusammen getan hat .«
»Es klingt wenigstens logisch«,
sagte er tonlos.
»Wenn es möglich wäre, eine
Verbindung zwischen ihm und Bernice Kains zu
beweisen, würden wir möglicherweise sein Motiv für einen Mord klarstellen .«
»Sie würden mehr als das,
Lieutenant«, sagte er ironisch. »Sie würden mein eigenes Motiv klarstellen .«
»Ich habe daran gedacht«, gab
ich zu. »Haben Sie ein Alibi für die Nacht, in der Miss Kains ermordet wurde, Doktor ?«
»Nein. Es war so kurz nach dem
Tod meiner Frau. Ich glaube, ich habe Ihnen erzählt, daß Bernice und ich
übereinkamen, uns vor dem Begräbnis nicht mehr zu sehen. Infolgedessen war ich in
dieser Nacht allein zu Hause, Lieutenant .« Plötzlich
ballte er die Hand zu einer Faust und schlug sie auf den Tisch. »Himmel — da
ist noch was, das mir jetzt einfällt! Es war ihr Vorschlag, daß wir uns in
dieser Zeit nicht sehen sollten. Glauben Sie, das war eine Ausrede, um mit
Baker zusammen zu sein — statt mit mir ?«
»Möglicherweise«, sagte ich.
»Vermutlich würde uns das nur Baker sagen können, und daß er das tut, ist nicht
sehr wahrscheinlich .«
»Ich wünsche Ihnen Glück,
Lieutenant«, sagte Thorro brüsk. »Wenn Sie mich jetzt
entschuldigen — ich habe draußen einen Patienten warten .«
»Aber bitte, Doktor«, sagte
ich, während ich mich aus dem Sessel erhob. »Wenn diese Geschichte weiterhin
einen Verlauf nimmt wie bisher, ist es
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