Die Time Catcher
rechtzeitig wieder hier sein. Doch gibt es da ein Problem. Da Phoebe über all unsere Reisen in die Vergangenheit Buch führt, wird Onkel zwangsläufig von meinem Abstecher erfahren. Und Mario natürlich auch.
Vielleicht könnte ich Phoebe auch hypnotisieren und die Aufzeichnungen über meine Extratour löschen, während sie sich in Trance befindet. Allerdings habe ich keine Ahnung, wie man das anstellt. Aber warum zerbreche ich mir eigentlich den Kopf darüber? Wenn irgendjemand all meine Wege kontrolliert, kriege ich sowieso Ärger.
»B in gleich zurück«, teile ich Abbie mit.
Ein Glöckchen bimmelt, als ich den Laden betrete. Es ist schummrig und leise, die Luft stickig und abgestanden. Ein Mann in einer grünen Weste steht vor einer polierten Theke aus Eichenholz. Hinter ihm auf den Regalen drängen sich vielleicht hundert Flaschen in allen Größen, Farben und Formen. Hinter mir höre ich schlurfende Schritte. Ich scheine also zumindest nicht der einzige Kunde zu sein.
»E ntschuldigung … kann man diese Soldaten kaufen?«, frage ich und zeige auf das Schaufenster.
Der Mann blickt auf, zieht eine nicht angezündete Pfeife aus seinem Mund und kneift die Augen hinter dem Drahtgestell seiner Brille zusammen.
»N orman, hab ich mir gesagt, der Bursche ist ein Grosvenor. Aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Weil deine Ausdrucksweise zu gewählt ist. Also doch wohl eher ein Cunningham. Andererseits ist dein Gesicht für einen Cunningham zu spitz. Besser so. Ist ja ein einziger Haufen von Nichtsnutzen und so hässlich wie die Sünde, dass man ihnen permanent eine verpassen möchte. Du bist mir ein Rätsel, Junge. Also in Dreiteufelsnamen, wer bist du?«
Ich strecke den Rücken und antworte. »M ein Name ist Robert. Robert … Franklin«, füge ich rasch hinzu.
Er zündet seine Pfeife an, steckt sie sich in den Mund und mustert mich mit gerunzelter Stirn von Kopf bis Fuß.
»F ranklin, Franklin«, murmelt er. »K ann nicht behaupten, dass ich irgendwelche Franklins aus Bridgeport kenne. Du hältst mich doch nicht zum Narren, Junge?«
»O h, nein«, versichere ich und vermute, dass dies eine schlechte Idee wäre. »I ch komme … aus Kanada«, lüge ich.
»P otztausend, wer hätte das gedacht?« Er zieht seine Pfeife aus dem Mund und entblößt lächelnd seine schiefen Zähne.
Normalerweise habe ich gegen ein bisschen Smalltalk nichts einzuwenden, doch Abbie wartet auf mich. Außerdem habe ich noch jede Menge zu tun. Ich gehe zum Schaufenster hinüber und nehme einen kleinen Soldaten vom Schlachtfeld.
Obwohl er keine zehn Zentimeter groß ist, sieht er fantastisch aus: Er trägt einen marineblauen Soldatenrock mit weißen Biesen, die sich die Ärmel hinabziehen. Mit den Händen umfasst er ein Gewehr, an dem ein langes Bajonett befestigt ist.
»W ie viel kostet der?«, frage ich.
Norman kichert und bläst einen blaugrauen Rauchkringel in die Luft. »D u hast ein gutes Auge, Junge. Hast dir den dicksten Fisch geangelt. Aber leider verkauf ich den nicht.«
Mit einer einzigen Bewegung nimmt er mir die Figur aus der Hand und stellt sie auf das Schlachtfeld zurück.
»W enn die Rebellen auch nur die geringste Chance haben wollen, den loyalistischen Schurken den Garaus zu machen, dann sind sie auf den unbeugsamen Mut dieses Mannes angewiesen, Captain Randolph Percival.«
Ich wühle in meiner Tasche. Ich hätte schören können, dass ich für diese Mission vier halbe Dollar bewilligt bekommen habe, finde aber nur drei Münzen.
Ich ziehe eine Münze aus der Tasche und drücke sie Norman in die Hand.
»U nter keinen Umständen«, bekräftigt er. »A lle Männer blicken zu ihm auf. Ohne ihn wären sie wie Dürstende in der Wüste, wie einsame Matrosen auf hoher See, mit einem Wort: führungslos.« Seine Hand bleibt geöffnet.
Ich angele eine zweite Münze aus meiner Tasche und lege sie neben die erste.
»S ie wären am Boden zerstört, ohne jede Hoffnung«, fügt Norman hinzu. Seine Hand ist immer noch geöffnet, doch der Pfeifenstummel in seinem Mund ist heftig in Bewegung geraten.
Mir bricht der Schweiß aus. Nur noch eine Münze. Und wenn ich sie später noch brauche? Ich hätte mir die Figur leicht in die Tasche stecken können, als er nicht hingeschaut hat. Aber das wäre Diebstahl gewesen. Und falls ich es irgendwie vermeiden kann, stehle ich nur auf den Missionen.
Ich ziehe also meine letzte Münze aus der Tasche und lege sie zu den beiden anderen. Seine Finger schließen sich gierig darum wie
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