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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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Schwein am Spieß braten lassen. Gewöhnlich war das Fleisch bei Tisch gewürzt, gezuckert und so weit zerkleinert, dass man es löffeln konnte.
    Robert, Duke of Hibernia, hatte jetzt den Platz neben dem König verlassen und stand ebenfalls lachend neben Solay. Dieser Mann allein brachte Justin schon dazu, die Stirn zu runzeln. Er stand dem König so nahe, dass er sich einzubilden schien, auch er wäre königlichen Geblüts.
    Und so, wie sie ihn mit großen Augen ansah, schien auch Solay um die Stellung des Dukes zu wissen.
    Wieder hörte er ihr heiteres Lachen.
    Genau wie ihre Mutter würde sie lügen und betrügen und jedermann benutzen, um das zu bekommen, was sie wollte. Während der letzten beiden Tage war er ihr aus dem Weg gegangen, doch da er ihren Motiven nicht traute, hatte er sie aus der Ferne beobachtet.
    Sei ehrlich zu dir selbst, Lamont. Dies hier hat nichts mit dei nem Misstrauen ihr gegenüber zu tun. Du kannst einfach nur die Augen nicht abwenden von dieser Frau.
    Wie hatte er sich dazu überreden lassen, ihre Lügen zu unterstützen? Nun war auch er von ihrer Falschheit befleckt, und anstatt ihm zu danken, beschuldigte sie ihn unlauterer Absichten. Er sollte sie verraten und vom Hofe vertreiben lassen.
    Aber dann erinnerte er sich an den Schmerz in ihren Augen.
    Für eine leidende Frau hatte er sich immer schon zum Narren gemacht.
    Vielleicht sogar mehr als nur zum Narren, denn der Schmerz, den er zu sehen glaubte, war wahrscheinlich genauso falsch wie ihre dargebotenen Küsse.
    Gloucester gesellte sich zu ihm, einen Kelch mit Wein in der Hand. „Eure Blicke sind stets auf Lady Solay gerichtet.“
    „Sie zieht die Blicke aller Männer im Raum an.“ Die meisten hatten sie lüstern betrachtet, solange sie es ihnen erlaubt hatte. „Ich habe sogar gesehen, dass sie mit Euch sprach.“
    Gloucester lächelte. „Sie besitzt das Talent ihrer Mutter, mächtigen Männern zu gefallen, aber wenn sie einen Gemahl suchen sollte, wird es für sie nicht leicht sein, einen zu finden, der sie haben will.“ Lachend grüßte er mit seinem Kelch und ging weiter die Halle hinunter.
    Gemahl. Erschrocken sah Justin sich in der Menge um. Sie lächelte dem Earl of Redmon zu, der kürzlich zum Witwer wurde, als seine dritte Frau die Treppe hinuntergefallen war. Warum hatte er bisher nicht daran gedacht, dass sie heiraten könnte? Ein Ehemann würde ihr mehr nützen als eine finanzielle Zuwendung, wenn er nur genug besaß und bereit war, Alys Weston als Schwiegermutter zu akzeptieren.
    Und der richtige Ehemann brauchte nicht die Zustimmung des Rates. Nur die des Königs.
    Er sah zur Empore hinüber. Trotz der heiteren Festtage blickte der König genauso finster drein wie Justin. Seit er dem König gesagt hatte, dass der Rat seine Pläne nicht billigte, war Richard schlechter Laune.
    Auch heute Abend schmollte er, während der arme Narr versuchte, Heiterkeit zu verbreiten, indem er die unmöglichsten Paare dazu aufforderte, sich zu umarmen.
    So zwang er Hibernia dazu, Lady Agnes zu umarmen. Hibernia und Agnes schienen das sehr zu genießen, seiner Gemahlin dagegen gefiel es weniger.
    Als Justin ein Lächeln auf Solays Lippen sah, fragte er sich, was sich dahinter verbergen mochte.
    Bei dem Gedanken verfinsterte sich seine Miene noch mehr. Und als der Narrenkönig seine Krone vor ihm hin und her schwenkte und ihm damit die Sicht auf Solay versperrte, stöhnte Justin nur unwillig.
    Der Narr jedoch ließ sich nicht abweisen. „Und hier haben wir noch einen Mann, der etwas mehr weihnachtliche Heiterkeit zeigen sollte. Wen würdet Ihr heute Abend gern küssen?“
    „Niemanden. Lasst mich in Ruhe.“
    „Ah, aber Ihr habt Lady Solay beobachtet und Eure Blicke auf sie gerichtet. Würdet Ihr dasselbe auch gern mit Euren Lippen tun?“
    Als sie ihren Namen hörte, sah Solay zu ihm hinüber.
    Sein ganzer Körper sehnte sich danach, zu antworten. Er hatte ihre Küsse bereits abgewehrt, aber die Männer, mit denen sie sich heute umgab, taten das vielleicht nicht. Der Wein hatte seinen Widerstand geschwächt. Gewiss verdiente auch er es, einmal zu kosten. „Ja“, erwiderte er. „Ich würde die Tochter der Sonne gern küssen.“
    Sie riss die Augen auf und öffnete ein wenig den Mund, als wollte sie etwas sagen, aber kein Laut kam über ihre Lippen.
    Die Essenden neben ihm verstummten. Lag es daran, dass er es wagte, die Tochter eines Königs zu küssen, oder dass niemand daran erinnert werden wollte, wer sie war?
    Das Geplapper

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