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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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Dunkle Jahre, nachdem der Tod des alten Königs die Sonne ausgelöscht hatte.
    „Aber Ihr überlebtet.“ Kein Mitleid schwang in seiner Stimme mit.
    Sie verdrängte die Erinnerung. Viel zu viel hatte sie schon von sich und ihren Bedürfnissen gesprochen. „War die Welt niemals hart zu Euch?“
    „Nicht mehr als zu den meisten.“ Schmerz sprach aus seiner Antwort, aber welche Schwäche auch immer ihn auf das Dach getrieben hatte mit dem Wunsch, sich zu entschuldigen – sie verflog, als er sie ansah. „Versucht nicht, mit meinen Gefühlen zu spielen. Was Eure Zuwendung betrifft, so werde ich meine Meinung nicht ändern.“
    Die Erinnerung an den Kuss stand zwischen ihnen. Würde es seine Meinung ändern, wenn sie an seinen Gerechtigkeitssinn appellierte? „König Richard hat seinen Schreibern mehr gegeben, als wir brauchen würden.“
    „Und die verdienen es ebenso wenig.“
    „Sie verdienen es nicht?“ Trotz ihres Entschlusses kamen ihr harte Worte in den Sinn. „Darüber entscheidet der König, nicht Ihr.“
    „Das sieht das Parlament anders.“
    „Das Parlament!“ Sie spie das Wort geradezu aus. „Diese gierigen Raubvögel haben uns alles genommen, nicht nur das, was der König uns mit Freuden schenkte, sondern auch die Ländereien, die meine Mutter von ihrem eigenen Vermögen erworben hatte.“
    „Land, das sie anderen wegnahm und nicht brauchte.“
    „Sie brauchte es, um uns nach seinem Tod zu ernähren.“
    „Dafür hatte sie einen Ehemann. Auch Ihr solltet Euch einen Ehemann suchen.“
    „Jetzt macht Ihr Euch über mich lustig.“ Ehemänner waren etwas für Frauen mit Mitgift und einer angesehenen Familie. „Mich würde niemand nehmen.“
    „Wenn der König es verlangte, würde jemand es tun.“
    „Dann sollte ich ihn vielleicht fragen.“ Schon bei dem Gedanken wurde ihr schwindelig.
    Er packte sie am Arm und zwang sie dazu, ihn anzusehen. Seine Augen schienen zu glühen. „Lasst Euch nicht von ihm zwingen. Heiratet nur, wenn es um jemanden geht, den Ihr auch wollt.“
    Das Herz schlug ihr bis in die Kehle, als sie ihn ansah. Deswegen hatte ihre Mutter sie vor diesem Gefühl gewarnt. Wenn der König eine Entscheidung traf, zählte es nicht, wen sie wollte.
    Sie trat zurück, und er ließ die Hand sinken. „Wenn jemand mich heiratet, könnt Ihr gewiss sein, dass ich ihn will.“
    Verachtung trat in seinen Blick – oder war es Traurigkeit? „Und wenn nicht, dann erzählt Ihr ihm das Gegenteil.“ Die strahlenden Farben der Morgenröte verblassten, als die Sonne höher stieg. Der Himmel war farblos, das Licht ohne Wärme. „Hier ist Eure Sonne, Lady Solay“, sagte er und wandte sich zur Treppe. „Mag sie Euch im neuen Jahr einen Ehemann bringen.“
    Während seine Schritte verhallten, umkreisten ihre Gedanken das Bild, das er hervorgerufen hatte. Eine Heirat. Jemand, der für sie sorgte.
    Sie zog ihren Umhang fester und ließ das Traumbild mit dem Wind davonwehen. Es war besser, den König mit einem schönen Gedicht und einer vielversprechenden Zukunft zu erfreuen.
    Aber Justins Worte beschäftigten sie weiterhin. Vielleicht hatte er ihr, ohne es zu wollen, einen Weg gezeigt, wie sie den Rat umgehen konnte.
    Wenn der König nicht über die Macht verfügte, ihrer Familie Unterhalt zu bewilligen, dann könnte er vielleicht eine Verbindung für sie finden mit einer Familie, die nicht zulassen würde, das die ihre hungerte.
    Und wenn der König großzügig genug wäre, ihr einen Ehemann zu finden, dann würde sie nehmen, wen immer er ihr gab – auch wenn die Küsse dieses Mannes ihr nichts bedeuteten.

5. KAPITEL
    Als die bleiche Sonne am letzten Tag des Jahres am höchsten stand, legte Solay verzweifelt die astrologischen Tafeln zur Seite. Sie verstand kein Latein, daher konnte sie den Text darauf nicht lesen. In einer Woche würden die Weihnachtsgäste fort sein und sie mit ihnen, außer es gelang ihr, aus den Sternbildern eine Geschichte zu lesen, die dem König gefiel.
    Ehe sie etwas erfand, wollte sie versuchen, die Wahrheit zu entziffern, aber die Symbole in der Karte, die der alte Astrologe gezeichnet hatte, verschwammen ihr vor den Augen.
    Sie wagte es nicht, jemanden außer Agnes um Hilfe zu bitten. Als sie gefragt hatte, welche bösen Omen der alte Astrologe gesehen hatte, war Agnes’ ohnehin blasses Gesicht noch bleicher geworden.
    „Er sagte, der König muss die Freundschaft zu dem Duke of Hibernia aufgeben, oder das Königreich gerät in Gefahr.“
    Kein Wunder, dass man

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