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Die Tochter der Dirne

Die Tochter der Dirne

Titel: Die Tochter der Dirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BLYTHE GIFFORD
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Zwang, alles anzuzweifeln.
    „Weil ich Lady Agnes kurz nach dem Mahl sah. Sie lachte und freute sich auf ihre Rolle. Wo ist sie?“
    „Sie musste plötzlich ins Bett“, sagte sie und hoffte noch immer, Agnes’ Sünde verheimlichen zu können.
    „Davon bin ich überzeugt, aber nicht wegen einer Krankheit und nicht allein.“ Missbilligend runzelte er die Stirn.
    „Ich sage Euch, sie fühlte sich nicht gut.“ Sie redete einfach weiter in dem Bemühen, ihn zu überzeugen. „Sie muss zu viel von dem Hühnchen mit Safran gegessen haben.“
    „Ihr seid die Einzige, die glaubt, dass Hibernias Affäre mit Lady Agnes ein Geheimnis ist.“
    Sie erbleichte. „Ich bin gerade erst an den Hof gekommen.“ Wo es gefährlich sein konnte, solche Geheimnisse nicht zu kennen. Kein Wunder, dass ihr die Livree des Pagen vertraut vorgekommen war. Der Duke war der engste Freund des Königs. Arme, dumme Agnes. „Und wenn es so wäre, so wäre es niemandem von Nutzen, heute Abend darüber zu sprechen.“
    „Ihr scheint nur Geheimnisse zu bergen, Lady Solay. Erwartet nicht, dass ich sie für immer bewahre.“
    „Letzte Nacht verweigerte ich Euch einen Kuss.“ Man hatte ihr gesagt, dass der Körper einer Frau einen Mann unterwerfen konnte, aber sie wusste nur wenig darüber, wie das vor sich ging. Sie beugte sich zu ihm, ihre weichen Brüste berührten ihn, und sie versuchte, ihren verräterischen Körper zu beherrschen, der in seiner Nähe so schnell schwach wurde. „Vielleicht wollt Ihr ihn jetzt?“
    Er hob die Arme. Sie wartete, sehnte sich danach, dass er sie berührte.
    Stattdessen ballte er die Hände zu Fäusten. Unterhalb seines Gürtels spürte er untrüglich sein Verlangen.
    Dann stieß er sie von sich weg. „Ihr seid wie Eure Mutter.“ Er sprach die Worte, als wollte er sie verfluchen.
    Sie umfasste seinen Ärmel und unterdrückte ihren Zorn. Sie hatte versucht, mit ihm über ihre Mutter zu sprechen, aber dieser unerbittliche Mann besaß kein Mitleid. Und jetzt hatte ihr dummes Verhalten ihn nur in seinem Misstrauen bestärkt.
    Sie schluckte ihre Gefühle herunter und versuchte, klar zu denken. „Was wollt Ihr? Was kann ich Euch geben?“
    Die harten Züge seines Gesichts verrieten nicht mehr über seine Gefühle, als wären sie aus Stein gemeißelt. „Nichts. Der Rat wird sich nicht von Küssen umstimmen lassen, Lady Solay.“ Er löste ihre Finger von seinem Ärmel. „Und ich ebenso wenig.“
    Erschüttert sah Solay ihm nach, als er davonging, und die Angst erstickte sowohl ihr Begehren als auch ihren Zorn. Sie wusste, wie man Männer betörte. Selbst den König hatte sie beeinflussen können, aber dieser Mann – er vermochte fast allem zu widerstehen, was sie anbot. Dieser Mann konnte alles verderben.
    Sie zog sich die Kapuze über den Kopf und eilte zurück zu ihrer Kammer, wo sie vorsichtig klopfte, ehe sie eintrat.
    Es roch nach Liebe. Der Duft verwirrte sie. Wie mochte es sein, so viel Nähe zu teilen?
    Agnes lag unter den Decken, und auf ihren runden Wangen zeigten sich die Spuren von Tränen.
    Hatte sie so schnell ihre traurige Lektion lernen müssen? „Was ist los?“
    „Morgen kommt seine Gemahlin.“
    Sie hatte sich schon gefragt, wo die Duchess wohl sein mochte, da doch alle Günstlinge des Königs in Windsor versammelt waren. Vielleicht war sie fortgeblieben, um es sich zu ersparen, hier in Verlegenheit gebracht zu werden. „Sie reist am Weihnachtstag?“ Die Gerüchte mussten sie angezogen haben, um ihren Ruf zu retten. Das erklärte die Dringlichkeit, mit der Agnes noch einmal das Bett mit ihrem Liebhaber teilen wollte. Gewiss würde sie keine Gelegenheit mehr dazu haben, wenn seine Gemahlin erst einmal eingetroffen war.
    Statt einer Antwort zuckte Agnes mit den Achseln. Im Angesicht des Unglücks hatte es ihr die Sprache verschlagen. Sie nahm ein kleines weißes Stück Stoff und putzte sich die Nase.
    Solay setzte sich auf die Bettkante und tätschelte ihr den Arm. „Es ist schon gut. Alles wird wieder gut“, sagte sie, ohne es ernst zu meinen. So viel Gutgläubigkeit konnte nur zu Schmerzen führen. Was hatte das dumme Gänschen erwartet? Dass er seine Gemahlin für die Geliebte verlassen würde?
    Agnes setzte sich im Bett auf und schniefte. „Ich weiß. Ihr habt recht. Ich muss Geduld haben.“ Sie drückte Solays Hände. „Danke. Ihr seid eine echte Freundin.“
    Solay blinzelte. Sie kannte nur wenige Frauen, und keine hatte sie je ihre Freundin genannt. Frauen mochten sie nicht, das

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