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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Anker gelichtet und die Segel gehisst werden sollten: Endlich weiter, endlich nach Hagobaven! Die Lichterburg wartete.
    Cahn Rosch und sein Bruder legten den Aufbruch für den Neumond des dritten Mondes fest; es war das Jahr 490 nach der Götternacht. Fünf Tage zuvor begannen die Poruzzen das Winterlager abzubrechen. Auch Katanjas Kräuterküche wurde in die Esvalya verladen. Der Capotan teilte ihr die zweitgrößte Kajüte an Bord zu. Sie lag unter dem Ruderhaus und direkt gegenüber einer Kajüte, in der Waller Rosch mit Brüdern und Cousins hauste.
    Sofort erkannte Katanja die Berechnung, die hinter dieser Kajütenwahl stand. Natürlich hatte Cahn Rosch gemerkt, dass sein Sohn in die Seherin verliebt war - das ganze Schiff machte sich schon darüber lustig -, und wollte die Frau aus Altbergen enger an seine Sippe binden. Katanja aber empfand nicht mehr als freundschaftliche Zuneigung für Waller Rosch. Manchmal fragte sie sich, ob sie ihn vielleicht doch eines Tages würde lieben können. Wenn sie dann aber versuchte, sich seine Küsse und seine Umarmung vorzustellen, musste sie an Janner denken.
    Zwei Tage vor Neumond saß Katanja in Felle gehüllt auf dem erhöhten Heck der Esvalya. Der Capotan hatte ihr dort einen kleinen Tisch festschrauben und einen Sessel hinstellen lassen, den er irgendjemandem geraubt hatte. Es war kurz nach Einbruch der Dämmerung, durch ihr Fernrohr beobachtete Katanja die ersten aufgehenden Sterne. Die meisten Männer und Frauen hatten sich auf ihre Nachtlager zurückgezogen. Der Strom gurgelte an der Bordwand entlang, hin und wieder fuhr eine Windböe in die Takelage. Auf dem Außendeck zog der Affe Polderau das Rollbrett mit dem wahnsinnigen Zorcan zwischen Heck und Bug hin und her. Katanja hatte es durchgesetzt, dass der Capotan seinen ältesten Sohn nicht länger in der Dunkelheit des Laderaums versteckte. Auf der Heckreling brannte Katanjas Öllampe, daneben hockte der Blaue und äugte in die heraufziehende Nacht. Ein Buch lag aufgeschlagen auf dem Schoß der Frau aus Altbergen.
    Vom Ruderhaus aus beobachteten die wachhabenden Seeräuber die Sterneguckerin. Unter ihnen Waller Rosch. Seit sie von der herbstlichen Expedition in die Berge zurückgekehrt waren, lernte er bei Katanja lesen und schreiben.
    Der abnehmende Mond ging auf. Der Blaue spreizte sein Gefieder und schwang sich von der Reling. Lautlos verschwand er in der heraufziehenden Nacht. Wenig später krächzte er irgendwo über Katanja. Er krächzte wieder und wieder; so lange, bis einige der Poruzzen zu fluchen begannen und Katanja endlich in die Takelage hinaufblickte. Nicht weit über ihr, auf dem unteren zusammengerollten Segel des Kreuzbrammastes, entdeckte sie die Umrisse zweier Kolks.
    Sie sprang auf. »Nicht schießen!«
    Die beiden Wachen, die schon Pfeile in ihre Bogensehnen gespannt hatten, ließen ihre Waffen wieder sinken.
    Katanja griff sich ihre Öllampe, stieg die Stufen vom Heck hinunter, trat an den Mast. Der Blaue schwang sich aus der Takelage und landete auf ihrer Schulter. Sie hob die Lampe. Der Lichtschein wanderte über die Rahen und fiel schließlich auf schiefergraues Gefieder.
    »Merkur!« Jähe Freude trieb ihr die Tränen in die Augen. »Komm zu mir, treuer Merkur!«
    Der Rabenvogel schwang sich aus dem Mast und landete auf der Reling. Sein Federkleid glänzte im Lampenschein. »Bist du zurückgekehrt ...?« Sie streichelte sein Rückengefieder. »Bist du tatsächlich zurückgekehrt?« Zerzaust sah er aus und dürrer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Eine dunkelgrüne Lederkapsel hing an seiner linken Klaue - Grittanas Farbe.
    Katanjas Herz schlug höher.
    Zärtlich sprach sie mit ihm und streichelte ihn weiter, während sie mit zitternden Fingern nach der Kapsel tastete. Waller Rosch und die wachhabenden Poruzzen beobachteten sie. Der Affe schob das Rollbrett zu ihr. Auch er und Zorcan blickten neugierig zu ihr herauf. Katanja achtete auf niemanden. Sie hatte nur Augen für die Briefkapsel. Behutsam band sie das Leder los, brach die Wachskappe auf und zog an einem Wachspfropfen einen fest zusammengerollten Brief heraus.
    Ihre Finger gehorchten ihr kaum, während sie das Wachs vom dünnen Pergament löste. Wie lange war es her, dass sie ihre Lieben gesprochen, gesehen hatte? An Polderau und Zorcan vorbei stieg sie die Stufen zu ihrem Platz am Heck hinauf, stellte die Öllampe auf den Tisch und sank in ihren Sessel. Im Lampenschein entrollte sie vorsichtig das feine Pergament. Wie eine

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