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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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bestand aus rostigen Eisenbalken und einem Schneebrett darüber. Ein kahler Busch wuchs vor der zerbrochenen Türöffnung, blattloses Geäst voller Eiszapfen verdeckte die Mauerlücken zum Teil. Gefrorenes Moos bedeckte den Boden.
    Ein Mann mit blondem Langhaar kroch aus der Schachtöffnung -Henner, der Späher aus Hagobaven. Ein zweiter, größerer Mann folgte ihm. Er trug einen weißen Fellmantel und hatte lange schwarze Locken. Sie nannten ihn Tiban, angeblich stammte er aus dem Südland. Genaueres wusste Jacub nicht. Diese Unterirdischen geizten mit Worten, wenn es um ihresgleichen ging.
    Fellmäntel und Fellkapuzen verhüllten die drei Männer bis an die Nasenspitzen. Seit drei Monden drückte der Winter das Land unter seine eisige Knute. Dabei hatte das neue Jahr noch gar nicht angefangen.
    An der Türöffnung und den Lücken im Gemäuer zogen Jacubs Gefährten Binoculars aus den Taschen und richteten sie auf die Schneelandschaft außerhalb der Ruine. Er selbst spähte durch Katanjas altes Fernrohr. Die weiße Winterlandschaft wirkte so weit und leer, dass Jacub ganz klamm ums Herz wurde. Der Himmel darüber war grau. Das Meer sah man von hier aus nicht. Vogel saßen im Schnee oder kreisten am grauen Himmel.
    Das unterirdische Labyrinth der Sozietät von Hagobaven erstreckte sich über eine weite Fläche von der Inselmitte bis zu den östlichen Küstenabschnitten einer großen Ruinenstadt. Insgeheim bewunderte Jacub die Menschen, die über fast tausend Winter hinweg ein solches Bauwerk errichtet hatten. Es gab nur einen einzigen Zugang aus dem Labyrinth in die von den Fremden besetzte Erdstadt der Sozietät, aber Dutzende Schächte führten zur Erdoberfläche hinauf. Meistens in Höhlen hinein oder in Ruinen wie diese hier.
    »Möwen und Graukolks!«, sagte Henner. »Auch hier ziehen sie ihre Kreise!«
    »Elende Biester«, schimpfte Jacub. »Werden wir sie denn niemals los?«
    »Lasst uns verschwinden.« Tiban huschte zurück zum Schachteingang. »Ich will nicht wissen, wer außer uns diese Vögel noch beobachtet.«
    Jacub steckte das Fernrohr, Henner sein Doppelglas ein und beide kletterten hinter Tiban her zurück in den Schacht. Henner verschloss ihn wieder mit der Steinplatte. Unten wartete Yiou. Über zwei mit starken Metallschotten gesicherte Schleusen gelangten die Männer und die Großkatze in einen schmalen Stollen. Durch ihn liefen sie zurück zur Wohnhöhle, in der sie seit vier Tagen lagerten.
    Es war das neunte Mal, dass sie ihren unterirdischen Lagerplatz verlegt hatten, das neunte Mal, dass Jacub und die Späher das Gelände über dem neuen Lagerplatz auskundschafteten und das neunte Mal, dass sie Graukolks und Möwen entdeckten.
    Es gab keinen Zweifel mehr: Die Vögel verfolgten sie. Wenig später ereichten sie die Höhle. Ein Feuer brannte in ihr. Der Rauch zog durch einen Schacht im Zenit der Kuppeldecke ab. Nur an ausgewählten Stellen des Labyrinths durften Lagerfeuer entzündet werden. Ein sorgfältig konstruiertes Rohrleitungssystem leitete den Rauch in unzugängliche Meeresgrotten an der Westküste. Jacub sah alle Gefährten um das Feuer sitzen und heißen Tee schlürfen: Svervagos, seine Nordmänner, die ungeliebten Roschs, den lästigen Affen, sechs Männer und Frauen der Sozietät, wie die aus Hagobaven ihr Volk nannten, und schließlich seinen Ziehvater und den einbeinigen Weronius; der schiefergraue Kolk mit dem in Jacubs Ohren so fremdartigen Namen Merkur hockte auf der Schulter des dicken Kahlkopfs und schlief.
    Und die Frau sah er auch dort sitzen. Die zierliche Frau mit dem klaren, schönen Gesicht und den Silberfäden in den langen blauschwarzen Locken; die Frau, deren forschenden Blicken Jacub viel zu oft auswich und in deren Nähe es seltsam still wurde in seiner Brust. Katanja.
    »Und?«, fragte sie.
    »Sie kreisen immer noch über uns«, sagte Jacub. Waller Rosch hockte neben ihr; das gefiel ihm nicht.
    »Wir werden sie nicht mehr los.« Henner ballte die Rechte. »Es sind fliegende Caniden. Wieder und wieder nehmen sie unsere Witterung auf.«
    Der Druide sagte nichts, hörte nur zu. Die ganze Zeit schon gab Jacubs Ziehvater sich wortkarg. Er hatte sich verändert in den elf Wintern, seit sie sich vor den Toren Casteyrunias getrennt hatten. Verschlossen und hart war er immer schon gewesen, jetzt erschien er Jacub in manchen Augenblicken sogar abweisend.
    »Vögel nehmen keine Witterung auf«, widersprach Weronius mit ernster Miene. »Und trotzdem scheinen sie uns zu folgen.

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