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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Mann blies auf einer Flöte, die Frau zupfte eine Laute. Wie warmes, buntes Licht perlten die Klänge durch die Höhle. Katanja schloss die Augen. Die Musik erfüllte ihr Hirn und ihre Brüst, und ihr war, als würde ein Größerer, Stärkerer, als sie es war, ihr Herz umarmen und küssen. Sie lehnte sich gegen Jacub und weinte leise in sich hinein.
    Später reichte ihr jemand einen Teller voller dampfender Speise. Mit Heißhunger löffelte Katanja warmes Gemüse in sich hinein. Es schmeckte himmlisch.
    »Katanja!« Ein Mann stand auf einmal vor ihr.
    Sie hob den Blick. Sein rechtes Bein war oberhalb des Knies amputiert; statt auf einem Unterschenkel und Fuß stand er auf einer Prothese aus Holz, Glas und Metall. Er ging vor ihr in die Hocke. Das Prothesengelenk quietschte.
    »Katanja ...«
    Sie sah ihm ins Gesicht, ein breites, braungebranntes Gesicht. Sein wuchtiger Kahlkopf war vernarbt. Er trug eine Tätowierung auf der Schädelhaut: einen Kolk und eine Rose.
    »Weronius ...«, flüsterte Katanja. Sie fiel ihm um den Hals. »Weronius!«

Kapitel 10
    Der Nebel unter ihnen glich einem weiten Meer. Hier im Osten und zum Teil auch im Norden begrenzten die Berge das graue Gewoge. Nach Süden und Westen hin jedoch erschien es endlos. Der Sommer war unwiderruflich vorbei. Lundis, Valena und Honnis trieben ihre Böcke den Hang hinunter und in den Nebel hinein. Zwei Stunden später erreichten sie das Seeufer und ritten nach Westen.
    Sechsunddreißig Jäger und Späher ritten tagaus, tagein in zwölf Dreiergruppen entlang des Flusses, des Seeufers und bis in die Nord- und Südhänge oberhalb des Sees hinein; Lundis, Valena und Honnis gehörten zu ihnen. Weitere sechzig Männer und Frauen waren zu Fuß in der Umgebung der Bergstadt unterwegs, immer zu dritt. Tag und Nacht hielten sie nach feindlichen Kundschaftern und Schiffen Ausschau.
    Seit die Nachricht vom Fall Hagobavens Altbergen erreicht hatte, galt in der Sozietät der Ausnahmezustand: Das Tor war ständig mit sechs Katafrakten und sechs Wächtern besetzt. Drei verbotene Waffen waren dort stationiert. Zwölf Hüter der Vorhalle lebten ausschließlich auf ihren Außenposten in der Nähe des Tores. Jäger bewachten die Eingänge der Lüftungsschächte und die Umgebung der Behelfstore. In den kleinen Hallen vor den Behelfstoren stapelten sich Kisten mit Proviant, Werkzeugen, Ausrüstung und den wichtigsten Büchern der Sozietät. Alles war für eine Evakuierung bereit; so wie es das Gesetz von Altbergen seit Jahrhunderten für den Fall eines bevorstehenden Angriffes verlangte.
    Der Nebel lichtete sich erst am frühen Nachmittag. Die Sonne brach durch. An der Mündung eines kleinen Flusses rasteten Lundis, Valena und Honnis. Obwohl es kühl war, zogen Valena und ihr Gefährte sich aus und schwammen ein Stück in den See hinaus. Lundis fröstelte schon vom bloßen Hinsehen. Sie bereitete das Essen zu. Die Böcke weideten im Ufergras.
    Später saßen sie um ein kleines Feuer und aßen gebratenen Fisch und wilde Äpfel. Sie sprachen über die bevorstehende Ratsversammlung, bei der am nächsten Tag ein neuer Ratsältester berufen werden sollte. Linderau hatte selbst um seine Ablösung gebeten; er war krank, seitdem ihn die Nachricht vom wahrscheinlichen Tod seiner Tochter getroffen hatte.
    »Was ist das?« Honnis deutete auf den See hinaus. Lundis spähte aus schmalen Augen über das Wasser - im Westen hing eine dunkle Rauchsäule im Dunst zwischen Himmel und See. Fast gleichzeitig zogen sie ihre Binoculars aus den Hüllen.
    Kaum hatte Lundis den Viermaster ausgemacht, von dem die Rauchsäule aufstieg, da sprang sie auch schon auf und lief zu ihrem Bock. Auf dem Sattel glättete sie ein Stück dünnes Pergament. »Wie viele sind es?«, fragte sie, während sie die Botschaft schrieb.
    »Ein Viermaster, zwei große Dreimaster und zwei kleine Dreimaster«, antwortete Honnis.
    Sie sind da, schrieb Lundis, fünf Schiffe. In sechs Stunden spätestens erreichen sie das Ostufer. Sie schrieb die Zeilen noch einmal ab, rollte beide Briefe zusammen und steckte sie in zwei Kapseln mit ihren Farben - rot. Die Kapseln befestigte sie an den beiden Kolks, die auf dem Gehörn ihres schwarzen Bocks saßen. »Weg mit euch!«, rief sie. »Fliegt hinauf nach Altbergen!«

Kapitel 11
    Staub rieselte in den Schacht, endlich gab die Steinplatte nach. Jacub stemmte sie hoch, bis sie gegen einen Widerstand stieß und stehen blieb. Er kletterte aus dem Schacht in das Innere eines Gemäuers. Das Dach

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