Die Tochter Der Goldzeit
für einen Esser wollten sie sich mit jeweils einem Schwert oder Speer oder mit zwei Dolchen bezahlen lassen. Der dreiäugige Svervagos beschimpfte sie so hemmungslos, dass Katanja zu zweifeln begann, an diesem Ort jemals zu Proviant zu kommen.
Ein blonder Mann stand etwas abseits und beobachtete die Streiterei; sie schien ihn zu erheitern. Anders als die in Fell gekleideten Nomaden war er in schwarzes Leder gehüllt und glatt rasiert. Ständig suchte sein Blick Katanja. Der Mann fiel ihr sofort auf.
Noch bevor die Verhandlungen zu irgendeinem Ergebnis führten, erhob sich Geschrei und Geblöke am Nordrand des Lagers. Männer, Frauen, Kinder und Schafe rannten plötzlich von den Weiden dort in panischer Flucht in das Lager hinein. Etwas schien sie maßlos zu erschrecken.
Katanja sprang auf. Näher und näher kamen die schreienden Menschen und blökenden Schafe. Möwen und Graukolks stießen auf sie nieder. Südländisch aussehende Krieger jagten zu Fuß hinter ihnen her und schlugen mit Schwertern und Streitäxten auf alles ein, was sich bewegte. Katanja stockte der Atem. Jacub, Waller Rosch und die Nordmänner rissen ihre Schwerter aus den Scheiden.
»Beim Schwanz des höchsten Gottes!«, brüllte Waller Rosch plötzlich und deutete auf einen schwarz-weiß gescheckten Caniden. Er war annähernd so groß wie Katanja, und gebogene Hauer ragten ihm aus den Lefzen. Er knurrte drohend und schnappte nach Menschen und Schafen. Zweihundert Schritte hinter ihm kläffte ein Mammutcanide von gleichem Aussehen, und hinter diesem ritt auf einem gewaltigen schwarzen Rinkuda-Stier der Eiserne. Er schwang eine mächtige Axt.
»Lauft!«, schrie Katanja. »Lauft um euer Leben!«
Sie rannte los. Ein Schafsbock galoppierte ihr zwischen die Füße, sie stürzte. Als sie sich aus dem Gras stemmte und hinter sich bückte, sah sie Jacub und die anderen Gefährten im Kampf mit wilden, braungebrannten Kerlen in Ledermänteln und mit langen schwarzen Bärten. Ihr verfilztes Haar peitschte ihnen um die Hüften, während sie Schwerter und Äxte schwangen. Ein Mammutcanide setzte an ihnen vorbei und sprang zu Katanja. Ehe sie sich versah, stand er über ihr, knurrte und hechelte ihr seinen nach Aas stinkenden Atem ins Gesicht.
Katanja dachte nichts in diesem Moment und fühlte nichts. Die Einsicht in die Vergeblichkeit jedes Fluchtversuchs, jeder Gegenwehr fegte ihren Kopf und ihr Herz vollkommen leer. Erst als ein grauer Schatten heranschoss und sich fauchend in der Kehle des Mutanten verbiss, begann sie nach Jacub zu schreien.
Schwallartig pulsierte das Blut aus der zerbissenen Kehle des Mammutcaniden, das Tier brach winselnd zusammen. Yiou ließ von ihm ab und sprang einen der wilden Barbaren in den schwarzen Ledermänteln an. Polderau schaukelte um den zuckenden Caniden herum und prügelte mit einem Stock auf ihn ein.
Jacub packte Katanja und riss sie auf die Beine. Einen Atemzug lang sah sie den Eisernen inmitten seiner Kriegerrotte. Erbarmungslos schlug er Hirten und Nordmänner nieder, denen die Flucht nicht geglückt war. Aus einer kurzen, rohrförmigen Waffe schleuderte er Blitze nach links und rechts. Jedes Zelt, das sein Blitz traf, stand sofort in Flammen.
»Hierher!« Der Blonde in dem schwarzen Lederzeug tauchte plötzlich aus der Menge der Flüchtlinge und der Schafe auf; der Mann, der die Tauschverhandlungen so vergnügt verfolgt hatte. Er gestikulierte heftig und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Katanja und Jacub zögerten. »Ich bin Henner, Späher der Sozietät Hagobaven!«, schrie der Blonde. »Kommt endlich!«
Der Mann griff zwei Schafen ins Nackenfell, hielt sich fest und ließ sich von ihnen mitziehen. Jacub und der Druide taten es ihm gleich. Katanja warf sich auf einen Schafsbock und umklammerte seinen Hals. Sie blickte zurück - Waller trug seinen gelähmten Bruder, Polderau lag auf Yious Rücken. Schon Hunderte Schritte entfernt sprang der Eiserne vom Rücken seines Mammutstieres und kniete sich vor seinem verblutenden Caniden ins Gras. Katanja hörte sein dumpfes Gebrüll und sah, wie er seinen zweiten Caniden zu sich winkte.
Zwischen den letzten Zelten, schon fast am Südrand des Lagers, ließ der blonde Ledermann die Schafe los. Er huschte in ein großes Zelt und winkte Katanja hinter sich her. Mit ihr folgten alle anderen. Er riss einen Teppich vom Zeltboden, eine Steinplatte lag darunter. Der Mann warf sich auf die Knie und wuchtete sie hoch. Ein Schachteingang wurde sichtbar. »Hinein mit euch! Du
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