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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Linie aber war es ein Scheinangriff. Tondobar und Grittana versprachen sich davon, dass der graue Gesandte des Eisernen nach dem Angriff seine Krieger vom Seeufer abziehen würde. In einem Bergwerk in Ufernähe wartete die gesamte Sozietät darauf. Sobald die Späher in dieser Gegend das Signal zum Aufbruch gaben, wollte Grittana mit der Sozietät zur Wrackinsel in der Mitte des Großen Sees übersetzen. Noch war der See nicht zugefroren.
    Seit der schlechten Nachricht aus Hagobaven hatten sie Ruderboote und Segelschiffe ausgebessert und in der Nähe des Bergwerks in Flussmündungen versteckt. Proviant, Gerätschaften und die meisten Tiere samt Futter und Hirten hatte Tondobar schon auf die alten Schiffe bringen lassen. Die Wrackinsel war schwer zu entdecken.
    Die Meisterin trieb ihren Mammutbock den Berghang hinauf. Schneefall setzte wieder ein. In einer Höhle wartete sie. Nicht lange, dann hallte ein gewaltiger Donnerschlag über die Berghänge. Die Katafrakte hatten den Staudamm gesprengt - Grittana hörte das Rauschen der ins Tal stürzenden Wassermassen. Sie machte sich auf den Weg zum Bergwerk.

Kapitel 13
    Der Vollmond stand über der Meerenge. Katanja richtete das Großsehrohr auf die leuchtende Scheibe, betrachtete Krater, Gebirgszüge und ihre Schatten. Sechs Meter lang führte das Rohr durch das Gestein, behaupteten die aus Hagobaven. Von der großen Höhle aus ragte es durch einen engen Stollen nach draußen in eine Felsnische vier Meter über dem Kiesstrand. Gummiartiger Dämmstoff füllte die Lücke zwischen Metallrohr und Gestein aus.
    Sechs Fackeln brannten an den Wänden. Hinter Katanja, aus den vielen Nebengrotten der großen Haupthöhle, waren die Atemgeräusche der Schlafenden zu hören. Fast vierzig Menschen übernachteten hier. Katanja selbst fand keinen Schlaf. Der Gedanke an den bevorstehenden Marsch wühlte sie auf: Wenn nach dieser Nacht die Sonne aufging, würden Henner und Tiban sie durch die zugefrorene Meeresenge aufs nördliche Festland führen.
    Und noch etwas wühlte sie auf, etwas, das sie nicht benennen konnte. Ein Gefühl. Ein Gefühl, das ihre Gedanken zwang, um den Mann aus Eyrun zu kreisen. Sie wehrte sich gegen dieses Gefühl, und zugleich hoffte sie, es würde nie mehr aufhören.
    An einem Rädchen neben dem Okular justierte sie das Großsehrohr auf die gegenüberliegende Nordlandküste. Der Schnee dort drüben glitzerte im Mondlicht. Zum Greifen nahe erschien die Nordlandküste jetzt. Und war sie das nicht auch? Zwei bis drei Stunden Fußmarsch trennten die eine von der anderen Küste, vorausgesetzt, die Meeresenge war zugefroren. Nach Auskunft der Späher Henner und Tiban war sie das - bis auf eine hundert Meter breite Rinne. Katanja wusste nicht, wie die Späher diese Rinne überwinden wollten. Etwa über die gewaltige alte Brücke?
    Katanja justierte das Rohr auf das alte Bauwerk. Schwindelerregend groß war es. Wie ein Mahnmal des Untergangs ragte es zwischen Eis und Vollmond auf, wie das gespenstische Überbleibsel aus einer fremden Welt; und das war es ja auch: ein Überbleibsel aus der Goldzeit.
    Schritte aus der Höhle schreckten sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich um und spähte ins Halbdunkel. Jemand löste sich aus der Dunkelheit einer Schlafgrotte und kam näher. Ein Mann. Er. Ihr Herz schlug schneller.
    »Ich wusste, dass du hier bist«, flüsterte Jacub. Er hatte sich seinen langen dunkelgrauen Alkerpelzmantel über die Schulter gehängt. Die Nordmänner hatten ihm den geschenkt, weil er ihnen geholfen hatte, ihre Töchter aus der Hand der Poruzzen zu befreien. Darunter trug er Hemd und Hose aus schwarzem Wildleder. Einen Atemzug lang blickte er sie an. Das tat er selten, viel zu selten.
    Im Halbdunkeln sah sie sein Gesicht und seine Augen. Warum nur mochte sie es so sehr, dieses Gesicht zu sehen? Warum nur konnte sie nicht oft genug in diese Augen schauen? Er wandte sich ab und spähte durch das Teleskop. Schade.
    Eine Zeitlang schwiegen sie. »Sie unterhalten auch dort drüben Höhlen und unterirdische Gänge«, sagte Jacub irgendwann. Er sprach leise. »Henner hat von Lagern mit Proviant, Trinkwasser, Waffen und Werkzeug gesprochen. Sogar Tiere und Schlitten gibt es da.« Katanja betrachtete ihn. »Henner und ein paar Späher pflegen Kontakte zu Fischern und Nomaden an der Erdoberfläche. Sie tauschen Käse, Wolle und Fisch gegen Werkzeug, Angelhaken und Pfeilspitzen. Manche Barbaren halten sie für Göttersöhne, und sie denken gar nicht daran, ihnen

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