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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Schneewüste breitete sich vor ihnen aus, flach und unberührt. Über eine Treppe kletterten Henner, Tiban und die Schneeläufer aus Hagobaven von dem erhöhten Weg aufs Eis hinunter. Katanja und die anderen folgten. Waller Rosch ließ den Gelähmten auf halber Höhe in den Schnee fallen. Zorcan heulte auf wie ein getretener Canide. Polderau schimpfte.
    Zwei Schlitten und zwei Ruderboote waren hier im Schnee versteckt. Die aus Hagobaven gruben sie aus und hievten die Boote darauf. So also wollten sie die eisfreie Rinne überwinden.
    Sie standen auf dem Eis der Meeresenge zwischen der Insel von Hagobaven und dem nordischen Festland. Fröstelnd blickte Katanja zu der gewaltigen Brücke hinauf, die sich vor ihnen aus dem Schnee erhob und gut vierzig Meter über dem Eis zum Festland führte. Vereiste Rankengewächse schlangen sich um ihre Pfeiler, und schneebedeckte Birken und Sträucher wuchsen auf ihr.
    Tiban stieß einen Ruf aus. Bedrohliche Stille legte sich plötzlich über die Gruppe. Die Männer standen wie festgefroren. Alle spähten zur eisfreien Rinne im Schneefeld. Dort, vielleicht dreitausend Schritte entfernt, glitt ein großer Dreimaster durch den Eiskanal.
    Katanja blickte in den Himmel. Möwen und Graukolks kreisten über ihnen. Henner fluchte. Jacub setzte sein Fernrohr ans Auge und richtete es auf das Schiff. Er entdeckte den albridanischen Greifen auf der Flagge des Toppmastes.
    »Sie ankern und lassen Schlitten von Bord«, sagte Weronius. Er reichte Katanja sein Binocular. »Sie haben sich gut auf den Winter vorbereitet.«
    Katanja richtete das Glas auf das Schiff. Nicht nur vier große Schlitten ließen sie dort über die Bordwand in den Schnee hinunter, auch stämmige Ziegenböcke mit langem Fell.
    »Auf die Brücke!«, rief Henner. Schon sprang er zurück auf die verschneiten Stufen. Alle starrten zu der gewaltigen Brückenruine hinauf, allen stockte der Atem. »Nehmt die Schneeschuhe mit!«
    Waller Rosch und Tiban stemmten ihm ihren ältesten Bruder entgegen, Henner packte Zorcans Handgelenke und zog ihn herauf.
    Am Schiff hatten die Albriden inzwischen die Böcke vor die Schlitten gespannt. Der erste setzte sich bereits in Bewegung. Mindestens sieben Mann hockten auf ihm.
    Erst als die Spitze der Kolonne mit Weronius und denen aus Hagobaven den ansteigenden Pfad zur Brücke hinaufzusteigen begann, überwand sich auch Svervagos, der die Strafe des Windgottes fürchtete, und folgte mit seinen Kriegern. Die Nordmänner stimmten ein Lied an. Es sollte wohl ein Bittgesang an den Gott des Windes sein. Weil sie aber wegen der Steigung außer Atem gerieten, hörte es sich bald an wie ein Trinklied.
    Dank der Schneeschuhe kamen sie schnell voran. Yiou setzte in großen Sprüngen voraus. Katanja hielt sich dicht neben Jacub. Wenn sie zurückfiel, wartete er. Wenn er zurückfiel, wartete sie. Waller Rosch stapfte nicht weit hinter ihnen durch den Schnee. Seine Miene schien aus grauem Eis. Die Nordmänner wagten zunächst nur kleine Schritte, ängstlich blickten sie nach links und rechts und ständig in den Himmel. In dem zogen dunkle Schneewolken auf. Gut so. Katanja blickte auf die Spuren der Kolonne vor ihr. Je schneller Schnee sie zudeckte, desto besser.
    Kurz bevor sie oben auf der Brücke auf gleicher Höhe mit den Schlitten der Albriden unten auf dem Eis waren, merkten die Jäger auf den Schlitten, dass sie nicht etwa umgekehrt waren, sondern den Weg über die Brücke wagten. Sie machten kehrt und pflügten durch den hohen Schnee zurück bis fast unter die Brücke.
    Vierzig Meter über der Meeresenge marschierten die Flüchtlinge der Küste entgegen; selbst die Nordmänner hatten aufgehört, den Himmel zu beobachten, und liefen, so schnell sie nur konnten. Als die albridanischen Krieger anfingen, Pfeile zu ihnen heraufzuschießen, überquerten Katanja und ihre Begleiter bereits die eisfreie Rinne im Meer. Die meisten Pfeile fielen zurück aufs Eis, einige sirrten hinter den Flüchtlingen in den Schnee.
    Jacub würdigte den Dreimaster unten im Eiskanal keines Blickes. Starr sah er geradeaus und hetzte voran. »Wie heißt das Schiff?«, wollte Katanja wissen.
    »Bryta.«
    »Wie heißt sie?«
    »Torya«, murmelte er. »Warum fragst du? Du kennst doch den Namen der Königin von Albridan.«
    »Ich hatte ihn vergessen«, sagte Katanja spitz. Was Jacub nicht tat, tat sie: Sie blieb stehen und richtete ihr Fernrohr auf den Dreimaster. An der Mittelschiffreling standen Menschen. Unter ihnen eine blonde Frau.

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