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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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wochenlang dort aus und lebten von Fisch, Schlangen und Insekten. Die Sonne des kurzen Sommers leckte das Wasser auf. Sie wanderten weiter. Im Herbst trafen sie auf Nomaden, die vom Fleisch, von der Milch und von der Wolle einiger gezähmter Mammutschafe lebten. In deren Winterlager überwinterten auch sie.
    Im folgenden Frühling halfen die Männer den Nomaden, eine kleine Herde wilder Mammutschafe einzufangen; acht Lämmer waren darunter. Gemeinsam zähmten sie die Tiere. Im Sommer waren die Schafe so weit, dass sie sich reiten ließen. Sie teilten sie mit den Nomaden und trennten sich von ihnen. Auf zwölf Mammutschafen ritten sie weiter nach Osten. Noch dreißig Caniden begleiteten sie.
    An einem der letzten schneefreien Herbsttage dann geschah es: Die Morgensonne weckte Katanja. Sie stand auf und spähte in den Wald. Die Männer waren bereits auf den Beinen. Sie standen zwi-schen den Bäumen und blickten zu den Kronen der Kiefern hinauf. Merkur saß auf Weronius' Schulter. Katanja ging zu ihnen. »Was gibt es dort oben zu sehen?« Sie schirmte die Augen vor der Sonne ab, legte den Kopf in den Nacken und versuchte herauszufinden, was die Aufmerksamkeit der Männer fesselte.
    »Entweder schleppen wir noch einen dieser Magnetkristalle mit, oder der Eiserne ist ganz in der Nähe.« Henner deutete ins Geäst der Kiefer hinauf. Zwei Möwen und sieben Graukolks hockten dort und sahen auf sie herab.

Kapitel 22
    Uralte Gemäuer, zurückerobert von Buschwerk, Bäumen, Ameisenhügeln und Moos; eine Schneise führt mitten hindurch. Früher schon, in lang versunkenen Zeiten, rollten Wagen durch diese Schneise. Manche könnte man heute noch an ihrem Rand finden, wenn man sich die Mühe machte, ein Stück zu graben oder auch nur Farn und Brennnesseln über den kleinen Hügeln auszureißen, die von ihnen übriggeblieben sind.
    Doch keiner auf den Wagen, die an diesem Abend durch die Schneise rollen, hält sich damit auf. Keiner verschwendet einen Gedanken daran, dass er nur der vorläufig Letzte in einer Reihe von Millionen ist, die vor ihm durch diese Schneise gerollt sind.
    Außer vielleicht der gelbhäutige Zwerg mit den dicken Gläsern vor den Augen; oder allenfalls noch der Riese in der schwarzen Rüstung, der im Sattel seines Stieres und hinter seinem Caniden-Mutanten die Wagenkolonne anführt. Beide wissen ja, wie dieses Land und seine Städte einst ausgesehen haben, vor fünfhundert Wintern und vor tausend und zweitausend Wintern. Beide kennen die alten Bücher.
    Das größte Ruinengemäuer am Rand der Schneise hat kein Dach und kein Dachgebälk mehr. Ein Turm ragt aus ihm, ebenfalls ohne Spitze und Dach. Unwirkliches Licht erfüllt dieses Gemäuer; kaum einem in der unten vorbeirollenden Kolonne fällt es auf.
    Hinter der zerfallenden Ruine wuchern Wald und Unterholz besonders dicht. So sind sie kaum noch zu erkennen, all die Steine mit den Namen und die rostigen Metallkreuze; sie liegen unter Brombeerhecken und Farn, sie ragen kreuz und quer aus dem Unterholz.
    Manchmal und an bestimmten Stellen trennt nur ein Schritt diese und die Andere Welt. Jenes alte Gemäuer vor dem dichten Wald voller Steine ist so ein Ort; der letzte hier in der Ostwildwelt, der letzte vor der Lichterburg. Unzählige Sperlinge hocken hier in Bäumen und Mauernischen und geben keinen Laut von sich. Schwarze Greife sitzen in ehemaligen Fensteröffnungen und auf Mauerkronen.
    »Da ziehen sie nun hin«, krächzt eine Stimme oben im Turm.
    »Was wird jetzt geschehen?«, fragt eine helle Stimme, die mehr singt, als dass sie spricht.
    Der mit der krächzenden Stimme seufzt nur. »Sie werden immer weiter ziehen, werden immer heißere Köpfe bekommen, werden immer fester glauben, zum Wohle ihrer flüchtigen Gattung zu kämpfen und zu sterben. Narren!«
    »Was sollen wir denn tun?« Eine mädchenhafte Frau in moosgrünem Gewand und mit rotem Haar, grünen Augen und samtener, hellbrauner Haut lehnt sich über die Efeuranken, die das brüchige Fenster ganz oben im Turm halb zuwuchern. Mehr als fünfzig Wagen rollen tief unter ihr in der Schneise zwischen den Ruinen und den Bäumen vorbei. Alker, Mammutschafe, gedrungene Böcke und Rinkudas ziehen die hölzernen Gestelle voller Menschen, Vogelkäfige, Hausrat und Gepäck. »Können wir gar nichts mehr tun?«
    »Nichts.« Eine kleine verwachsene Gestalt hockt im Efeugestrüpp der Turmfensteröffnung. In ihrem dunklen, knochigen Gesicht funkeln rötliche Augen. »Da ziehen sie hin, der Eisenmann, der Zwerg

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