Die Tochter Der Goldzeit
erinnerte. Ob ihn der Eiserne wiedererkennen würde? Bosco hatte sich immer fern von ihm gehalten in den Tagen von Chiklyo. Und die Leute des Cabullos? Er hoffte inbrünstig, keinem von ihnen über den Weg zu laufen. Nicht allein aus Angst vor dem Eisernen. Fast mehr noch fürchtete er, Einzelheiten über den Tod des Mädchens hören zu müssen.
Blitzschnell griff er zu, riss den Fisch aus dem Wasser und warf ihn ans Ufer.
Drei Tage später stand er auf einem Bergkamm und sah weit im Westen die geliebten Waldhügel liegen. Das Laub färbte sich bereits gelb. Tränen der Freude stiegen Bosco in die Augen.
Einen Tag brauchte er für den Abstieg aus dem Gebirge. Sorgfältig nutzte er jede Deckung aus. Bloß nicht den Kriegern des Eisernen in die Hände fallen! Erkannten sie ihn wieder, würden sie ihn vor den schwarzen Riesen schleppen.
In der Morgendämmerung des dritten Tages sah er drei Wegstunden entfernt eine dünne Rauchsäule aus dem herbstlichen Laubdach des Waldes steigen. Statt sie in einem möglichst weiten Bogen zu umgehen, schlich er ohne Umwege zu der Feuerstelle.
An zwei Flussfurten fand er frische Spuren von Menschen. Sie waren in gegensätzlichen Richtungen gewandert. Patrouillen des Eisernen? Gegen Mittag entdeckte er, einen Steinwurf weit entfernt auf einem Hügelkamm, zwei Hütten aus Geäst und ein Zelt im Unterholz. Über der kalten Feuerstelle hingen an einem Spieß die Reste eines großen Waldvogels. Ein Mann saß zwischen den Hütten und schärfte Schwertklingen. Er trug Lederkleidung, wie sie unter den Fischern an der Westküste üblich war. Hinter dem Zelt stand ein zweiter, kleinerer Mann in einem schwarzen Umhang. Ein Krieger des Eisernen! Zwei Habichte hockten über ihm im tiefhängenden Geäst. Er fütterte sie mit Fleisch.
Bosco hatte gesehen, was er sehen wollte; er zog sich lautlos in den Wald zurück.
Innerhalb von zwölf Stunden entdeckte er drei solcher Lagerplätze auf dem Weg ins Innere des Hügellandes; der letzte lag keine sieben Wegstunden vom Haupttor Tikanums entfernt. Bosco machte sich nichts vor: Die Truppen des Eisernen hatten eine zumindest ungefähre Vorstellung von der Lage der Erdstadt. Er war müde.
»Wohin des Weges, mein Freund?«, sprach eine Stimme ihn aus einem Baum an, als er sich aus der Nähe des dritten Lagers zurückzog.
Bosco blickte nach oben: Ein Mann hing in der dichten Herbstlaubkrone eines Ahorns und richtete einen Jagdbogen auf ihn. Ein Pfeil lag in der gespannten Sehne.
»Keine Panik ...« Bosco, selbst halb panisch, erhob sich, langsam und mit über den Kopf gestreckten Armen. »Ich hab nicht vor, dich von da oben runter zu schießen.«
»Nett von dir, aber das war nicht die Frage«, tönte eine raue Stimme hinter ihm.
Bosco fuhr herum - ein Hüne mit wildem Bart und struppigem Haar ragte aus dem Unterholz; er hielt einen Sauspieß in den Fäusten.
»Wo willst du hin, Kerlchen, und woher kommst du?«
Bosco erschrak - ein Wildsaujäger aus Chiklyo stand vor ihm. Der Name fiel ihm nicht ein, doch seine Sippe hatte in der Hütte neben der des Mädchens gelebt. Er erinnerte sich gut an ihn.
»Ich bin der Sänger des Fürsten von Darendo und habe gehört, hier in der Gegend würde man bald Leute zu sehen kriegen, die man sonst nur aus Legenden kennt.« Darendo hieß eine große Siedlung irgendwo an der Südküste. Bosco war nie dort gewesen, wusste auch nicht, ob ein Fürst sie regierte. Er hoffte, dass die beiden Wildsaujäger das auch nicht wussten.
»Wovon sprichst du, beim heiligen Regenwurm?« Der Bogenschütze sprang vom Baum.
»Von Maulwürfen natürlich!«
»Maulwürfe?« Die Miene des Großen verdüsterte sich. Den Sauspieß mit beiden Fäusten umklammernd, kam er näher. »Was gehen dich die Maulwürfe an?«
»Als Sänger geht mich alles an, woraus man ein Lied machen könnte.« Bosco versuchte weiter, gelassen zu wirken.
»Her mit deiner Laute, du Singvögelchen!« Der Wildsaujäger entriss ihm die Armbrust. »Und jetzt verpiss dich!« Mit einer Kopfbewegung deutete er zurück zum Gebirge nach Osten. »Und zwar da lang!«
»Also gut ...« Offenbar hielten sie ihn für ungefährlich, weil er klein und schmächtig war und sie breit gebaut und zu zweit. Das beruhigte Bosco nicht wenig; und dass der Wildsaujäger ihn nicht wiedererkannte, stimmte ihn geradezu heiter. »Nur werd ich ohne meine Armbrust nicht allzu weit kommen.« Feixend zuckte er mit den Schultern. »Eine Menge hungriger Pelze streifen hier durch die Wildnis,
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