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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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er im Kampf auf Blutgrund durch Runyngers Hand, oder, falls er zu siegen wagte, durch die Mörderhand eines fürstlichen Eidmannes; als Strafe für seinen Sieg käme gar nichts anderes in Frage. Alle hier wussten es: die Gottessänger, die Altarmütter, die Zeugen, die Ritter, Jacub selbst. Und alle spielten ihre Rollen, als hätte der Katzensohn noch eine Chance.
    Die Nacht brach an, der Vollmond ging auf. Jacub sah Runyngers helles Haar im Wind flattern. Woran mochte er denken? An seinen kranken Vater? An den Tod? An Violynne?
    Schöne, verführerische Violynne! Runynger liebte sie, doch sie -sie liebte alle jungen Ritter. Schade, aber so war sie nun einmal. Ihr Vater hatte sie Runynger versprochen, schon kurz nach ihrer Geburt. Inzwischen war Violynne bereit zur Mutterschaft, doch sie weigerte sich, in Runyngers Haus zu ziehen. Der Katzensohn hatte es ihr angetan, der Mann aus der Wildnis, der »gottlose Barbar«, wie viele ihn heimlich nannten. Vor ein paar Tagen hatte das Mädchen Jacub in seinem Haus an der Küste besucht. Es war nichts geschehen, doch ein Altarknabe, der sie fortreiten sah, berichtete den Altardienern davon, und die tischten dem Ersten Gottessänger und dem kranken Fürsten jene schlüpfrige Geschichte auf, die ihre lüsterne Phantasie aus dem harmlosen Besuch gemacht hatte.
    Zwei Tage später forderte Runynger Genugtuung auf Blutgrund. Der Finsterfürst persönlich musste ihm dazu geraten haben; oder sein alter Fechtmeister Ulban. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, die Sache zu klären, ungefährlichere. Den Blutgrund jedoch konnte nach einem Kampf nur einer der beiden Kämpfer lebend verlassen. Falls Jacub dieser Eine sein sollte, würden ihm Runyngers Rang, sein Haus, sein Land, seine Waffen zufallen; und natürlich Violynne. Nichts davon wollte er haben, am allerwenigsten die Fürstenkrone.
    Jacub lauschte dem Trommelschlag, er lauschte dem Herzschlag in seinen Schläfen, er lauschte dem Rauschen der Brandung unter den Klippen. Die Flut kam. Reglos stand er auf sein Schwert gestützt, während der weiße Sand durch das Stundenglas rann, die Trommeln schlugen und der Vollmond über die Klippen stieg. Gleich würde sein Licht in die Blutgrundsenke fallen, und dann hieß es: sterben oder töten.
    Vom Meer her fegte eine Böe über die Senke, und Jacub sah, wie das Buschwerk und die Wipfel des Birkenhains auf dem Hügelkamm sich schüttelten. Er glaubte, die Silhouette seines Alkers zwischen den Birken zu erkennen, seines gehörnten Reittieres, und daneben leuchtete ein Lichterpaar auf. Yious Augen wahrscheinlich, weiter nichts, doch Jacub musste an die glühenden Augen der Schwarztrollschlinger denken, jener Scheusale aus der Anderen Welt, die manchmal erschienen, wenn der Tod sich anschickte, seine Ernte einzubringen. Eisig und klamm kroch es ihm den Rücken herauf bis zum Scheitel. Mit der Kälte stiegen auch die Erinnerungen hoch, und er fühlte sich zurückversetzt in jene schlimmen Tage seiner frühen Kindheit, als sein Vater ihn halbe Nächte in den Wald vor die Palisaden verbannte, um ihn so die Überwindung der Angst zu lehren. Ein Tag vor allem, der letzte, stand plötzlich brennend und riesengroß vor ihm: der Tag, an dem die Tiefländer kamen und die Wildkatzen ihn umringten am Bach ...
    »Hilf mir, Dashirin.« Jacub betete murmelnd. »Rette mich vor der Klinge meines Feindes. Dein Diener will ich sein, wenn ich lebend aus der Senke steige. Die Lichterburg will ich suchen, den Goldzeitschatz bergen, mein Leben dir weihen, alles .«
    Der Vollmond stieg über den Klippenrand, Jacub sah seinen eigenen Schatten zucken. Plötzlich merkte er, wie heftig seine Kaumuskeln bebten. Sein Körper straffte sich, er fasste seinen Gegner ins Auge. Reglos und breitbeinig stand Runynger auf der anderen Seite der Senke. In seiner blanken Klinge brach sich das Mondlicht. In der Blutgrundsenke schienen Gras und Birkensträucher auf einmal in Goldlicht getaucht zu sein. Der Vollmond beschien jetzt den Kampfplatz. Und dann verstummten die Trommeln.
    Die Jungfrauen wandten sich ab und senkten die Köpfe. Die beiden Mütter leerten den Kämpfern das Blut aus ihren Schüsseln vor die Füße. Der Gottessänger schlug die Keule noch einmal auf die Fasspauke. Jacub und Runynger streiften ihre Umhänge von den Schultern und rissen die Klingen hoch. Nackt bis auf Weste und Lendenschurz liefen sie in die Mulde hinab - zwei mit Blut und Erde beschmierte Männer, die leben wollten.
    Jacub spürte nicht den

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