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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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schüttelte den Kopf und blickte ihn mit glasigen Augen an. «Da bist du jünger als ich und hast der einen Frau schon ein Eheversprechen gegeben, es wieder zurückgenommen und dich von einer anderen davonjagen lassen.Findest du nicht, dass du die Liebe ein wenig zu ernst nimmst? Da lobe ich mir meine heimliche Ehe mit der kleinen Maria.»
    «Und mir tut Maria von Herzen Leid.» Jonas bemerkte, wie er die Worte nur noch gelallt herausbrachte und wurde wütend. «Das Mädchen hofft auf etwas Ernsthaftes, wie du mir eben gestanden hast, aber du willst alles andere, nur das nicht. Du spielst mit den Frauen.»
    Er hieb seinen Krug auf den Tisch, dass das Bier überschwappte, und richtete sich schwankend auf. «Du weißt nämlich gar nicht, was Liebe ist. Du kennst nur deine Triebe, Liebe und Leidenschaft hast du noch nie erfahren.»
    Bevor Conrad etwas erwidern konnte, hatte der Wirt sie am Kragen gepackt und hinausbugsiert. An der frischen Luft wurde Jonas augenblicklich speiübel und er erbrach sich in die Fluten der Blau.
    Zwei Tage später fand er eine Anstellung als Hauslehrer in der reichen Patrizierfamilie Kargerer, wo er zwei verwöhnten Buben Latein, Griechisch und Mathematik näher bringen sollte. Wie immer hatte er sein Empfehlungsschreiben dabei, das Dr.   Textor ihm beim Abschied mitgegeben hatte, ein Schreiben, das Jonas’ Fähigkeiten in den höchsten Tönen lobte, und so dachte er in diesen Tagen oft mit Dankbarkeit und leichter Wehmut an seinen väterlichen Freund zurück. Dass Conrad bei der Vermittlung dieser Stellung die Hand im Spiel gehabt hatte, erfuhr er erst später.
    Bei Antritt seiner Stellung zog er in das schäbige, kalte Dienstbotenzimmer eines umso prächtigeren Anwesens zwischen Münster und Kornhaus. Conrad hatte ihn ungern gehen lassen, erst recht nachdem er die hässliche Dachkammer besichtigt hatte, doch Jonas’ Brotherr bestand darauf, dass ein Privatlehrer Teil der Haushaltung sei, zumindest unter der Woche. Jonas selbst empfand den Kontrast zu der gemütlichen Stube, die er im Hause Kilgus bewohnt hatte, längst nicht so schmerzhaft wie sein Freund,der ihn, wann immer es ging, zu sich einlud, vor allem als die Abende länger und kälter wurden. So vergingen die Tage, Wochen und Monate in einem unauffälligen Einerlei aus Arbeit, Essen und Schlafen und den abendlichen Gesprächen mit Conrad, dem einzigen Menschen in Ulm, zu dem er freundschaftlichen Kontakt pflegte. Ohne dass er darauf geachtet hätte, wurde es Herbst, dann Winter, schließlich Frühjahr. Von Leonhard Sonntags Compagnie hatte er nie wieder gehört, Marthe-Marie erschien ihm in seinen Träumen, Magdalena hatte er vergessen, und die Frauen und Mädchen Ulms interessierten ihn keinen Deut.
    Hin und wieder nahm der Dienstherr Jonas und seine beiden Schüler nach Feierabend ins Schuhhaus mit, das Zunfthaus der Schuhmacher gleich beim Münster, wo sich im ersten Stockwerk der Tanz- und Fechtsaal der Patrizier befand. Für Jonas waren diese Abende eine Qual: Weder hielt er etwas von der Fechtkunst, mittels deren sich die Patrizier den Nimbus von Adel und Ritterlichkeit geben wollten, noch von dem ewigen Neidgeschwätz der Herren, die sich dort auf einen Schoppen Wein trafen oder auf eine Tasse dieses heißen, bittersüßen Getränks aus der Neuen Welt, das in der besseren Gesellschaft als der neueste Schrei galt und sich Chocolade nannte. Dennoch sollte dieser Ort seinem Schicksal eine entscheidende Wendung geben: Als Kargerer ihn an einem stürmischen Aprilabend, nach langer Zeit zum ersten Mal wieder, ins Schuhhaus mitschleppte, wurde er einem hoch gewachsenen, älteren Mann mit kupferrotem Haarschopf vorgestellt, den er in diesen Kreisen noch nie gesehen hatte.
    «Jonas, das hier ist Diakon Mürlin, mein Schwager aus dem Oberschwäbischen   – Jonas Marx, mein Hauslehrer.»
    Jonas verbeugte sich, wie es sich gegenüber einem Älteren ziemte, und der Diakon reichte ihm die Hand. Sein Händedruck war fest und herzlich.
    «So, so, der neue Hauslehrer. Na, dann wünsche ich Euch vielErfolg mit diesen beiden Bürschchen.» Er gab dem Älteren von Kargerers Söhnen eine scherzhafte Kopfnuss. «Nehmt den hier ruhig richtig heran, schließlich soll er nach Ostern in die Lateinschule. Ich bin übrigens Schulmeister, wir sind also Zunftgenossen sozusagen.»
    Mit Mürlin fand Jonas rasch zu einem lebhaften Gespräch über Erziehung und Schulbildung, Gott und die Welt.
    Sie saßen noch beisammen, als Kargerer mit seinen Söhnen

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