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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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jeder Rauferei aus dem Wege gegangen war. Er hatte geglaubt und gehofft, dass damit nun alles vorbei sei. Doch stattdessen ging es immer weiter, Textor gab keine Ruhe. Plötzlich stieg ein unglaublicher Verdacht in Jonas auf – ob Marthe-Marie Textors heimliche Tochter war? Nein, das wäre zu ungeheuerlich. Er räusperte sich.
    «Was ist mit dem Maskierten? Hat man seinen Leichnam endlich gefunden?»
    «Nein. Es wurde weder ein Leichnam gefunden, noch weiß man von einem Schwerverletzten in der Stadt. Und das macht mir mehr Kummer als die offizielle Anklageerhebung seitens des Magistrats. Seit Tagen zermartere ich mir den Kopf, wer ihr nach dem Leben trachten könnte. Der Einzige, der mir einfällt, ist längst tot.»
    Textors Hände verkrampften sich. «Es muss da einen Zusammenhang geben, den ich nicht erkenne», murmelte er, mehr zu sich selbst. «Wenn wir nur herausfinden könnten, wer dieser Kerl ist. Dann wäre es auch leichter, ihn dingfest zu machen. Versprich mir, Jonas, dass du sie auf eurer Reise nicht aus den Augen lässt.»
    «Ich werde sie sicher nach Offenburg geleiten, glaubt mir.»
    «Ich danke dir. Du bist ein mutiger Junge. Ich bin stolz und glücklich, wenn du mein Schwiegersohn wirst. Und nun geh in die Küche. Magdalena wartet schon auf dich.»

9
    Die Aufführung auf dem Marktplatz von Emmendingen wurde zu einem großen Erfolg, und die Gaukler wiederholten am nächsten Tag ihre Vorstellung. Leonhard Sonntag und Don Diego hatten auf ihr erprobtes Repertoire für die Fastenzeit zurückgegriffen: Neben zwei kurzen Szenen aus dem Alten Testament spielten sie die grausame Moritat vom Werwolf Peter Stump, der 1589 zu Köln hingerichtet worden war. Die Historie des Bauern Stump, der sich mit Hilfe eines Gürtels nächtens in einen Werwolf verwandelte und dreizehn Kinder tötete, um ihr Hirn zu verschlingen, war in ausreichendem Maße entsetzlich und blutrünstig, um die Zuschauer in Atem zu halten, dabei moralisch und belehrend genug für die Ratsherren. Denn am Ende, wenn Diego von den Henkersknechten Valentin und Severin aufs Rad geflochten und mit glühenden Zangen gepeinigt wurde, trat der Prinzipal in Pfaffenkutte und mit gen Himmel gereckten Armen an den Bühnenrand und belehrte das Publikum mit drastischen Worten, in welche Abgründe der Mensch geraten könne, wenn er vom Gottesglauben abfalle.
    Als Vorspiel zum Theater hatte Diego mit dem Neuen eine «Jonglage à deux» eingeprobt. Stunden um Stunden hatten sie dafür geübt, dabei geflucht und geschimpft, und jetzt bangte Marthe-Marie wie alle anderen, dass ihre Darbietung gelingen möge. Unter den Schlägen der Trommler warfen sich die beiden gelbe und rote Bälle zu, es wurden mehr und mehr, der Rhythmus erklangimmer schneller, bald wirbelten noch die Artisten samt den beiden Äffchen dazwischen, drehten Rad und Flickflack, bis es den Zuschauern vor den Augen flirrte. Schließlich flogen alle Bälle hoch in die Luft, Valentin und Severin schlugen Salti und beim letzten lauten Trommelschlag standen alle vier kerzengerade, mit erhobenen Armen, nebeneinander.
    Als Krönung ihres Gastspiels zeigte Quirin seine Feuerkünste: Er verschlang feuerrote Kohlestücke, tanzte auf glühenden Eisen, ohne mit der Wimper zu zucken, und spuckte blaue und schwefelgrüne Flammen in den Nachthimmel. Marthe-Marie, die zum ersten Mal eine Vorführung von ihm sah, konnte sich eines Gefühls der Bewunderung nicht erwehren. Quirin hatte lange Zeit in Florenz gelebt, der Hochburg der Feuerwerkskunst, und die Rezepturen für seine Auftritte hielt er geheim wie einen großen Schatz.
    Zur Feier ihres Erfolges ließ der Prinzipal nach der letzten Aufführung Fässer mit Bier und Wein aus der Stadt liefern, die Jonas als besondere Ehre nach dem Abendessen anstechen durfte. Die Männer schlugen ihm einer nach dem andern auf die Schulter und beglückwünschten ihn, die Frauen umarmten ihn. Es schien, als sei er allein durch seine Kunstfertigkeit beim Jonglieren im Kreis der Gaukler aufgenommen.
    «Was ist mit dir?» Marusch boxte Marthe-Marie in die Seite. «Willst du dir keinen Wein holen und unserem schönen Jüngling zu seinem Erfolg gratulieren?»
    Marthe-Marie zögerte. Sie war sich inzwischen sicher, dass sie und Jonas sich schon einmal begegnet waren. Aber warum leugnete er das dann so hartnäckig? Sie gab sich einen Ruck.
    «Die Nummer mit den Bällen war sehr schön.» Steif schüttelte sie ihm die Hand. «Dann bleibst du also bis Offenburg?»
    «Ja.» Er

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