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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Schmetterlinge überall. Wer will da schon an Frost und Kälte denken.»
    «Ja, wer will das schon», gab Marusch nachdenklich zurück. «Geht dir Jonas manchmal noch durch den Kopf?»
    «Nein. Wie kommst du darauf?»
    «Nur so. Du hast die letzten Nächte im Schlaf seinen Namen genannt.»
    Marthe-Marie begann mechanisch am Saum ihres Ärmels zu zupfen.
    «Hab ich das?» Sie verschwieg, dass sie nicht nur im Schlaf an ihn dachte und dass sie seine Nachricht immer bei sich trug.
    Marusch nickte. «Wie ich dich und Jonas an dem Schreckensmorgen damals am Flussufer sitzen sah, wie er dich da fest umschlungen hielt und du deinen Kopf an seine Schulter lehntest, da hab ich gedacht, dass ihr beiden zusammengehört.»
    «Was redest du da? Jonas Marx ist der künftige Schwiegersohn dieses ach so verdienstvollen Gelehrten.»
    «Aber er ist doch noch gar nicht verheiratet mit dieser Magdalena. Trägst du ihm seine Verbindung zum Haus Textor nach? Hat Jonas, bevor er dir hinterher geschickt wurde, irgendetwas über dich oder deine Mutter gewusst? Natürlich nicht! Völlig ahnungslos ist er auf dich getroffen, und du wirfst ihm jetzt Dinge vor, auf die er niemals Einfluss gehabt hat.»
    Marthe-Marie starrte auf den Pferderücken vor ihr. Warum musste ihr Marusch mit ihrer Fragerei so die Laune verderben?
    «Wir kannten uns kaum.»
    «Wie auch. So heftig, wie du ihn abgewiesen hast, blieb ihm ja nichts anderes übrig als der Rückzug. Obwohl – ich an seiner Stelle hätte nicht so schnell die Flinte ins Korn geworfen. Er mochte dich sehr, das hat jeder erkannt außer dir. Und ihr hättet gut zusammengepasst.»
    «Er ist zu jung für mich.» Sie biss sich auf die Lippen. «Was hältst du übrigens davon: Diego hat mich vor kurzem gefragt, ob ich ihn heiraten möchte.»
    «Dann tu das. Der meint es genauso ernst.»
    «Der meint nie etwas ernst.»
    «Du kennst ihn nicht. Also kannst du auch nicht unterscheiden, was er ernst meint und was nicht.»
    «Na, dann schätz dich glücklich, dass wenigstens du es weißt. Als ob es nichts Wichtigeres auf der Welt gäbe.» Beleidigt verschränkte Marthe-Marie die Arme und rückte von Marusch ab, so weit es ging. Beiderseits des Tales erhoben sich zwei mächtige Bergmassive, talaufwärts lagen verstreute Höfe und eine kleine Stadt im Schutz einer mächtigen Burg. Über einer Herde Schwarzwälder Füchse mit langen blonden Mähnen und Schweifen zog ein Wanderfalke seine Kreise. Wie belehrend Marusch sein kann, dachte Marthe-Marie, sie führt sich manchmal auf wie eine alte Gevatterin.
    Sie hörte, wie Marusch leise vor sich hin summte. Als sie sich ihr zuwandte, brach sie wider Willen in Lachen aus. Ihre Freundin hatte sich eine Hanswurstmaske mit riesiger roter Nase aufgesetzt.
    «Um Himmels willen, wie siehst du denn aus?»
    «Mein Narrengesicht. Das setze ich auf, wenn ich gegen eine Maruschkasche Regel verstoßen habe, deren wichtigste lautet: Streite nie mit einer Freundin über Fliegenschiss.»
    Eine Lumpensammlerin mit Handkarren und prall gefülltem Korb auf dem Rücken kam ihnen entgegen. Was sie am Leib trug, sah noch elender aus als die Lumpenfracht, die sie mit sich schleppte. Als die Alte die maskierte Gestalt auf dem Kutschbock erblickte, schrak sie zusammen. Rasch senkte sie den Kopf und wollte an ihnen vorübereilen, doch Marthe-Marie hielt sie auf.
    «Wartet, gute Frau. Ist die Stadt dort vorn bereits Wolfach?»
    «Nein, Hausach.» Die Lumpensammlerin hustete bellend, dann zog sie laut hörbar Schleim im Hals hoch und spuckte in hohem Bogen aus. Ihre Hände und Unterarme waren von der Krätze gezeichnet. «An Eurer Stelle würde ich einen großen Bogen um Hausach machen. Leute wie Ihr sind dort nicht gern gesehen.»
    «Wie meint Ihr das?»
    «So wie ich es sage.»
    Marusch nahm die Maske ab, und die Frau blickte ein wenig freundlicher.
    «Will sagen, hier mag man keine Fremden.» Sie spuckte erneut aus. «Zu oft sind wir gebrandschatzt und geplündert worden, und wenn hier im Tal eine Seuche ausbricht, dann jedes Mal zuerst bei uns.»
    «Aber die fürstenbergischen Städte sind doch reich?», wandte Marusch ein.
    «Die Geldsäcke sitzen in Haslach und Wolfach. Hausach ist das Armenspital. Habt Ihr Lumpen übrig? Für die Papiermühlen?»
    Marusch schüttelte den Kopf. «Leider nein.»
    «Schade. Ach ja, noch etwas.» Sie wies auf ein steinernes Haus von respektabler Größe, das allein auf einer Brachfläche neben der Straße stand und merkwürdig verlassen wirkte. «Dort

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