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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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effiziente Führung seiner Mühle verdankte er Ah-Jeh, die die Weberinnen so gewissenhaft beaufsichtigte wie die Äbtissin eines heiligen Tempels ihre Novizinnen. Die Vorteile, die sie dadurch genoss, waren beträchtlich. Züchtigungen wie Beförderungen fanden in aller Stille statt. Sie war es, die entschied, welche Mädchen unter den mui-mui die Haine für die schwierigere Arbeit in den Schuppen verlassen durften, um vielleicht Spinnerin oder Weberin zu werden, wenn sie den Kamm und den Spiegel der sau-hai entgegennahmen.
    Wenn in dieser so sorgfältig ausgewählten kleinen Schar ein junges Mädchen unter ihren Schwestern hervorstach, so erhielt es unter Umständen den Rang eines »Laternenmädchens«, deren Reize am Webstuhl vergeudet wären und die sich besser für das Bett des Herrn eignete. Hier, wie auch in anderen Dingen, verließ Ming-Chou sich auf das Urteil seiner Vorsteherin und zahlte ordentlich, wenn ihre Wahl sein Gefallen fand.
    Konnte ein Mädchen das Auge des Herrn von Zehn Weiden auch nur für einen Augenblick auf sich ziehen, wurde dies als ein von gütigen Göttern herbeigeführter Akt betrachtet. Hatte man ein solches Kind gefunden, wurde es von Amahs vorbereitet, die sich mit dem, was im Schlafzimmer erwartet wurde, auskannten. Es bekam eine weiße Robe, und man gab ihm eine Papierlaterne, die in einer günstigen Mondnacht zu Ming-Chous Haus getragen wurde. Fand es Ming-Chous Zustimmung, wurde es unter Umständen Teil einer kleinen privilegierten Schar und gesellte sich zu anderen Lieblingen mit eigenen Unterkünften. Weder Konkubine noch Geliebte, waren sie Trostfrauen im Pavillon des Vergnügens, auf die man
im Bedarfsfall zurückgriff und die den Mandarins, die manchmal ausgesandt wurden, um den Präfekten zu treffen und Steuern einzutreiben, als Geschenk angeboten wurden.
    Stieß ihre Wahl auf keine Gegenliebe, erlitt die Vorsteherin einen herben Gesichtsverlust. Das Mädchen kam dann notfalls als sau-hai unter, aber wenn es ihr an Kolibri-Händen und Schmetterlingsfingern und der unterwürfigen Seele einer sau-hai -Weberin mangelte, wurde sie ausgepeitscht und zu den Hütten zurückgeschickt, um sich ihr Leben lang in den Maulbeerbaumhainen nützlich zu machen.
    Widersetzte sich ein Mädchen, hielt man es für verhext, und ihr Schicksal war gemäß einem alten Gesetz besiegelt: Sie wurde geschlagen und zur Belustigung anderer neben einer Ziege angebunden. Wenn ihre Demütigung vollendet war, wurde sie gefesselt in einen mit Gewichten bestückten Schweinekorb gesteckt und im Fluss ertränkt. Der Herr von Zehn Weiden hatte solch einem Ritual noch nie beigewohnt und wünschte auch nicht, davon zu hören. Derlei überließ er lieber Ah-Jeh. Das Gewissen von Ming-Chou, dem Seidenhändler, war so rein, wie sein Garten mit dem Universum im Einklang stand.
    Die andere Hälfte seiner Arbeiterinnen bestand aus den mui-mui , den Kleinen Schwestern. Die mui-mui waren ebenfalls fünfzig an der Zahl. Sie sollten eigentlich im Alter zwischen acht und vierzehn sein, doch die meisten hatten weder Alter noch Namen. Viele unter ihnen waren Männern entronnen, die sie missbraucht hatten - ihren Vätern oder Brüdern oder jenen, die sich Onkel nannten -, und hatten den Mut aufgebracht, fortzulaufen und im nächsten Tempel Schutz zu suchen. Die Mönche gaben solchen Kindern zu essen, ehe sie sie dem Seidengut oder einem anderen Arbeitgeber übergaben. Einige von ihnen waren auch von ihren Eltern dem Seidengut für eine lumpige Summe überlassen worden, weil sie sie nicht mehr ernähren konnten. Andere, deren Eltern gestorben waren oder sie verlassen hatten, kamen auf der Suche nach den Schwestern von sau-hai nach Zehn Weiden. Ming-Chous mui-mui
bekamen gut zu essen, wurden gut gekleidet und gut untergebracht. Dafür arbeiteten sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang - fütterten die Seidenwürmer und ernteten Kokons, sortierten und reinigten sie für die kochenden Fässer, die Spinnräder und die Weberei.
    Manche, deren Hände flink und geschickt waren - zu wertvoll also, um sie in den rauen Hainen zu vergeuden -, wurden in die Spinnschuppen gebracht, wo man ihnen das Geheimnis des goldenen Fadens beibrachte. Wenn ein Webstuhl aufgrund von Krankheit, Alter oder Tod seine Weberin verlor, wurde aus ihrer Schar eine für den Spiegel und den Kamm gewählt. Es war der Traum aller mui-mui , das goldene Netz zu spinnen und bei den sau-hai lebenslange Zuflucht zu finden.

    Als der Sampan unter einer Reihe hoch

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