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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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zu, wie immer einen burmesischen Stumpen zwischen strahlende Zähne geklemmt, die zum Großteil aus purem
Gold bestanden. »Ich wollt’s dir gerade sagen, Skipper. Eigentlich ist das nicht für unsere Augen bestimmt.« Unter einem Hut aus leichtem Sisalhanf grinste Indie breit.
    »Wer sind die? Und, Herrschaft noch mal, was machen die da?«, fragte Ben.
    »Das sind sau-hai - Frauen ohne Männer.« Lachend drehte sich Indie wieder um, um keinen Augenblick des schaurigen Schauspiels zu verpassen.
    »Die in dem Korb da muss auf irgendeine Weise Schande über sie gebracht oder sie beleidigt haben. Wer gegen den Kodex der sau-hai verstößt, wird ertränkt. Dann ist man nicht länger eine mui-mui , eine Kleine Schwester, sondern eine hah-dung-gai - eine drittklassige Hure. Die Priester wurden hergeholt, um den Dämon in Schach zu halten, bis er ertränkt ist. Was sie da verbrennen, ist Höllengeld, um die bösen Geister zu beschwichtigen, die sich ihretwegen einmischen könnten.« Indie schüttelte den Kopf. »Überaus unversöhnlich, diese grimmigen Schwestern. Aber ich warne dich, uns geht das nichts an!« Schweigend beobachtete Ben, wie sie das groteske Bündel das schlammige Flussufer hinunter fast unter den Bogen des Hecks der Golden Sky zogen.
    Aus dem Korb war kein Laut zu vernehmen, und er fragte sich, ob das Opfer vielleicht schon tot war. Er runzelte die Stirn. Er teilte das beiläufige Interesse an der Szene vor ihm nicht, und die Schaulust seiner Mannschaft konnte er auch nicht gutheißen … doch war er nicht so dumm, seine Missbilligung zu zeigen. Indie hatte zeitlebens Handel in China getrieben und ihm alles, was er wusste, beigebracht. Sein Vater, so behauptete er stolz, war ein chinesischer Pirat und seine Mutter eine portugiesische Bardame aus Macao. Der Steuermann sprach ein halbes Dutzend Dialekte. »Ja, Himmel, Herrgott … gibt es denn gegen so etwas kein Gesetz?«
    Ben wusste, wie sinnlos die Frage war, noch ehe Indie antworten konnte. »Wie gerecht waren denn der Tauchstuhl und das Ertränken von Hexen in deinem eigenen Land und in halb Europa vor gar nicht so langer Zeit? Kein bisschen, denke ich!« Gekonnt rollte
Indie da Silva seinen Zigarrenstumpen von einer Seite seines breiten Mundes in die andere. »So manche Zwölfjährige wurde angezündet, weil der Preisbulle des Grundeigentümers ihn nicht hochbekam oder bei seinen Kühen die Milch versiegte … oder einfach nur, weil es so verdammt viel Spaß machte. Hier in der tiefsten Provinz mahlen die Mühlen ein wenig langsamer. Wenn es keinen Kriegsherrn gibt, der Gesetze festlegt, dann machen sie das eben selber. Dieser aufgedunsene Händler Ming-Chou verantwortet sich vor niemandem außer Lu-Hsing, dem Gott des Überflusses. Ich glaube nicht, dass solche Götter ein Gewissen haben!«
    Als sie zum Wasser kamen, ebbte das Zischen und Gemurmel der sau-hai- Schwestern ab und verstummte dann völlig. In schauriger Stille wurde an einem Ende des Korbes ein großer Stein befestigt, ehe dieser direkt zum Fluss gerollt wurde, wo er in die Untiefen platschte und dabei gelben Schlamm aufwühlte. Er hüpfte in den Stromstrudeln auf groteske Weise auf und ab und versank dann allmählich in einer Woge aus trüben Blasen. Als hätte er die Gedanken seines Partners gelesen, sprach Indie in eindringlicherem Ton.
    »Denk gar nicht erst daran, dich einzumischen, Ben. Die Mannschaft verliert an Gesicht, wenn sie sieht, dass ihr Kapitän sich herablässt, einer mui-mui zu helfen, und sich damit den Priestern widersetzt. Sie werden dich für einen Narren halten. Das Schiff ist dann verflucht und sie selbst gleich mit, weil sie einem Verrückten dienen.« Er lachte, um das Ganze herunterzuspielen. »Vor allem ein bekannter Kinderfresser wie Di-Fo-Lo, der verrückte gwai-lo des Schlickwatts. Ich kenne deine Ansichten über Ungerechtigkeit und Grausamkeit, Ben, aber es ist, als würde man einem ihrer Götter ins Auge spucken … Wenn es dich bekümmert, gehst du am besten nach unten. Wir wollen hier Seide kaufen, nicht Gott spielen, denk daran!«
    Indies Stimme nahm einen alarmierten Ton an, als Ben sich sein Hemd auszog, die Stiefel wegkickte und dann das Messer aus dem Gürtel zog und es sich zwischen die Zähne klemmte. »Um Himmels willen - denk doch mal nach, Mann! Wenn du das Leben einer von
den sau-hai Verurteilten rettest, dann zahlst du für ihre Sünden, die sie aus ihrer Sicht begangen hat. Dieses Leben gehört dir, und du übernimmst auf ewig die

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