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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
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Verantwortung dafür! Deine Ahnen sind ihre Ahnen. Wenn du sie fallen lässt, wirst du von ihnen verdammt und für immer von ihrem Geist verfolgt. Wollen wir das etwa?«
    Indie würde sich nie ganz sicher sein, ob Ben ihn gehört hatte, ehe er vom Heck der Golden Sky hinunterhechtete. Er tauchte sauber ins Wasser ein, schwamm am Uferhang entlang, der steil in grüne Tiefen führte und dicht mit Wasserpflanzen bewachsen war. Ben folgte dem Schlammpfad, den der schwere Korb auf dem Weg zum Grund hinterlassen hatte, sah ihn schließlich in der Strömung rollen. Das Innere spie eine Kette von Luftblasen aus.
    Durch den an den Korbboden gebundenen großen Stein konnte der Korb aufsteigen und aufrecht zwischen lederartigen Pflanzen stehen. Ben schlitzte mit seinem Messer das durchnässte Korbgeflecht auf. Als er mit dem leblosen Mädchen in den Armen auftauchte, empfing ihn ein Wutschrei vom Ufer, in das sich rasch die Protestrufe seiner Mannschaft mischten. Die sau-hai -Schwestern wateten ihm im Wasser entgegen, als er die bewusstlose Gestalt aus dem Fluss hob, machten sich von allen Seiten über ihn her, als er sie ins seichte Wasser zu tragen versuchte. Manche krallten sich an ihm fest, während andere versuchten, ihn zurückzudrängen, ihm den schlaffen Körper zu entreißen und in den dahinschnellenden Strom zu werfen. Erst als Ben mit dem Messer drohte und Indie um Hilfe rief, wichen sie zurück.
    Das hässliche Schauspiel war vorüber, doch die Mannschaft murrte immer noch wütend beim Anblick ihres Kapitäns, dem legendären Dockkämpfer Di-Fo-Lo, der einen Haufen hysterischer Frauen und eine Horde magerer gelber Hunde abwehrte. Mit ein, zwei Schritten war Indie über die Kajütentreppe unten und stieg ins Wasser. Er fluchte über den dicken, gelben Schlamm und seine weiße Hirschleder-Kniehose und trieb die Horde boshafter Frauen mit einer Reihe fürchterlicher Flüche eigener Machart das Flussufer hinauf und auf das Spinnereigelände zurück.

    Ben legte das bewusstlose Mädchen ans Ufer, pumpte das Flusswasser aus ihren Lungen und atmete Leben aus der eigenen kräftigen Brust in sie hinein. Sein Zorn war noch gewachsen, als er entdeckt hatte, dass in dem Schweinekorb ein Kind steckte, die Füße schwer entstellt, der schlammbedeckte Körper über und über mit Striemen und Schnitten bedeckt, halb erstickt von dem durchweichten Fetzen, den man ihr in den Mund gestopft hatte.
    »Sie lebt noch«, sagte er zu Indie, der zu ihm hinübergewatet war. »Sie muss höllisch gekämpft haben!«
    »Wenn nicht, wär’s einfacher gewesen«, seufzte Indie. »Besser für dich, besser für mich, und verdammt viel besser für sie. Nun kriegen wir es mit dem alten Ming und seinen Schlägern zu tun. Der Alte wird nicht allzu glücklich über deine verdammte Ritterlichkeit sein, und ich kann ihm das nicht einmal verdenken.« Indie spuckte seinen durchnässten Zigarrenstumpen ins Wasser.
    »Das bringt Unglück. Im Moment sind Ausländer hier ja nicht direkt beliebt, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte? Wirklich, Ben: Es ist nicht die Zeit für Heldentaten. Wir mögen weit weg von Shanghai sein, aber die Kriegsherren stehen schon in Kanton. Wir können uns nicht für immer hinter dem Doppeldrachen verstecken.« Er zog die durchnässten Reste seines Huts aus dem Wasser und half Ben dann, das bewusslose Mädchen die Gangway hinauf an Bord der Golden Sky zu tragen. Vom Fenster ihrer Unterkunft aus beobachtete Ah-Jeh die Vorgänge mit wachsendem Zorn und bedachte den fremden Teufel, der sich eingemischt hatte, und seinesgleichen mit bitteren Flüchen.

    Obgleich Ben sich darin auskannte, über Preise zu feilschen von einem Sack Reis bis zu einer Mingvase, war er dennoch überrascht, wie wenig er für ein menschliches Leben zu zahlen hatte. Das Mädchen war schätzungsweise im Backfischalter, und sie kostete ihn weniger, als er für ein Paar Stiefel hätte zahlen müssen. Ming-Chou und sein Comprador zeigten wenig Interesse an dem Schicksal des Mädchens im Schweinekorb und sorgten sich mehr um die Zeit,
die ihnen in den Webschuppen verloren ging. Nachdem Ben sie nun mal aus dem Wasser gezogen und unter seinen Leuten für viel Verärgerung und Gesichtsverlust gesorgt hatte, gehörte das Mädchen für den geforderten Preis und die zusätzlichen Kosten für die verursachten Umstände ihm.
    Die Summe wurde beglichen und der sung-tip mit einem Minimum an Zeremonie an Kapitän Devereaux ausgehändigt. Ihm wurde gesagt, wie sie

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