Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pai Kit Fai
Vom Netzwerk:
roten und schwarzen Staat, begleitet von dünnem Trompetenwehklagen und lautem Getrommel. Die Schwestern von sau-hai folgten lautem Becken - und Gongschlagen. In wenigen Augenblicken umgaben die angenehmen Gesichter der Weberinnen den Korb, spähten hinunter, besahen sich durch das Geflecht mit gleichgültigem Interesse Lis verschmutztes Gesicht, stießen sie mit ihren Stöcken, um zu sehen, ob sie noch lebte.
    Mit vor Schmerz und Erschöpfung fast blinden Augen, aller Hoffnung beraubt, blickte sie an ihnen vorbei. Li zwinkerte, zunächst unsicher, ob das, was sie sah, real war oder ob ihr gepeinigter Geist ihr einen Streich spielte: die Masten mit den weißen Spitzen und flatternden Wimpeln des ausländischen Schiffs, Zwillingsdrachen, die sich wie die Schwingen eines Phönix durch die Weiden schlängelten.

8. KAPITEL
    Himmelshaus
    Kapitän Benjamin Jean-Paul Devereaux trug gerade Zahlen ins Frachtbuch ein, als er den Lärm hörte. Während sich die Golden Sky anschickte, am Ladeplatz von Zehn Weiden anzulegen, nahm er zu und wieder ab wie im Wechsel der Gezeiten. Dies war ein einträglicher neuer Hafen für die Golden Sky ; Devereaux hatte von dem Kaufmann Ming-Chou seine erste Ladung Rohseide erstanden und sie mit ansehnlichem Profit an die Fabriken in Shantung verkauft.
    Als er bei seiner ersten Reise einen Blick auf ein junges Mädchen beim Baden am Flussufer erhascht hatte, hatte die Seidenfarm friedlich gewirkt, fast schon verwunschen. Das Mädchen hatte so bezaubernd ausgesehen, dass er sich nicht sicher war, ob er es sich nicht nur eingebildet hatte. Schließlich spielten einem die sich im Schatten des Flusses spiegelnden, überhängenden Weidenzweige so manchen Streich, wenn sie von der Bugwelle der Golden Sky erfasst wurden. Doch dieser flüchtige Eindruck war ihm nicht aus dem Kopf gegangen. Als er wieder hingesehen hatte, war da nichts mehr gewesen außer tanzendem Sonnenlicht und einer gelben Wasserwolke, die sich langsam wieder setzte.
    Auf den Britischen Inseln seiner Vorväter und an der felsigen Küste Cornwalls hätte man ihn nicht als einen großen Mann bezeichnet, aber in Südchina galt ein Mann von 1,70 m als Riese. Sein Gesicht war von einem Leben auf See zu allen Jahreszeiten und auf allen Breitengraden wettergegerbt. Das Manchu-Blut seiner Mutter verlieh seinem Teint etwas Fahles, seine Haut war von feinen Falten durchzogen. Sein dichtes, bronzefarbenes Haar mit goldenen
Strähnen darin war mit einem Lederriemen zusammengefasst. Sein Bart zeigte Zeichen desselben sonnengebleichten Golds und war zwar gestutzt, jedoch alles andere als gepflegt. Seine Augen, so grau wie der Himmel bei unsicherem Wetter, waren so veränderlich wie die ruhelosen Ozeane, die er sich zu eigen gemacht hatte.
    Das Stimmengewirr wurde lauter und eindringlicher, und er schloss seufzend das Frachtbuch: zweifelsohne eine weitere Auseinandersetzung zwischen seiner Mannschaft und den Hafenarbeitern oder der Mannschaft einer vorbeiziehenden Dschunke, die es hasste, wenn ein ausländisches Schiff ihnen das Geschäft wegnahm. Als er an Deck ging, um den Spuk zu beenden, entdeckte er seine Männer nebeneinander an der Reling stehend und in der Takelage hängend. Sie beobachteten eine chaotische Versammlung am Flussufer. Priester fütterten ein Feuer mit Papierbündeln, und zahlreiche schwarz gekleidete Frauen scharten sich um einen Gegenstand auf dem Boden. Sie stießen und schlugen das Ding mit Stöcken und wurden dabei angefeuert von einer Horde verdreckter Rüpel mit ausgemergelten Hunden, die zu ihren Füßen jaulten.
    Solche Frauen hatte er schon zuvor gesehen, bei den Amahs im eigenen Haus und in denen seiner Freunde, doch noch nie in einer Gruppe von fünfzig und mehr. Sie sehen aus wie ein Schwarm Raben, die sich um eine Leiche zanken, dachte er plötzlich. Als die Frauen den Gegenstand zum Fluss direkt hinter der Golden Sky zerrten, sah er, dass es sich um einen gewöhnlichen Schweinekorb handelte, gewebt aus Weidenzweigen und Binsen, bekannt dafür, dass selbst ein ausgewachsener Eber nichts dagegen ausrichten konnte. Aber wieso versuchten sie, eines ihrer eigenen Schweine zu ertränken? Selbst auf ihn, dessen Gefühle durch ein Leben auf See, an einem Großteil der Küste Chinas und seinen weit verzweigten Flüssen abgehärtet waren, wirkte diese laute Prozession wirklich unheimlich. Bens Partner und Steuermann, Indie da Silva, ein gebürtiger Macanese, beobachtete das Treiben von der Reling aus und wandte sich ihm

Weitere Kostenlose Bücher