Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
werden? Nein! Das durfte einfach nicht sein!
»Ich weiß«, antwortete Arla. Ihre Stimme wurde sanfter; aber nicht viel. »Und es tut mir auch leid, bitte glaub mir. Ich breche nicht gerne mein Wort. Aber die Dinge haben sich geändert. Es wäre viel zu gefährlich, dich mitzunehmen. Noch vor wenigen Tagen waren die Menschen hier unsere Freunde, aber das, was Wulfgar und Pardeville getan haben, hat alles geändert. Wir brechen in wenigen Stunden auf, doch der Weg wird nicht leicht. Vielleicht werden wir angegriffen. Möglicherweise werden wir kämpfen müssen. Erik sagt, wir fahren nach Hause, aber es wird wohl eher eine Flucht. Und selbst wenn wir unversehrt in unserer alten Heimat ankommen, so weiß niemand, was uns dort wirklich erwartet, Katharina. Wir wissen nicht einmal, ob wir dort noch willkommen sind.«
»Und das alles ist euch gerade eben eingefallen?«, brachte Katharina mit zitternder Stimme heraus. Aus ihrem Schrecken was längst etwas anderes geworden; Entsetzen und ein Gefühl der Hilflosigkeit, das beinahe körperlich wehtat.
Arla ignorierte ihren Einwurf. »Und selbst wenn all das gutausginge, Katharina«, sagte sie, und dass sie ganz bewusst Katharina sagte und sie nicht Kara nannte, wie Ansgar es getan hatte, verletzte sie umso mehr, »würdest du es wahrscheinlich bereuen. Das Leben dort ist … anders, mein Kind. So vollkommen anders, dass du es dir nicht einmal in deinen kühnsten Träumen vorstellen kannst. Ich bin nicht sicher, ob du es ertragen würdest. Deine Großmutter hat es nicht ertragen, und auch deine Mutter nicht.«
Katharina wollte noch lauter und noch empörter protestieren, doch ihre Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürt, und sie brachte keinen Laut hervor. Tränen schossen ihr in die Augen, doch sie konnte nicht einmal sagen, ob es Tränen des Schmerzes oder blanker Wut waren; oder vielleicht etwas ganz anderes, das ihr völlig fremd war und wofür sie nicht einmal ein Wort hatte.
»Baron zu Guthenfels wird dich mit auf sein Gut nehmen«, fuhr Arla in etwas sanfterem, aber nach wie vor unerbittlichem Tonfall fort. »Dort bist du in Sicherheit, keine Angst. Nicht einmal Wulfgar würde es wagen, dir dort etwas anzutun. Sobald wir in unserer neuen Heimat sind und wissen, dass es dort sicher ist, senden wir einen Boten, und du kannst nachkommen … wenn du das wirklich willst.«
Das klang so dünn, dass Katharina sich fragte, ob Arla es wohl überhaupt selbst glaubte. Dachte sie wirklich, ihre Worte wären ein Trost?
»Es ist überall besser als hier«, sagte sie, mit einer Stimme, die sich herausfordernd anhören sollte, aber selbst in ihren eigenen Ohren weinerlich klang.
»Das kannst du doch gar nicht wissen, Kind«, antwortete Arla ein wenig sanfter. »Der Baron wird gut für dich sorgen, und du wirst es viel besser haben als da, wo du bisher gewesen bist, glaub mir. Bleib ein Jahr bei ihm, oder zwei, und wenn du dann immer noch der Meinung bist, das Leben hier wäre nichts für dich, dann sehen wir weiter.«
Ein Jahr oder zwei? Was redete sie da? Ein Jahr, das war eine … unvorstellbar lange Zeit! Sie sollte ein Jahr lang allein bleiben oder sogar zwei? Niemals!
»Ihr habt es versprochen«, sagte sie mit bebender Stimme.
»Ich weiß«, antwortete Arla.« Aber auch das bedeutet erwachsen werden, mein Kind.«
»Sein Wort nicht zu halten?«, fragte Katharina bitter.
»Zu begreifen, dass man es manchmal nicht halten kann«, erwiderte Arla. »Manchmal muss man ein kleines Unrecht tun, um ein größeres zu verhindern.«
»Und … und Ansgar?«, stammelte sie, fast verzweifelt um irgendetwas bemüht, was Arla vielleicht doch noch umstimmen würde. »Wollt ihr ihn einfach im Stich lassen?«
»Es ist so, wie dein Großvater gesagt hat«, antwortete Arla. »Wulfgar mag ein grausamer Mann sein, aber er ist nicht dumm. Wenn ihm erst einmal klar geworden ist, dass er dich nicht bekommen kann, dann hat dein Bruder keinen Wert mehr für ihn, sondern stellt allenfalls eine Gefahr dar. Er wird ihn freilassen.«
Sie wechselte das Thema, indem sie auf die beiden kleinen Kater deutete, die aneinandergekuschelt vor dem Kamin lagen und schliefen. »Möchtest du sie mitnehmen? Ich würde mich um sie kümmern, aber ich glaube nicht, dass sie die Reise überleben würden.«
Katharina sagte gar nichts dazu, was Arla anscheinend als Zustimmung deutete. »Dann suche ich ein Körbchen, in dem du sie transportieren kannst«, sagte sie. »Und ein paar Decken, damit sie es warm haben.
Weitere Kostenlose Bücher