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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich dann zum ersten Mal wirklich aufmerksam um. Scheinbar himmelhohe Wände schienen sie zu umgeben, wohin sie auch blickte. Burg Pardeville mochte ja das größte Gebäude sein, das sie jemals gesehen hatte, kam ihr in diesem Moment aber dennoch winzig vor, beinahe schon selbst eine Kerkerzelle, kaum größer als das Verlies, aus dem sie gerade gekommen war, und nur zum Himmel hin offen. Der kleine, asymmetrische Innenhof maß vielleicht zwanzig Schritte in der einen und vierzig oder fünfzig in der anderen Richtung, war aber so voll gestopft mit offenen Ställen, Remisen und roh aus Brettern zusammengenageltenSchuppen und Unterständen, dass man das Gefühl hatte, sich nur vorsichtig darin bewegen zu können, um nicht ständig überall anzustoßen. Abgesehen von ihrem Wächter, der kein Wort mehr gesagt hatte und nichts dagegen zu haben schien, dass sie sich aufmerksam umsah, sie aber dennoch misstrauisch im Auge behielt, war kein Mensch zu sehen. Eine Handvoll Hühner lief gackernd umher und suchte im Schmutz auf dem Boden nach irgendetwas Essbarem, und sie hörte das ärgerliche Quieken eines Schweins, das in einem der Schuppen eingesperrt war. Der sachte Geruch nach brennender Holzkohle hing in der Luft, und aus dem Gebäude hinter ihr drangen Stimmen, ohne dass sie die Worte verstehen konnte. Zwei der vier Wände wurden von trutzigen Gebäuden und der gekrümmten Wand des Turmes gebildet, die anderen waren einfach glatte Mauern, nicht himmelhoch, wie es ihr im ersten Moment vorgekommen war, aber dennoch mindestens fünf-, wenn nicht sechsmal so hoch wie ein erwachsener Mann und auf dem unteren Drittel sorgsam verputzt, sodass es vollkommen unmöglich war, daran hinaufzuklettern. Anscheinend hatte Vera Recht, dachte sie betrübt, und sie war hier genauso gefangen wie die Gauklerin, nur dass man ihre Ketten nicht sehen konnte.
    Auf der anderen Seite gab es ein Tor, das weit offen stand und anscheinend auch nicht bewacht wurde. Zögernd setzte sich Katharina darauf zu in Bewegung und erwartete, von ihrem griesgrämigen Begleiter sofort zurückgerufen zu werden, doch er sagte nichts, sondern schlurfte ihr nur in zwei oder drei Schritten Abstand hinterher. Sogar als sie den gemauerten Torbogen erreicht hatte und nicht anhielt, sondern ihn im Gegenteil schneller werdend durchschritt.
    Erst als sie auf der schmalen steinernen Brücke angekommen war, die den Wassergraben auf der anderen Seite überspannte, blieb sie stehen und sah sich nach rechts und links um. Es gab eine zweite, niedrigere und zu einem Gutteil von kleineren gemauerten Gebäuden gebildete, äußere Mauer. Das Tor darin war ebenso einladend geöffnet wie das, durch das sie gerade gekommen war, und auch hier schien es nirgendwo einen Wächter zu geben, oder auch nur irgendjemanden, der sich für sie interessierte. Ein gutes Stück entfernt auf der anderen Seite des zum Teil mit Bäumen bestanden Geländes waren zwei Frauen damit beschäftigt, Wäsche auf eine Leine zu hängen. Katharina hörte ihre gemurmelten Gespräche und ein leises Lachen, und ganz kurz sahen sie sogar in ihre Richtung und unterbrachen sowohl ihr Gespräch als auch ihr Tun, verloren aber beinahe augenblicklich wieder das Interesse an ihr und arbeiteten und redeten weiter.
    Der Anblick verwirrte sie. Nach allem, was er getan hatte, um ihrer habhaft zu werden, schien es Pardeville jetzt vollkommen gleichgültig zu sein, was sie tat oder ob sie auch nur hier war. Das ergab keinen Sinn.
    Zögernd tat sie einige weitere Schritte, wartete erneut – und vergeblich – darauf, von ihrem Bewacher zurückgerufen zu werden, und blieb am anderen Ende der Brücke stehen. Von hier aus war das weit geöffnete, äußere Tor gut zu sehen, und es dauerte nur einen Augenblick, bis sie zu begreifen begann, weshalb der fränkische Edelmann so scheinbar sorglos mit seiner wertvollen Gefangenen umging. So weit ihr Auge reichte, gab es nichts, wohin sie hätte gehen können, so einfach war das. So weit entfernt, dass sie nur einen rauchigen, dunkelgrünen Schemen wahrnahm, erhob sich ein Wald, dazwischen aber erstreckte sich nichts als flaches, mit Gras und wenigen dürren Büschen bestandenes Gelände, und dieser Anblick passte sehr gut zu den anderen, an die sie sich jetzt erinnerte: den Blick aus dem Fenster oben in Pardevilles Thronsaal. Sie könnte eine Stunde rennen, ohne irgendwo ein Versteck zu finden, und ein Mann zu Pferd (oder ein schneller Läufer) hätte keine Mühe, sie binnen weniger

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