Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
sofort eine Antwort bekam, wandte er sich mit fragendem Blick an seinen Enkelsohn, und Ansgar begann rasch und in seiner Muttersprache auf ihn einzureden. Diesmal schien er es nicht als unhöflich zu empfinden. Erik hörte stumm und mit völlig unbewegtem Gesicht zu und schwieg auch dann noch eine Weile, als Ansgar fertig war.
»Ansgar hat Recht«, sagte er schießlich, an Katharina gewandt. »Wenn du das, was du ihm gesagt hast, irgendeinem anderen als meinem Enkel oder mir erzählst, dann könnte es dich gut das Leben kosten; ganz gleich, ob es wahr ist oder nicht.«
»Es ist wahr«, beharrte Katharina.
»Ich sage nicht, dass du lügst, Mädchen«, antwortete Erik ernst.
»Aber es ergibt keinen Sinn«, fügte Ansgar hinzu. »Graf Ellsbusch und Wulfgar sind seit vielen Jahren Verbündete.«
»Das ist wahr«, sagte Erik. »Aber dir wird auch aufgefallen sein, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Er hat sich ziemlich vorsichtig bewegt, und er hatte Schmerzen; auch wenn er versucht hat, sich das nicht anmerken zu lassen.«
»Und?«, fragte Ansgar und machte ein abfälliges Geräusch. »Er schlägt sich dauernd mit seinen Kriegern. Vielleicht ist er endlich an einen geraten, der ihm gewachsen ist.«
»Ja, das könnte sein«, murmelte Erik. Aber er wirkte nicht überzeugt. Schweigend und sehr nachdenklich sah er dem davongleitenden Drachenboot nach, seufzte schließlich noch einmal und sehr tief und bedachte Katharina mit einem langen, undeutbaren Blick.
»Mein Enkel hat mir erzählt, was du über die letzte Nacht auf Burg Ellsbusch berichtet hast«, sagte er. »Hat es sich wirklich genau so zugetragen, Mädchen?« Er hob die Hand, als sie antworten wollte. »Überleg dir deine Antwort ganz genau. Wenn du lügst, und es kommt heraus, ist dein Leben verwirkt. Und auch der Umstand, dass du fast noch ein Kind bist, wird dich dann nicht retten.«
»Es ist die Wahrheit!«, beharrte Katharina. Warum glaubte ihr denn niemand?
»Dann komm mit«, sagte Erik, nachdem er einen weiteren Moment nachgedacht hatte. Ohne ihre Antwort abzuwarten, drehte er sich um und ging mit schnellen Schritten davon. Katharina warf Ansgar einen ebenso fragenden wie Hilfe suchenden Blick zu, den er aber geflissentlich ignorierte. Er bedeutete ihr nur mit einer fast befehlenden Geste, seinem Großvater zu folgen.
Erik steuerte das größte Zelt an. Er sah kein einziges Mal zurück, um sich davon zu überzeugen, dass sie ihm auch wirklich folgte. Auf dem Weg dorthin sprach er zwei Männer an, die augenblicklich herumfuhren und davoneilten, und Katharinas ungutes Gefühl verstärkte sich noch mehr. Sie wünschte sich schon fast, gar nichts gesagt zu haben.
Das Zelt musste irgendwie verzaubert sein, denn sein Inneres kam ihr mindestens doppelt so groß vor, wie es von außen den Anschein gehabt hatte, und die Einrichtung war auch nicht annähernd so karg wie die in Ansgar Zelt. Es gab einen Tisch mit einem guten Dutzend Stühlen, mehrere große Truhen, die mit schweren eisernen Bändern beschlagen waren, und sogar ein richtiges Bett, das größer war als die meisten, die Katharina jemals gesehen hatte. Erik wusste zu leben, das musste sie ihm lassen. Auch wenn sie das Innere von Burg Ellsbusch nie gesehen hatte, so bezweifelte sie doch, dass es dort sehr viel prachtvoller sein konnte.
Erik machte eine unwillig-wedelnde Handbewegung auf die Stühle, die etwas so Befehlendes hatte, dass sie nicht einmal auf den Gedanken kam, ihr nicht zu gehorchen. Ansgar nahm auf dem gegenüberliegenden Stuhl Platz, wich ihrem Blick aber weiter aus, und aus Katharinas ungutem Gefühl wurde etwas anderes, über dessen genaue Bedeutung sie lieber gar nicht erst nachdenken wollte.
Wahrscheinlich verging nicht einmal viel Zeit, aber für sie war es trotzdem, als hätten sie eine schiere Ewigkeit schweigend dagesessen. Schließlich betraten zwei weitere Männer das Zelt, und nur einen Moment später ein dritter. Sie waren ungefähr in Eriks Alter und wirkten mir ihren langen Haaren und struppigen Bärten wild und ein bisschen Furcht einflößend, aber die Blicke, mit denen sie sie maßen, kamen ihr eher freundlich vor.
Erik bedeutete ihnen mit einer knappen Geste, Platz zu nehmen und wandte sich direkt an Katharina. »Das sind Ole, Twersig und Hrot«, sagte er. »Sie sprechen deine Sprache nicht, weshalb ich für sie übersetzen werde. Hast du das verstanden?«
Katharina nickte, und Erik wechselte er paar Worte in seiner Muttersprache mit den drei Männern und wandte
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