Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
Kätzchen sah, die Katharina an die Brust drückte. Noch bevor sie eine entsprechende Frage stellen konnte, sprudelte Ansgar auch schon in seiner Muttersprache los, und Arla hörte ihm geduldig zu und beließ es danach nur bei einem weiteren, angedeuteten Achselzucken.
»Lass uns ins Haus gehen«, sagte Erik. »Wir haben eine Menge zu besprechen, aber zuallererst braucht unser Gast etwas zu essen.« Er maß sie mit einem bezeichnenden Blick. »Und ein Bad.«
Sie steuerten eines der niedrigen, aber erstaunlich langen Gebäude an, die sich um einen halbrunden Platz gruppierten und so das gesamte Dorf bildeten. An seinem gegenüberliegenden Rand erhob sich ein wirklich sonderbares Gebäude. Als einziges im Dorf hatte es mehr als ein Stockwerk und noch einen zustätzlichen, seltsam asymmetrisch geformten Turm, der sich an seine Seite lehnte. Außerdem war es mit dünnen Holzschindeln gedeckt, nicht mit Stroh. Hätte es nicht so bizarr ausgesehen – und hätte sie nicht gewusst, dass dieses Volk zweifellos einem finsteren Götzenglauben anhing –, hätte sie es für eine Kirche gehalten. So aber blieb ihr seine Bedeutung rätselhaft.
Auch die anderen Gebäude waren von fremdartiger Bauweise, entsprachen aber schon eher dem, was sie bei einem so rohen und barbarischen Volk erwartet hätte: Selbst das kleinste der wuchtigen Langhäuser war ein gutes Stück größer, als es das größte Haus in Ellsbusch gewesen war, und sie waren nicht aus mit Stroh und Lehm gefülltem Fachwerk erbaut, sondern ausschweren Baumstämmen, die mit großer Kunstfertigkeit miteinander verbunden worden waren. Mit ihren flachen Strohdächern und den kleinen Fenstern wirkten sie beinahe bedrohlich – aber eben nur beinahe –, zugleich aber auch auf eine beruhigende Art massiv. Katharina war sicher, dass es keine vorstellbare Naturgewalt gab, die ihnen etwas anhaben konnte.
Nach ein paar Schritten wandte sie sich mit einem fragenden Blick an Erik. »Was ist das?, fragte sie mit einer Geste auf die vermeintliche Kirche.«
»Unsere Kirche«, antwortete Erik.
»Eure … Kirche?«, wiederholte sie zweifelnd. Aber hatte Vater Cedric nicht immer behauptet, alle Fremden wären Ketzer und Götzenabeter?
»Wir sind Christen«, bestätigte Erik, und als wäre diese Behauptung nicht aberwitzig genug, grinste Ansgar plötzlich breit und machte eine Kopfbewegung auf seine Tante.
»Und Arla ist unsere Priesterin.«
Katharina war so verblüfft, dass sie gar nichts mehr dazu sagte. Sie war auch nicht sicher, dass das die Wahrheit war. Vielleicht erlaubten sich die beiden nur einen seltsamen Scherz mit ihr.
Sie hatte damit gerechnet, dass sie das größte Gebäude ansteuern würden, war Erik doch der Skalde dieses Dorfes und damit wohl so etwas wie ein Bürgermeister, wenn nicht mehr – doch das genaue Gegenteil geschah: Arla führte sie zu einem der kleineren Gebäude, und drinnen erwartete sie eine weitere und durchaus angenehme Überraschung. Sie wusste nicht genau, was sie erwartet hatte – vermutlich nichts –, aber wenn, dann allerhöchstens so etwas wie in Ellsbusch: kleine, dunkle und niedrige Räume, die so beengt waren, dass man das Gefühl hatte, nicht mehr richtig atmen zu können, und in denen es ununterbrochen nach brennendem Holz und nassem Stroh stank. Der Geruch nach Asche und verkohltem Holz war auch hier zu spüren, aberlängst nicht so aufdringlich und krank machend, und im allerersten Moment kam es ihr so vor, als wäre das Haus innen größer als außen. Ein Eindruck, der wohl von dem hohen, von einem ganzen Spinnennetz aus Balken getragenen Strohdach und der Tatsache kam, dass sein gesamtes Inneres aus einem einzigen Raum bestand und es auch nur sehr wenige Möbel gab.
»Setz dich, Kind.«
Arla machte eine Kopfbewegung zu einem kleinen Tisch, der von vier einfachen Hockern ohne Lehnen flankiert wurde. »Ich mache dir gleich etwas zu essen, aber zuerst muss ich das Feuer wieder in Gang bringen. Ansgar – nimm dir ein paar deiner Freunde und holt Wasser aus dem Fluss; genug für ein Bad.«
»Aber ich bin doch gerade erst –«, protestierte Ansgar und führte den Satz vorsichtshalber nicht zu Ende, als Arla ihm einen strengen Blick zuwarf. Zwar schmollend, aber sehr schnell trollte er sich, und auch Erik wechselte nur noch ein paar Worte mit seiner Tochter und ging dann davon – wenn auch nicht, ohne ihr noch einen weiteren dieser sonderbaren Blicke zugeworfen zu haben.
Katharina war enttäuscht, und sie hatte
Weitere Kostenlose Bücher