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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gelegenheit, noch einmal zu widersprechen, sondern griff nach den Zügeln ihres Pferdes und ritt los. Aus Katharinas Verwirrung wurde jäher Zorn, der aber ebenso rasch verrauchte, wie er aufgekommen war, und sie nur in noch größerer Verwirrung zurückließ. Sie verstand nun überhaupt nicht mehr, was hiervorging, aber eines war ihr dafür um so klarer: Ansgar was ihr nicht nur gefolgt, um auf sie acht zu geben. Hier ging noch viel mehr vor, und sie spielte eine Rolle darin.
    Der Umweg, den Ansgar einschlug, war noch größer, als sie geschätzt hatte. Der Wald umgab Santen wie eine lebendige grüne Belagerungsmauer an drei Seiten, hielt aber einen respektvollen Abstand zu der niedrigeren und von Menschenhand geschaffenen Mauer und schlug hier und da auch einen willkürlichen Bogen, denen Ansgar getreulich folgte. Sie brauchten mindestens zwei oder drei Stunden, um die Stadt einmal zu umrunden und den Hafen zu erreichen.
    Dennoch wurde Katharina die Zeit nicht lang. Sie nutzte jeden Augenblick, um die Stadt anzusehen, und sie wurde des Anblickes auch nicht müde; vor allem nicht, als sie nahe genug herankamen, um all die Menschen innerhalb der Mauern erkennen zu können – eine gewaltige, bunte Menge, die scheinbar chaotisch durcheinanderwuselte und deren Lärmen manchmal mit dem Wind heranwehte und sie auf sonderbare Weise anrührte. So, wie sie aufgewachsen war, dachte sie selbst, sollte sie eine so unvorstellbar große Menschenmenge erschrecken oder doch mindestens nervös machen, aber genau das Gegenteil schien der Fall zu sein: Nichts wünschte sie sich im Moment sehnlicher, als dort hinunterzugehen und in diese brodelnde Menschenmenge einzutauchen, um all diese Wunder aus der Nähe zu betrachten und anzufassen und sich davon zu überzeugen, dass sie auch wirklich waren und sie nicht etwa noch immer im Fieber dalag und fantasierte.
    Als sie die Stadt halb umrundet hatten, kam die riesige Kirche besser in Sicht, deren Anblick sie vorhin schon so sehr in Erstaunen versetzt hatte. Aus der Nähe betrachtet wirkte sie noch viel unglaublicher. Die Kirche war tatsächlich noch größer, als sie geglaubt hatte, und war ihrerseits von einer mehr als mannshohen Mauer umgeben, die das gewaltige Kirchenschiffund die Ansammlung kaum weniger gewaltiger Nebengebäude selbst in eine Art Festung verwandelten, die ihr zehnmal wehrhafter vorkam, als Burg Ellsbusch es jemals gewesen war.
    Schließlich stellte sie eine entsprechende Frage, auf die Ansgar aber erst nach einem spürbaren Zögern antwortete, und selbst dann nur ausweichend.
    »Es sind gefährliche Zeiten«, sagte er. »In Zeiten der Not oder auch bei einem Unwetter suchen die Menschen Schutz in der Kirche … angeblich in der Nähe Gottes, aber wenn du mich fragst, dann eher, weil sie einfach die dicksten Mauern hat. War das bei euch nicht so?«
    Davon abgesehen, dass ganz Ellsbusch fünfmal in dieses gigantische Gebäude gepasst hätte … oder auch zehnmal? Katharina schüttelte zwar den Kopf, aber es fiel ihr immer noch schwer zu glauben, dass diese Kirche, die ihr so groß vorkam wie ein Berg, wirklich von Menschen erbaut worden sein sollte. Und sah sie darüber hinaus davon ab, dass Ansgars Worte die pure Ketzerei waren, hatte er durchaus Recht. Auch in Ellsbusch hatte Vater Cedric seine Schäfchen in die Kirche gerufen, wenn ein besonders schlimmes Unwetter tobte, und diese Kirche hier erschien ihr massiv genug, um nicht nur dem schlimmsten vorstellbaren Sturm zu trotzen, sondern selbst dem Tag des Jüngsten Gerichts.
    Was das vielleicht sogar der Plan, den die Erbauer dieser gewaltigen Kirche verfolgt hatten?, überlegte sie ernsthaft. Aber sie begriff sofort, dass allein diese Frage schon wieder ein gehöriges Maß Häresie enthielt, und zog es vor, gar keine Antwort darauf zu suchen.
    Aber vielleicht hatte sie sich nicht so gut in der Gewalt, wie sie glaubte, denn Ansgar fuhr unaufgefordert und in fast verteidigendem Ton fort: »Diese Kirche ist schon sehr alt, weißt du? Sie war schon hier, als wir hier angekommen sind –«
    Vor zehn Jahren, dachte Katharina. Und das nannte er alt?
    »– und wahrscheinlich schon sehr viel früher. Wenn du mich fragst, dann waren sie hier nicht immer so friedlich … aber heute ist es ein Stift.«
    »Aha«, sagte Katharina. »Und was ist ein Stift?«
    Ansgar sah sie auf eine Art belehrend an, die sie schon wieder ein bisschen ärgerte. »Die heiligen Männer hier kümmern sich um die Kranken und Alten«, antwortete

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