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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wesentlich schneller, selbst wenn man nur so gemächlich dahintrabte, wie sie es getan hatten. Statt weniger Augenblicke brauchten sie fast eine halbe Stunde, um erneut den Hafen zu erreichen, und ein zweites Mal und jetzt quälend langsam an den beiden nebeneinander liegenden Schiffen vorbeizugehen milderte ihr Unbehagen keineswegs.
    Katharina genoss noch immer den Anblick dieser faszinierenden, riesigen Stadt, aber je näher sie ihr kam, desto mehr schien sie von ihrem Glanz zu verlieren. Sicher, die Häuser hier waren größer und unzweifelhaft prachtvoller als die ärmlichen Hütten von Ellsbusch, in denen sie wechselweise aufgewachsen war, aber auch sie hatten ihre besten Zeiten wohl schon lange hinter sich. Manche von ihnen mochten früher einmal sauber verputzt gewesen sein, nun aber herrschte hier überall Schmutz und Verfall, und das Schlimmste war der Geruch. Anfangs glaubte sie noch, der üble Odem wehte vom Fluss herauf, in den die Männer auf den Schiffen einfach ihre Abfälle kippten, aber er wurde immer stärker, je weiter sie sich vom Wasser entfernten; eine Mischung aus Brandgeruch, Schweiß und faulendem Gemüse und zu vielen Menschen, die sich auf zu engem Raum drängten, aus Stallgeruch und Gülle und dem Inhalt von Nachttöpfen und anderen einschlägigen Behältnissen, die man hier anscheinend einfach auf die Straßen kippte … die diesen Namen im Übrigen nicht wirklich verdienten, waren sie doch wenig mehr als Pfade aus halb flüssigem Morast, in dem ihre Füße bei jedem Schritt bis über den Rist versanken. Außerdem waren sie finster und schmal und so überfüllt, dass sie praktisch ununterbrochen mit jemandem zusammenstieß.
    Ansgar, der ihr in zwei oder drei Schritten Abstand folgte, ließ ihr zwar hinlänglich Zeit, immer wieder stehenzubleiben und mit offenem Mund die immer neuen Wunder zu bestaunen, die sie praktisch auf Schritt und Tritt ansprangen, dirigierte sie aber trotzdem zielsicher durch ein Labyrinth verwinkelter (und übelriechender) Straßen und Gässchen bis zu einem Platz in der Mitte der Stadt, der allein schon größer war als ganz Ellsbusch, im Augenblick aber vor Menschen und bunten Marktständen schier aus den Nähten platzte. Der Lärm war unbeschreiblich, und im allerersten Moment erschlug sie das schiere Übermaß an Bewegung und Farben, das sie sah. Hätte ihr jemand in diesem Moment erzählt, dass auf diesem Platz alle Menschen versammelt waren, die es überhaupt auf der ganzen Welt gab, Katharina hätte es wahrscheinlich geglaubt.
    »Ich habe doch gesagt, dass heute Markttag ist«, sagte Ansgar stattdessen. »Da geht es hier immer so zu. Manchmal ist es sogar noch schlimmer.«
    Katharina warf ihm einen schrägen Blick zu. »Paris?«
    »Wie?«, fragte Ansgar.
    »Hundertmal so groß?«
    Ansgar benötigte zwar ein paar Augenblicke, um überhaupt zu begreifen, was sie meinte, aber dann nickte er um so heftiger. »Mindestens!«
    »Ja, bestimmt«, antwortete sie spöttisch.
    Ansgar setzte sichtbar zu einer geharnischten Antwort an, besann sich dann aber eines Besseren und beließ es bei einem angedeuteten Schulterzucken. Statt endlich zuzugeben, dass er es mit seinem Versuch, sie zu foppen, wohl ein bisschen übertrieben hatte, machte er nur eine flatternde Handbewegung,mit der er überall und zugleich nirgendwohin deutete, und griff mit der anderen Hand unter sein Wams. Etwas klimperte.
    »Siehst du das Haus dort drüben neben dem Rathaus?«, fragte er.
    Vermutlich hätte sie das – hätte sie gewusst, was ein Rathaus war oder wie es aussah. Sie schwieg, aber ihr hilfloser Gesichtsausdruck war anscheinend Antwort genug. Ansgar seufzte.
    »Das große Haus mit den Arkaden.«
    »Aha«, sagte Katharina. Groß waren alle Häuser hier. »Und was sind Arkaden?«
    Ansgar seufzte noch einmal. Tiefer.
    »Ich muss … etwas überprüfen«, sagte er. »Es wäre mir lieb, wenn du hier auf mich warten würdest. Aber für den Fall, dass wir uns aus den Augen verlieren, treffen wir uns dort, einverstanden?«
    Er deutete auf ein besonders großes Gebäude auf der anderen Seite des Platzes, das gleich drei Stockwerke und mehrere spitze Giebel auf jeder Seite hatte. Den anderen Arm streckte er aus und ließ drei kupferfarbene Münzen in ihre Handfläche fallen.
    »Kauf dir irgendetwas Schönes«, sagte er. »Aber pass auf, dass man dich nicht betrügt.«
    Katharina war so überrascht, dass sie gar nichts dazu sagte, sondern die drei Kupfermünzen nur fassungslos anstarrte. Sie

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