Die Tochter der Seidenweberin
ein spöttisches Lächeln. Der König war stets im Bilde, wie es um die Geschäfte seines Dukatenesels in Augsburg stand. Und was der König nicht wusste, das wusste außer Jacob Fugger und vielleicht seinen Brüdern niemand.
»Im März ist die Flotte des portugiesischen Königs unter Franzisko de Almeida von Rastello aus Richtung Indien in See gestochen. Selbstverständlich ist unsere Gesellschaft maßgeblich beteiligt. Wir erwarten davon immense Gewinne«, prahlte er.
»Vorzüglich! Ganz vorzüglich! Sicherlich ist die kölnische eine der wichtigen, wenn nicht gar die wichtigste Faktorei der Fugger«, komplimentierte der König.
Das war reine Schmeichelei. Die kölnische Faktorei spielte im Handelsreich der Fugger, das von Lissabon im Westen, Neapel im Süden bis nach Riga im Norden bald die ganze bekannte Welt umspannte, eine untergeordnete Rolle. Um Stephans Mund zuckte es verdächtig ob dieser Übertreibung.
»Ihr müsst ein wohlhabender und einflussreicher Mann sein«, fuhr der König fort.
Andreas lächelte selbstgefällig.
»Das versetzt Euch wohl in die Lage, Unsere Majestät mit einem kleinen, sicherlich entbehrlichen, Darlehen zu erfreuen.«
Andreas nickte. »Selbstverständlich, Euer Majestät. Zu gerne.«
Das Zucken um Stephans Lippen wurde stärker. Für einen umsichtigen Kaufmann war es ein unsicheres Geschäft, dem König Geld zu leihen. Denn um die Bonität der Habsburger war es noch nie gut bestellt gewesen. Weder Maximilian noch sein Vater hatten sich je dadurch ausgezeichnet, ihren finanziellen Verbindlichkeiten pünktlich nachzukommen.
Der König nickte abschließend, und auf seinen Wink hin nahm Rechenmeister Hackenay den Fuggerfaktor zur Seite, um mit ihm die Einzelheiten zu besprechen.
Überraschend wandte Seine Majestät sich nun Stephan zu, der sich bislang im Hintergrund gehalten hatte. Er griff in die perlenbesetzte Börse, die ihm vom Gürtel hing, fingerte eine große Münze hervor und reichte sie Stephan. »Kauft Eurer Gemahlin etwas Schmückendes. Nicht dass sie selbst nicht Zierde genug ist, doch ein wenig Geschmeide steht jeder Frau gut zu Gesicht.«
Stephan verneigte sich und dankte, außerstande, das Missverständnis aufzuklären.
Eine weitere Verbeugung, ein Knicks von Lisbeth, und schon hatte der König sich wieder seinem gefüllten Becher zugewandt. Das war wirklich einmal ein gelungener Tag, fand er. Die Regenwolken hatten sich verzogen, und Sonnenstrahlen schickten bunte Lichter durch die bemalten Fenster herein. Doch Maximilian dachte nicht daran, dieses gastliche Zunfthaus zu verlassen. Mochten Bürgermeister van Berchem und seine kreuzlangweiligen Ratsherren doch zu ihrem festlichen Bankett empfangen, wen sie wollten, entschied er. Hier bei den Brauern war es alle Male vergnüglicher. Später würde er dann weiterziehen zum Tanz um das Johannisfeuer, das man vor den Toren der Stadt entzündete.
Und so warteten die Bürgermeister und die Ratsherren an diesem Johannistag vergebens auf das Erscheinen ihres Königs. Das war umso ärgerlicher, als die Stadtväter sich Maximilian mit einem opulenten Bankett besonders geneigt hatten machen wollen. Denn sie erhofften sich seine Unterstützung in einem Prozess, den Erzbischof Hermann von Hessen bei der Kurie gegen die Stadt angestrengt hatte. Sie konnten nicht ahnen, dass die kölnischen Brauer und später am Abend die Bürger beim Tanz um die Feuer dies mit ihrer Lebensart weit besser verstanden, als das erlesenste Bankett es vermochte.
Kleine Wölkchen stiegen vom Pflaster der Schildergasse auf, als Lisbeth und Stephan das Zunfthaus der Brauer verließen.
»Dann werde ich für meine Gemahlin mal etwas Geschmeide erstehen.« Stephan grinste und hakte sich gutgelaunt bei Lisbeth unter.
»Aber …«, hob Lisbeth an zu protestieren.
»Nichts aber«, unterbrach Stephan sie. »Heute sollst du einmal richtig Freude haben! Sag bloß, ich hätte bisher nicht gut für deine Unterhaltung gesorgt. Sogar einen lebenden König habe ich dir präsentiert!« Stephan zog eine gespielt beleidigte Miene, und Lisbeth musste hellauf lachen.
»Also gut«, willigte sie ein und ließ sich von ihrem Schwager in Richtung Unter Goldschläger führen, der Gasse, in der die Gold- und Silberschmiede ihre Werkstätten hatten.
»Ein wunderschönes Stück für die Frau Gemahlin«, bemerkte der Silberschmied und legte Lisbeth ein Armband um das Handgelenk. Es war eine kunstfertige Arbeit. Die großen Glieder der Kette fügten sich perfekt
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