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Die Tochter der Seidenweberin

Die Tochter der Seidenweberin

Titel: Die Tochter der Seidenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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war diese Entwicklung wenig erfreulich, denn sie stellte seine Arbeit als Angestellter einer Faktorei unmittelbar aufs Spiel. Doch er konnte es ganz und gar nicht leiden, wenn der arrogante Imhoff seine Heimatstadt geringschätzte, und so ließ er seinen Groll gegen die Stadtväter an seinem Schwager aus.
    Andreas maß ihn mit einem hochmütigen Blick. »Bezeichnend ist, dass die Fugger es wieder einmal zuerst gewusst haben, noch vor eurer eigenen Kaufmannschaft«, stichelte er.
    »Die Fugger, ja. Aber nicht du. Du musstest es von einem Ravensburger erfahren«, gab Stephan mit gleicher Münze heraus.
    »Wir Oberdeutschen brauchen euer rückständiges Köln nicht. Dann gehen wir eben mit unseren Geschäften nach Antwerpen! Das ist ohnehin der bessere Handelsplatz. Dann bekommt ihr gar keine Akzise mehr von den Oberdeutschen Gesellschaften. Und dann werdet ihr schön dumm schauen!«, parierte Andreas.
    »Und du glaubst, das hätte der Rat nicht bedacht? So dumm sind unsere Stadtväter auch nicht! Der Stadtsäckel wird an Akzisezahlungen nichts verlieren, was ihm nicht auch jetzt schon entgeht.«
    »Aber wenn es ohnehin nichts ändert, dann ist es doch gleich, ob man den Handel der fremden Faktoren erlaubt oder verbietet«, warf Lisbeth ein. »Warum macht man es dann?«
    »Die Oberdeutschen bringen ihre Waren nicht alle aus der Stadt hinaus. Sie bieten sie auch in Köln an, und diese Geschäfte entgehen den kölnischen Händlern. Mit dieser Maßnahme wird dafür gesorgt, dass der Handel in Köln in der Hand der kölnischen Kaufleute bleibt«, erklärte Stephan. Mit einem triumphierenden Seitenblick auf Andreas fügte er hinzu: »Und eure Zölle werdet ihr weiterhin zahlen müssen, denn mit euren Waren könnt ihr Köln kaum umgehen. Die wichtigsten Handelsstraßen von Nord nach Süd und aus dem Westen kommend laufen dort zusammen.«
    »Ich denke, ihr stimmt mir zu, wenn ich sage, dass es von unseren Stadtvätern bedauerlich kurzsichtig gedacht ist«, versuchte Hans Her seine Schwäger zu besänftigen. »Sie übersehen, dass diese Maßnahme nicht dazu dient, Kölns Position als bedeutende Handelsstadt zu festigen. Im Gegenteil. Doch ich hoffe, dass in der Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.«
    »Du bist fein raus! Du hast ja ohnehin deine Geschäfte in Antwerpen und bist kölnischer Bürger obendrein«, wandte sich Andreas nun gegen Hans.
    Doch dieser ließ sich nicht reizen. »Du bist auch schon lange in Köln. Niemand hindert dich daran, gleichfalls das kölnische Bürgerrecht zu erwerben«, gab er ruhig zurück.
    »Ich entstamme einer Nürnberger Patrizierfamilie!« Entrüstet schnaubend stieß Andreas die Luft aus. Er erhob sich und verließ grußlos den Tisch.
    »Was für ein Pinsel!«, brummte Stephan hinter ihm her. »Aber von dem lassen wir uns nicht den Abend verderben. Wenn es uns schon künftig die Geschäfte verhagelt, dann sollten wir uns heute unserer Erfolge freuen und feiern, solange es dafür einen Grund gibt. Ich hole uns jetzt etwas Anständiges zu trinken, anstelle dieses dünnen Apfelgebräus.« Entschlossen ergriff er den Krug, schüttete den restlichen noch darin verbliebenen Apfelwein unter den Tisch und erhob sich.
    Als Vertreter der kölnischen Faktorei der Ravensburger hatte er, obschon er im Steinernen Haus logierte, hier im Keller des Lämmchens einen Verschlag, in dem er die Waren der Gesellschaft, die für Köln bestimmt waren, einlagerte. Und in diesem befand sich auch ein Fässchen schweren roten Weines, den er für seinen eigenen Bedarf mit nach Frankfurt gebracht hatte.
    Als er mit dem gefüllten Krug wiederkehrte, schien Stephans Laune sich gebessert zu haben. »Nicht zu glauben, dass mein Bruder es wegen einer so widersinnigen Entscheidung vorgezogen hat, in Köln zu bleiben und seine reizende Gattin allein reisen zu lassen«, bemerkte er galant zu Lisbeth.
    Hans grinste, doch er widersprach Stephan: »Ich glaube eher, das Gegenteil ist der Fall. Ich bin sicher, Mertyn wollte diese Entscheidung des Rates unbedingt verhindern.« Mit dem Kinn wies er auf eine Gruppe gesetzter Herren in dunklen Schauben und schwarzen Baretts, die, ins Gespräch vertieft, ein wenig abseits der Tische standen. »Doch wie ich schon sagte: Darin ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«
    Mertyn und Lisbeth folgten seinem Blick.
    »Ist das Anton Welser?«, fragte Stephan und wies auf einen älteren Herrn, dessen nussbrauner Bart ein breites Kinn verbarg.
    Hans nickte. »Ja. Da drüben

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