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Die Tochter der Seidenweberin

Die Tochter der Seidenweberin

Titel: Die Tochter der Seidenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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Qualität erhielt sie in Köln ohne Schwierigkeiten aus Venedig. Enttäuscht schüttelte Fygen den Kopf. »Das ist es nicht, was ich suche.«
    »Nun, es ist Seda de la tierra y del regno di Valencia, die Seide, die hier in der Umgebung von Valencia gewonnen wird.« De la Vega hob die Schultern.
    »Nein, die Seide von Valencia ist besser. Sie steht in ganz außergewöhnlichem Ruf.« Fygen schritt zum nächsten Stand. Der Händler führte die gleiche Qualität. Ebenso sein Nachbar und die drei folgenden. Fygens Mut begann zu sinken. »Aber es muss sie doch geben. Ich habe sie selbst gesehen – die feinste Seide, die ich je in Händen gehalten habe. Und sie stammte aus Valencia!«, sagte sie mehr zu sich selbst als an ihren Begleiter gerichtet.
    Ein Lächeln schlich sich auf de la Vegas Züge, und beinahe eilig zog er sie von dem Stand fort. Quer durch den Saal führte er sie und steuerte geradewegs auf einen bestimmten Verkaufstisch zu. Ein Mann in langem, weißem Hemd stand dahinter. Er neigte höflich den Kopf und legte zum Gruß die Hand auf das Herz. Auch vor ihm stapelte sich die Rohseide. Fygen ergriff eine Strähne, und ihr Herz machte einen kleinen Hopser. »Das ist sie! Die Seide, die ich gesucht habe!« Sie strahlte de la Vega an.
    De la Vegas Brauen hoben sich beide zugleich, und zum ersten Mal lag Respekt in seinem Blick. »Diese Seide kommt aus Almeria«, sagte er. »Sie ist in der Tat viel feiner als jene aus Valencia.«
    »Almeria?«
    »Für Euch im Norden mag sie durchaus Seide aus Valencia sein, wenn sie von hier verschifft wurde. Dies hier ist jedoch Seide aus Almeria.«
    Der Händler hatte sich höflich zurückgehalten, doch als er den Namen seiner Heimatstadt vernahm, nickte er eifrig und deutete auf seine Auslage. »Sí, sí! Almeria!«
    »Die Seide aus Almeria ist sehr kostspielig, aber sicherlich die beste, die es zu kaufen gibt. Es liegt wohl am Futter. Sie geben den Raupen dort die Blätter des Gebirgsmaulbeerbaumes«, erklärte de la Vega, und diesmal trug seine Stimme keine Spur von Arroganz in sich. »Almeria wurde erst vor zehn Jahren aus maurischer Herrschaft befreit.«
    Fygen hörte ihm nurmehr mit einem Ohr zu. Almeria! Seide wurde oft nach ihrem Verschiffungsort benannt. Das würde die Missverständnisse mit dem Faktor der Ravensburger erklären. Seine Schlamperei entschuldigte es jedoch nicht.
    In blumigen, doch leider für Fygen unverständlichen Worten begann der fremdländische Händler auf sie einzureden. Doch de la Vega winkte ab. »Potser la propera vegada, senyor. Ein andermal.«
    Leise raunte er Fygen zu: »Wenn ich Euch einen Rat geben darf, so kauft bei einem anderen Händler. Dieser hier hat nicht den besten Ruf …« Wie selbstverständlich ergriff er ihren Arm und führte sie durch eine rückwärtige Tür aus dem Saal der Säulen hinaus in einen großzügigen Patio.
    Den luftigen Innenhof umstanden blühende Orangenbäume, in deren Schatten steinerne Bänke darauf warteten, ermüdeten Kaufleuten nach ihren Geschäften Erholung zu bieten. De la Vega geleitete Fygen zu einer dieser Bänke und entschuldigte sich: »Ihr gestattet, dass ich mich um eine Erfrischung bemühe?«
    Sieh an, dieser hochmütige Mann konnte doch sehr zuvorkommend sein, dachte Fygen und ließ sich nieder. In der Mitte des Hofes kühlte plätschernd ein Brunnen die Luft. Ein leichter Windhauch strich unter den Bäumen hindurch und hüllte sie in den süßen, fremdländischen Duft, den die weißen Blüten verschwenderisch verströmten. Für einen Moment schloss Fygen die Augen und überließ sich dem betörenden Duft.
    »Wo weilt Ihr mit Euren Gedanken?«
    Fygen hatte nicht gehört, dass de la Vega zurückgekommen war. Ihr war Hermans vergeblicher Versuch, Seide am Rhein zu züchten, in den Sinn gekommen. »Ich dachte gerade an die Seidenzuchten. Zu gerne würde ich eine besichtigen.«
    »Nun, vielleicht lässt sich das einrichten …« De la Vega wandte sich dem Diener zu, der ihm in den Hof gefolgt war und auf einem Tablett zwei Becher und eine flache Schale mit länglichen Gebäckstücken balancierte.
    Während der Diener die Schale auf der Bank abstellte, nahm de la Vega einen der gekühlten Becher vom Tablett und reichte ihn Fygen. Er war gefüllt mit einem cremefarbenen, milchigen Getränk.
    Fygen schnupperte daran. Es roch nach Nüssen.
    »Horchata, Erdmandelmilch. Habt Ihr sie schon versucht? Es gibt keine bessere Erfrischung!«, schwärmte de la Vega.
    Fygen nahm einen Schluck. Es schmeckte

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