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Die Tochter der Seidenweberin

Die Tochter der Seidenweberin

Titel: Die Tochter der Seidenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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eure Waren nicht zu teuer werden«, empfahl Hans Lisbeth und Clairgin eindringlich.
    Der Wibbel machte weiter seine Runde um die Tafel. Bei Bedarf wurde er von der Schankmagd neu gefüllt, und die Stimmung wurde ausgelassener. Das Gespräch der Herren wandte sich dem Handel mit Eisenwaren zu.
    Später am Abend, als man die Tafel aufgehoben hatte und sich mit gefüllten Bechern im Saal verteilte, trat Lisbeth zu ihrem Bruder.
    »Und, wie gefällt sie dir?«, wollte Lisbeth von Herman wissen. Die meisten Männer waren ja in Liebesdingen ein wenig schwerfällig. Und statt sich in Andeutungen zu ergehen oder Situationen einzufädeln, in denen die beiden sich begegnen würden, hatte sie beschlossen, Herman geradewegs auf Clairgin anzusprechen.
    »Wer?« Ehrlich erstaunt blickte Herman seine Schwester an.
    »Clairgin«, antwortete Lisbeth und richtete ihren Blick auf die Freundin, die ein paar Schritt entfernt stand und gerade über einen von Rudolfs Scherzen schmunzelte.
    »Clairgin? Wieso?«, fragte Herman und folgte begriffsstutzig Lisbeths Blick.
    »Nun, ein erfolgreicher Kaufmann braucht eine Gattin, die ihm zur Seite steht. Du bist im rechten Alter. Es wäre an der Zeit, sich nach einer Braut umzusehen. Clairgin ist …«
    »Nein!«, unterbrach Herman sie heftig und so laut, dass die Umstehenden sich zu ihnen umwandten. »Schlag dir das aus dem Kopf und kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten!«
    Verblüfft starrte Lisbeth ihren Bruder an. Seine Miene hatte sich von einem Moment zum nächsten verdüstert, und über seiner Nasenwurzel stand eine Zornesfalte. So barsch hatte er nicht mehr mit ihr gesprochen, seit sie beide dem Kindesalter entwachsen waren.
    »Entschuldige bitte! Ich habe es nur gut ge…«, sagte sie, doch Herman wandte sich ab und ließ sie einfach stehen.
    Verärgert schüttelte Lisbeth den Kopf. »Holla, was ist denn in den gefahren?«, brummte sie halblaut und blickte ihrem Bruder empört hinterher, als dieser sich zu Mertyn und Alberto gesellte. Wieso reagierte er so heftig auf diese harmlose Frage?
    Wenn er Clairgin nicht mochte, so hätte er ihr das auch freundlicher zu verstehen geben können, dachte sie aufgebracht. Wobei sie sich nicht vorstellen konnte, welche Einwände er gegen ihre Freundin haben könnte. Doch selbst wenn er sie hätte, so war das noch längst kein Grund, sie anzufahren.
    Seit wann war es denn ein Vergehen, wenn man sich um das Wohl des eigenen Bruders sorgte, vor allem jetzt, wo Mutter auf Reisen war und seine Schwester Agnes genug mit ihrer eigenen großen Familie zu tun hatte. Und Tante Fya scherte sich ohnehin um niemanden außer um sich selbst.
    Ein erneutes Klopfen an der Tür riss Lisbeth aus ihren Gedanken an den vergangenen Abend und brachte sie zurück in ihre Schreibstube. Der Besucher schien ihre Antwort nicht gehört zu haben. »Herein!«, rief sie abermals, lauter diesmal. In diesem Moment spürte sie ein heftiges Ziehen im Unterleib. Ein allzu bekanntes Ziehen, das dem Schmerz vorausging, der ihre Monatsblutung begleitete. Jenes verhasste Ziehen, das ihr sagte, dass es auch in diesem Monat nicht geschehen war, dass ihr Schoß leer geblieben war.
    Tränen der Enttäuschung schossen Lisbeth in die Augen. So hatte auch der heilige Kunibert ihr nicht zu helfen vermocht, dachte sie bekümmert und strich traurig mit der Hand über ihren Bauch.
    Lisbeth biss sich auf die Lippe, um die Tränen zurückzudrängen, und wandte sich um. Niemand brauchte ihr schließlich den Kummer anzumerken.
    »Hier ist Apolonia Loubach für Sie, Frau Ime Hofe«, sagte die Hausmagd und knickste.
    Seit langem schon spann Apolonia Seide für Lisbeth, so wie ihre Mutter Barbara einst für Fygen gearbeitet hatte, und stets zu ihrer Zufriedenheit. Doch heute hatte sie Ernstes mit ihr zu besprechen.
    Sie tat es nicht gern, doch eingedenk der Worte, die ihr Schwager Hans über den Handel mit Seidentuchen gesagt hatte, musste sie versuchen, die Kosten für die Herstellung zu senken. Am Einkaufspreis für Rohseide konnte sie nicht viel ändern. Wohl aber an dem, was sie den Spinnerinnen und den Färbern zahlte. Und darum hatte sie Apolonia für heute bestellt.
    Im Moment stand Lisbeth der Sinn zwar nicht nach geschäftlichen Verhandlungen, doch zumindest würden diese sie von ihrem Schmerz ablenken, dachte sie und gab der Magd Zeichen, Apolonia in die Stube treten zu lassen. Doch darin hatte Lisbeth sich gründlich geirrt. Denn die junge Seidspinnerin schob einen ansehnlichen Bauch vor

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