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Die Tochter der Seidenweberin

Die Tochter der Seidenweberin

Titel: Die Tochter der Seidenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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impertinenter, betrügerischer Mistkerl!
    Unbewusst ballte sie die Fäuste, ihre Fingernägel gruben sich in die Handflächen, während sie de la Vega anstarrte.
    Sie wiederzusehen! Was für eine Frechheit! Nur mit Mühe konnte Fygen sich beherrschen, ihm nicht ins Gesicht zu schlagen. Sie atmete zweimal tief durch, um ihre Fassung wiederzuerlangen. Dann wurde ihr klar, dass er nicht wissen konnte, wer sie war, geschweige denn, was sie von ihm wollte. Seine Galanterie mochte also der Wahrheit entsprechen.
    Ein grimmiges Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, und mit aller Leichtigkeit, die sie aufzubringen vermochte, sagte sie: »Nun, Senyor de la Vega. Das trifft sich nicht schlecht. Dann müsst auch Ihr mir eine kleine List verzeihen. Bellinghoven ist der Name meines Vaters. Ich bin eine verheiratete Lützenkirchen und führe seit dem Tod meines Mannes die Faktorei der Ravensburger Handelsgesellschaft in Köln.«
    Mit einem Anflug von Genugtuung beobachtete sie, wie sich zuerst Erstaunen, dann Unglauben auf de la Vegas Züge zeichnete. Die Farbe seiner Haut hellte sich um eine Nuance auf. Dann verschloss sich sein Gesicht zu einer abweisenden Maske, kein Muskel rührte sich mehr darin. »Ich wüsste nicht, was ich mit einer Lützenkirchen zu besprechen hätte«, presste er hervor. »Entschuldigt mich, meine Kunden warten.« Brüsk wandte de la Vega sich ab und wollte Fygen stehenlassen, doch geistesgegenwärtig erwischte sie ihn am Ärmel und hielt ihn fest. »Aber ich wünsche mit Euch zu sprechen!«, zischte sie. »Wenn Ihr jetzt geht, wird Eure Bodega eine Szene erleben, die alles andere als erbaulich ist für Eure Kunden. Das verspreche ich Euch!«
    »Demá – morgen. Kommt morgen in die Faktorei«, versuchte de la Vega Fygen abzuwimmeln.
    Fygen hatte das valencianische Wort für »morgen« mehr als satt. »Nichts Demá! Jetzt! Am Markt zu Ravensburg werden die Herren Regierer Hinderofen und Humpis sicherlich befremdet sein, zu erfahren, dass einer ihrer Faktoren dem anderen aus Profitgier Schaden zufügt. Zu Lasten der Gesellschaft«, drohte sie.
    Der Kaufmann biss die Zähne zusammen und nickte. Seine Kiefer malmten schweigend, als er sie an den Verkaufstischen vorbei zu einer Tür in der rückwärtigen Wand führte.
    Eckert, der sich bislang im Hintergrund gehalten hatte, schickte sich an, ihnen zu folgen, doch mit einem kurzen Blick gab Fygen ihm zu verstehen, dass sie seine Anwesenheit bei diesem Gespräch nicht wünschte.
    Hinter dem Verkaufsraum lag ein Kontor, das zwar beengt war, aber von der gleichen Aufgeräumtheit wie die Bodega selbst.
    Nachlässig wies de la Vega auf einen Stuhl, bevor er sich hinter dem Arbeitstisch niederließ.
    »Also?«, fragte Fygen kühl.
    »Also was?«, knurrte de la Vega.
    »Warum habt Ihr mir diese lausige Rohseide geschickt?«
    »Es war Seide aus Valencia! So wie Ihr sie bestellt hattet«, verteidigte de la Vega sich knapp.
    »Ja, das habe ich inzwischen auch verstanden«, gab Fygen zu. »Beim ersten Mal. Dennoch hättet Ihr meinem Schreiben entnehmen müssen, dass ich eine bessere Qualität erwartet hatte.«
    De la Vega öffnete den Mund zu einer Entgegnung, doch Fygen ließ sich nicht unterbrechen. »Redet Euch jetzt nicht auf sprachliche Missverständnisse heraus. Wie ich inzwischen mehrfach die Gelegenheit hatte zu vernehmen, seid Ihr durchaus in der Lage, Euch in meiner Sprache sehr gewählt auszudrücken. Stattdessen habt Ihr abermals
Seide aus Valencia
geschickt. Und die dritte Lieferung war schlicht eine Frechheit!« Fygen machte ihrem Ärger Luft. »So schlampig verpackt, dass alles verschimmelt in Köln ankam.« Ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten, und die Erregung hatte ihr eine leichte Röte auf die Wangen getrieben.
    Eine wirklich beeindruckende Frau, dachte de la Vega. Sie besaß ein Feuer, das ihn an die hiesigen Frauen erinnerte. Nicht an die blutleeren Töchter der gehobenen Kaufmannschaft und des städtischen Adels, sondern eher an jene vom Schlag seiner Mutter. Wie beherzt sie war, eigens nach Valencia zu reisen, um ihn zur Rede zu stellen! Und wie hartnäckig!
    »Wir lassen unsere Ware immer sehr sorgfältig verpacken«, entgegnete er hochmütig.
    »Genau das habe ich auch vernommen«, stimmte Fygen zu. »Mein Eidam Hans Her – er führt die Rechnung im Gelieger zu Antwerpen – sagt, er hätte über Eure Lieferungen nie zu klagen. Und wenn ich sehe, mit welcher vorbildlichen Ordnung Ihr diese Bodega führt, so kann ich mir nicht denken, dass

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