Die Tochter der Suendenheilerin
geheim halten.« Er lachte. »Und du wirst vor ihm geheim halten, wo ich zu finden bin.«
Plötzlich hellte sich die Miene seiner Mutter auf. »Rudolf, das bringt mich auf einen Gedanken!«
»Ich höre.« Neugierig lehnte er sich weiter vor.
»Niemand außer Sibylla und mir weiß, dass du nicht mehr im Kerker sitzt. Schließlich heißt es, niemand könne aus Burg Regenstein fliehen. Wenn aber keiner mit dir rechnet, könntest du doch heimlich zum Manntor hinaus verschwinden. Sibylla und ich würden die Waffenknechte ablenken. Nach Birkenfeld schaffst du es doch gewiss zu Fuß, oder?«
»Nach Braunschweig, wenn es sein muss.« Er lachte.
Die Tür klappte. Rudolf sah, wie seine Mutter zusammenzuckte, doch es war Sibylla, die einen weiteren Teller voller Kuchenstücke mitbrachte.
»Sibylla, wir haben einen Plan. Würdet Ihr uns dabei helfen?«
»Worum geht es, Frau Helena?«
»Rudolf wird die Burg verlassen und nach Birkenfeld zurückkehren. Ich bin höchst gespannt, was Euer Großvater mir erzählt, wenn ihm die Wächter das Verschwinden des Gefangenen gebeichtet haben. Rudolf ist derzeit zu Hause am sichersten aufgehoben – auch wenn er in wenigen Tagen wieder der Alte ist. In diesem Zustand allerdings stellt er mir allzu viel Unfug an.«
Sibylla lachte leise. »Das habe ich schon gemerkt.«
»Und stört es dich?« Rudolf griff nach ihren Händen und lächelte sie an.
»Nur wenn du dich in Gefahr begibst.«
»Sagt, Fräulein Sibylla, ist es wahr, dass Ihr meinem Sohn Eure Hand zugesagt habt?«
Rudolf sah, wie Sibylla errötete. Dann nickte sie.
»Mit all seinen Fehlern?«
Sie nickte abermals. »Er ist mir mit all seinen Fehlern lieber als jeder andere Mann.«
»Siehst du, Mutter? Und nun – fragst du Eberhard?«
»Das klären wir später. Erst einmal sorgen wir dafür, dass du dieser Burg ohne Schaden entkommst.«
»Aber wie?«, fragte Sibylla mit banger Stimme. »Stellt Euch das nicht so einfach vor! In jedem Mauerwinkel befindet sich eine Wachstube.«
»Das mag sein. Aber mein ungehorsamer kleiner Hund ist bereits überall bekannt, nicht wahr? Ich werde im Hof lautstark nach ihm suchen, und in der Zwischenzeit begleitet Ihr meinen Sohn zum Manntor. Sollte Euch jemand begegnen, wird Rudolf sich verstecken. Dann behauptet Ihr einfach, mir bei der Suche nach Pablo behilflich zu sein.«
»Lieber verprügele ich die Kerle, als mich zu verstecken.«
»Um mir den ganzen Spaß zu verderben? Schließlich weiß keiner, wo du steckst. Nein, Rudolf, Gewalt kommt nicht infrage. Du tust, was ich dir aufgetragen habe.«
»Aber nur dir zuliebe, Mutter.«
»Wird er sich wirklich an Eure Anweisung halten?«, raunte Sibylla Lena zu.
»Das hättest du mich auch selbst fragen können. Natürlich halte ich mich daran.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.«
»Heiliges Ehrenwort!« Er hob die Schwurhand. »Ich tue alles, was du von mir verlangst.«
Sibylla tauschte einen hilflosen Blick mit seiner Mutter. Lena klopfte ihr auf die Schulter. »Keine Sorge, nächste Woche ist er wieder vernünftig.«
»Was soll das nun wieder heißen, Mutter? Mein Verstand ist in der Lage, jede Aufgabe zu lösen. Du erteilst mir einen Auftrag, und ich führe ihn sogleich aus. Wie wäre es mit einem Plan, die gesamte Burg zu übernehmen? Was hältst du davon?«
»Mir genügt es, wenn du den Mund erst wieder öffnest, wenn Burg Regenstein eine Meile hinter dir liegt.«
»Wenn du darauf bestehst. Soll ich dir auch dafür mein Ehrenwort geben?«
Lena seufzte.
42. Kapitel
N achdem Antonia ein heißes Bad genommen und saubere Kleidung angelegt hatte, stieg sie in den Burghof hinab, um nach einer möglichst unverfänglichen Gelegenheit zu suchen, Stephan nahe zu sein.
Inzwischen war ein heftiger Wind aufgekommen, und über dem Himmel zogen dunkle Wolken auf.
»Da zieht bestimmt ein Unwetter auf!«, hörte sie die alte Trudis rufen. »Rasch, Mädchen, nehmt die Wäsche ab!«
Zwei Mägde eilten, der Aufforderung der Alten nachzukommen.
Dann entdeckte sie Stephan. Er stand an der Schmiede und sprach mit Meister Mattes. Sie näherte sich einige Schritte, bis er sie sehen konnte. Ihr Herz pochte vor Freude, als er ihr kaum merklich zunickte, das Gespräch beendete und auf sie zukam.
»Du hast mich gesucht?«
Sie nickte.
Stephan sah sich kurz um. Meister Mattes hatte sich wieder seinem Hammer zugewandt, aber einige der Mägde und Burschen beobachteten sie neugierig.
»Komm!«, raunte er ihr zu. »Ich weiß, wo wir allein
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