Die Tochter der Suendenheilerin
ab, als sie geben können. Euer Name wird hinter der Hand verflucht, und Ihr begreift nicht, was ein guter Herr zu tun hat.«
»Ach, so ist das.« Ulf lächelte böse. »Dann seid Ihr offenbar nicht in der Lage, selbst wie ein Graf aufzutreten und hart durchzugreifen, wenn die Bauern Euch auf der Nase herumtanzen.«
Rudolf schüttelte abermals den Kopf. »Das wäre ich durchaus, aber ich gebe anderen Herausforderungen den Vorrang. Wenn Ihr es genau wissen wollt, Herr Ulf: Mein künftiges Erbe ist Gut Eversbrück mit den dazugehörigen Ländereien.«
»Ihr zieht eine unbedeutende Niederburg dem Grafentitel vor?«, feixte Ulf. »Ich fasse es nicht!«
»Gut Eversbrück gebietet über ertragreiche Felder, und der Wald um das Anwesen ist wildreich wie keiner weit und breit. Ihr wisst vielleicht, dass ich ein leidenschaftlicher Jäger bin.«
Eberhard sah das spöttische Blitzen in Rudolfs Augen. Dieser Mann ließ sich anscheinend durch nichts aus der Ruhe bringen.
»Und während mein Bruder Alexander sich um das Grafengericht, um Steuern und zahllose andere Aufgaben kümmern muss, verbringe ich meine Zeit lieber auf der Jagd.«
»Aber Ihr wärt nur sein Vasall!«
Rudolf hob die Schultern. »Sind wir nicht alle die Vasallen von irgendjemandem?«
»Die einen mehr, die anderen weniger«, warf Meinolf ein. »Wenn Ihr damit zufrieden seid, das väterliche Erbe gegen die kleine Niederburg einzutauschen, die Eure Ziehmutter in die Ehe mit dem Ägypter brachte, soll es uns recht sein. Mir scheint, wir haben Euch falsch eingeschätzt.«
»Das glaube ich auch«, bestätigte Rudolf. »Aber sagt, da wir gerade von Erbanteilen sprechen – worauf habt Ihr als nachgeborener Sohn des Grafen von Regenstein zu hoffen? Ihr nennt Euch Meinolf von Brack, aber mir ist kein Gut bekannt, das diesen Namen trägt. Dafür führt Ihr einen Hundekopf im Wappen. Steht Brack für die Jagdhunderasse der Bracken? Seid Ihr gar der Lieblingshund Eures Vaters, den man im Zwinger der Burg hält?«
Eberhard lachte und wurde dafür mit einem bitterbösen Blick von Meinolf gestraft.
»Ihr führt ein sehr gewagtes Wort, Herr Rudolf«, stieß Meinolf zwischen den Zähnen hervor. »Ihr solltet nicht vergessen, in welcher Lage Ihr Euch befindet.«
»Keine Sorge, das vergesse ich nicht. Da ich hier nicht zu Gast bin, sondern gegen meinen Willen festgehalten werde, bin ich Euch keine Höflichkeit schuldig.«
»Bislang waren wir hinsichtlich Eurer Unterbringung überaus großzügig. Die Burg verfügt auch über einen finsteren Kerker.«
»Das haben Burgen so an sich.«
»Wie gefiele es Euch, wenn wir Eure Schwester dort einsperren würden?«
»Damit verlört Ihr den letzten Funken Ehre und Anstand«, entgegnete Rudolf mit ernster Stimme. »Ein wahrer Edelmann kennt die Sitten, an die er sich zu halten hat. Und es gibt bestimmte Regeln im Umgang mit Geiseln.«
»Wollt Ihr uns zwingen, sie einzuhalten?«
Eberhard sah das teuflische Lächeln in Meinolfs Augen. Sein Blick wanderte weiter zu Rudolf. Dessen Züge waren hart geworden, hart und unnachgiebig. Auf diese Weise gelänge es niemals, ihn gegen seine Familie auszuspielen.
»Hör auf mit dem Unsinn, Meinolf!«, fuhr er also dazwischen. »Herr Rudolf hat recht, es gibt Regeln, an die sich ein wahrer Edelmann hält. Das solltest du ebenso gut wissen wie ich, wenn du wirklich der Sohn meines Vaters bist.«
Rudolf horchte auf. »Bestehen daran etwa Zweifel?« Er musterte Meinolf erneut scharf. Der knirschte mit den Zähnen.
»Genug!«, brüllte Ulf. »Ich lasse nicht zu, dass an meiner Tafel solche Reden geschwungen werden!«
Eine Weile herrschte Schweigen, bis Rudolf erneut das Wort ergriff. »Morgen ist Pfingstsonntag. Dürfen meine Schwester und ich an der heiligen Messe teilnehmen, oder zwingt Ihr uns, das Fest ohne den Segen der Kirche zu begehen?«
»Ich wusste gar nicht, dass Ihr auf Burg Birkenfeld so fromm seid«, zischte Ulf. »Euer Ziehvater ist doch selbst ein halber Heide.«
»Ihr wisst ganz genau, dass seine ägyptische Mutter Christin ist.«
»Woher soll ich das wissen? Ich bin ihr nie begegnet. Und Euer Vater ist dafür bekannt, mit Vorliebe Märchen zu erzählen.«
Rudolf holte tief Luft. Eberhard erwartete einen erneuten Schlagabtausch und lehnte sich gespannt zurück. Doch Rudolf stieß die Luft wortlos wieder aus.
»Dürfen meine Schwester und ich nun an der heiligen Messe teilnehmen oder nicht?«, wiederholte er stattdessen seine Frage.
»Wenn Ihr mir Euer Wort als Ritter
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